Der Entwurf des 75-Meter-Hochhauses „Weinturm“ beim Mühlkreisbahnhof Urfahr gilt unter Fachleuten gestalterisch als großer Wurf – die Anrainer fürchten aber eine Beeinträchtigung ihrer Lebenssituation. Weiterer Kritikpunkt: Das Hochhaus sei ein „reines Spekulationsobjekt“, dahinter stünden hauptsächlich Interessen von Unternehmen und Geschäftsleuten, so der Vorwurf.
Optisch ist das Weinturm-Projekt im Zentrum Urfahrs ein echter Hingucker, es besteht aus einem 75-Meter-Hochhaus und einem etwas zurückgesetzten, 24 Meter hohen Zusatzbau. Der Linzer Gestaltungsbeirat lobte das Projekt im Sommer 2016 über den grünen Klee: „Das ist der bisher beste Plan für ein Hochhaus in Linz“, so die Fachleute damals.
Anrainer: „Willkür stoppen“
Die beiden Weintürme sollen direkt an das Haus Kaarstraße 9 gebaut werden. Das Grundstück ist mit einer Größe von 837 Quadratmetern relativ klein. Die Stadt Linz stellt 192 Quadratmeter zur Verfügung, zusätzlich werden noch 255 Quadratmeter Grund der Stadt überbaut. Ohne Hilfe von und Grundverkauf durch die Stadt wäre das Projekt also nicht realisierbar. Die zuständigen Linzer Politiker stehen dem Projekt positiv gegenüber, der Gestaltungsbeirat hat den Bau aber noch nicht durchgewunken. „Dieses Projekt ist undemokratisch. Die Linzer Politik würde mit der Genehmigung dieses Monstrums allen Investoren und Spekulanten einen Freibrief geben, auf noch so kleinen Grundstücken und ohne Rücksicht auf die Nachbarschaft Hochhäuser zu entwickeln. Diese Willkür ist jetzt entschlossen zu stoppen“ , sagt Monika Forstner-Kral, die die Anrainer vertritt und selber hier wohnt.
Initiative Arch Pro: „Ein neuer Tiefpunkt für Linz“
Auch in der Architektenszene regt sich Widerstand: „Mit dem Projekt Weinturm brechen offenbar alle Dämme in Linz. Das werden wir von der Initiative Arch Pro Linz auch mit allen juristischen Mitteln bekämpfen“, sagt Architekt Wolfgang Pauzenberger. „Städtebau lebt von Nachbarschaft, es ist inakzeptabel, dass sich jemand, weil er Geld und Macht hat, einfach das 3-fache an Höhe und das 4-5 fache an Baumasse herausnimmt.“ Hinter dem Projekt stünden die Interessen und profitorientierte Absichten wohlhabender Geschäftsleute wie Jürgen Penzenleitner, Boss des gleichnamigen Unternehmens „Weinturm“ – oder der HABAU.
Die Architektenszene sei laut Pauzenberger „tief betroffen von diesen neoliberalen Entwicklungen der letzten Jahre. Gerade mit diesem konkreten Weinturm-Projekt und mit dem geplanten 100 Meter-Hochhaus am Schillerpark ist ein neuer Tiefpunkt in Linz erreicht. Das Ganze zeichnet ein erschütterndes Sittenbild und macht klar wie offenbar alle Dämme brechen, seitdem Klaus Luger Bürgermeister ist.“
Politik steht hinter Projekt
Der zuständige Stadtrat Markus Hein steht zum geplanten Weinturm: „Ich finde, dass es ein spannendes Projekt ist. Zurzeit prüft die Stadtplanung inhaltlich die zehn Punkte aus dem Hochhausprogramm. Sollten alle Punkte erfüllt sein, fängt die politische Diskussion an. Bei dem Projekt muss man aber größer denken und die Ist-Situation betrachten.“
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