Ruhig geworden ist es um die zu Jahresbeginn gestartete „Zukunftswerkstatt“, die sich um die Neugestaltung des verwaisten Jahrmarktgeländes und das detaillierte Weiterspinnen der Idee einer Donauinsel kümmern sollte – so lautete zumindest der von der Politik vorgegebene Schulterschluss. Die Koordinatorin der Zukunftswerkstatt, Univ.Prof. Sabine Pollak von der Kunstuni Linz, sorgt jetzt für Verwirrung: „Das Thema der Zukunftswerkstatt ist nicht die Donauinsel“, lässt sie auf Anfrage wissen. Äh, wie bitte?
„Die Idee einer Donauinsel stellt eine von mehreren Optionen dar. Diese werden derzeit von uns geprüft und dann gilt es, mit einem neuen, frischen Blick ein Konzept zu erstellen“, sagt Pollak – und schickt damit sämtliche Planungen zurück an den Start. Pollak bleibt betont unscharf, statt auf das bestehende und vereinbarte Vorhaben – einer Umgestaltung des Jahrmarktgeländes mit Fokus auf das Projekt Donauinsel – einzugehen: „Es gilt, den Blick etwas weiter zu fassen, sowohl inhaltlich als auch räumlich. Wir ziehen daher den gesamten Bereich zwischen Donaustrand und neuer Brücke bei allen Überlegungen heran, denn gerade die neue Brücke bringt auch neue Optionen mit sich.“
Was in den ersten drei Monaten in der Zukunftswerkstatt bisher geschehen ist? Pollak: „Wir haben mit einer Bestandsaufnahme gestartet sowie mit einer Recherche über bereits erfolgte Projekte rund um den Urfahraner Markt. Es gibt seit den 1970er Jahren zahlreiche Projekte von künstlerischen Interventionen bis zu konkreten Planungen. Dies ist für uns sehr interessant, weil es zeigt, wie über die Jahre der Ort unterschiedlich wahrgenommen wurde, und wie andererseits manche Wahrnehmungen gleich blieben“, geht es sehr schwammig weiter. Und: „Wir führen ExpertInnengespräche, um Wissen aus verschiedenen Disziplinen zu sammeln und zugleich auch zu erfahren, wie verschiedene Personen den Ort an der Donau in Linz wahrnehmen. Es gibt Daten, die gesammelt werden und zugleich Geschichten, also ein Urfahraner-Markt-Narrativ oder ein Donau-Narrativ.“ Schön gesagt, aber viel Greifbares ist da nicht dabei.
„Allgemeines Nutzungskonzept“ als Auftrag
Und obwohl Pollak davon spricht, dass „die AutorInnen der Donauinsel wie andere ExpertInnen auch zu einem Gespräch geladen werden“, gab es anscheinend bis dato noch keinen derartigen Austausch. Im Gegenteil: Dem bisherigen Zuspruch, den das Projekt Donauinsel von allen Seiten hatte, nimmt Pollak den Wind aus den Segeln: „Es gilt, das Bild, das sich eingeschrieben hat von der ‚Insel‘, auch ein wenig zu relativieren. Wir sind mit einem allgemeinen Nutzungskonzept beauftragt und wollen offen bleiben für unterschiedliche Optionen.“ Heißt wohl im Klartext: Alles auf Null, nix ist fix. Damit steht die geplante Umgestaltung des Jahrmarktgeländes wohl wieder dort, wo es vor zwei Jahren war: bei Null Komma Riesenradl.
Ergebnisse im Juni 2019
Geplant sei, die Zukunftswerkstatt bis Juni abzuschließen, so Pollak. Bis dahin lenkt sie den Fokus auf ihr eigenes Projekt „SUPERSTADT“, das am 09. Mai in der Kunstuni am Hauptplatz ein Symposium abhält (www.superstadt.at). Es sei „eine gute Möglichkeit, das Thema Fluss und Wasser in der Stadt zu diskutieren.“ Im offiziellen Programm der Veranstaltung ist jedoch von einem ganz anderen Schwerpunkt zu lesen: „Was hat sich seit 2009 verändert? Und was können wir von der Zukunft erwarten? In Linz, Athen oder Brüssel?“, so das Thema – was das mit der Donauinsel und dem Jahrmarktgelände zu tun hat, wäre wohl Grund genug für ein weiteres Symposium.
Eine 50.000 Euro teure Themenverfehlung?
Es ist zu befürchten, dass die von der Stadt Linz zur Verfügung gestellten 50.000 Euro in eine Themenverfehlung investiert wurden, denn eigentlich war von allen politischen Parteien und Stakeholdern vereinbart, die Zielsetzung Jahrmarktgelände NEU und das Projekt Donauinsel anzupacken. Jetzt wird die Idee der Zukunftswerkstatt offenbar viel weiter gefasst – was das Projekt noch unrealistischer macht; zusätzlich soll es offensichtlich zu einem Uni-Projekt im Rahmen von Pollaks „SUPERSTADT“-Symposiums gemacht werden. Dabei war Pollak eigentlich als Koordinatorin der Zukunftswerkstatt gedacht, aber sicher nicht als Auftragnehmerin.
Endlich Nägel mit Köpfen machen
Die Arbeit der als offene Institution gedachten Zukunftswerkstatt passierte zudem bislang komplett hinter verschlossenen Türen. Die Chance eines neuen, kommunikativen, zielgerichteten Prozesses ist erstmal dahin. Am Ende wird wohl ein weiteres nach allen Seiten hin konturloses, möglicherweise „künstlerisch wertvolles“ Konzept präsentiert, das nichts Zählbares, Griffiges hervorbringt. Naja. Wieder ein halbes Jahr ungenutzt dahin, ganz abgesehen von den 50.000 Euro „Uni-Spielgeld“.
PS: Wie lange will man einen der eigentlich schönsten Flecken von Linz – das Donauufer in Urfahr – den Menschen noch vorenthalten? Es wäre höchst an der Zeit, die Reißleine zu ziehen und endlich Nägel mit Köpfen zu machen.