Die heutige Bürgermeisterwahl ist möglicherweise eine historische: Erstmals seit 80 Jahren besteht die realistische Chance, dass Linz einen Bürgermeister bekommt, der nicht der SPÖ angehört. Vor einigen Jahren war das noch anders: 2003 holte SPÖ-Kandidat Franz Dobusch bereits im ersten Wahlgang 66 Prozent der Wählerstimmen, heute wäre Nach-Nachfolger Prammer wohl schon mit der Hälfte hochzufrieden. Sieben Kandidaten treten an, die besten Chancen, die rote Dauerherrschaft in Linz zu beenden, hat wohl Michael Raml von der FPÖ, auch weil ihm der Bundestrend in die Karten spielt.
Aber auch Martin Hajart von der ÖVP werden Chancen zugesprochen. Allerdings fehlt ihm der Rückenwind aus Wien – aber nicht nur das: Während bei der FPÖ Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner unentwegt mitgetrommelt hat und mit mehreren Videos in den sozialen Medien breit zur Wahl seines Parteikollegen Raml aufrief (Haimbuchner absolvierte sogar dutzende Hausbesuche und putzte gemeinsam mit Raml Türklinken, selbst der Welser Bürgermeister Andreas Rabl tourte mit Raml durch die Linzer Stadtteile), gab es von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) lediglich überschaubare Supports wie einen kurzen Auftritt beim Wahlkampfauftakt von Martin Hajart.
Entscheidend wird auch die Wahlbeteiligung sein: Je weniger Linzer wählen gehen, desto mehr nützt das der regierenden Bürgermeisterpartei SPÖ. 2021 lag diese im ersten Wahlgang bei überschaubaren 57,5 Prozent, bei der Stichwahl waren es dann gar nur mehr 30,3 Prozent aller Linzer, die heiß auf die Bürgermeisterwahl waren. Gut möglich, dass diese niedrigen Hürden nochmals unterquert werden. Unter dem Strich wählten in der Stichwahl 2021 gerade mal 21,4 Prozent aller wahlberechtigten Linzer (oder 32.703 Wähler) Klaus Luger zum Bürgermeister, knapp 120.000 Wahlberechtigte (oder 78,6 Prozent) wählten anders oder gar nicht.
2021 holte Klaus Luger im ersten Wahlgang 43,7 Prozent, Franz Dobusch schaffte bei seinem letzten Antreten 2009 bereits im ersten Wahlgang mit 58,1 Prozent die absolute Mehrheit. 2003 wählten gar 66,0 Prozent Dobusch. Diesmal wird das Ergebnis für Prammer wohl um einiges dürrer ausfallen.
Bis vor gut 100 Jahren war die Linzer Bürgermeisterwahl übrigens noch keine große Sache, denn einige Stadtteile waren damals noch nicht eingemeindet. St. Magdalena etwa wählte noch 1938 letztmals einen eigenen Bürgermeister, Kleinmünchen 1923, Ebelsberg 1919, St. Peter 1915 und Urfahr 1906.
Heute sind 152.000 Wahlberechtigte in Linz aufgerufen, einen neuen Bürgermeister zu wählen. Die 215 Wahllokale öffnen um sieben Uhr, das letzte schließt um 16 Uhr. Der neue oberste Stadtpropeller regiert übrigens nur 2,5 Jahre, denn bereits im September 2027 wird wieder zur Urne geschritten.