Am 27. September wählen Linz und Oberösterreich. Die anfängliche Zurückhaltung ist einer Werbeoffensive gewichen, der sich keiner entziehen kann. Speziell das Plakat in allen möglichen Formaten gilt nach wie vor als die „Mutter aller Werbemittel“. Wir plauderten mit Rainer Reichl, dem Boss von Reichl & Partner, der siebentgrößten Werbeagentur Österreichs, über die Plakatkampagnen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen.
Sie wurden hundertmal totgesagt und sind dennoch das auffälligste Erkennungsmerkmal für Wahlzeiten: Werbeplakate. Oft als Sichtbehinderung im Straßenverkehr oder „optische Umweltverschmutzung“ denunziert, sind Großflächenplakate nach wie vor eines der wichtigsten Mittel zum Transport von Botschaften. Branchenleader USP etwa bietet knapp 3.000 Plakatstellen in Oberösterreich an, die teuersten Stellen schlagen sich mit über 2.000 Euro für 14 Tage zu Buche, Produktionskosten noch gar nicht mit eingerechnet.
Rainer Reichl – die Linzer Straßen sind bereits voll mit Wahlplakaten. Manche Mitbürger sind davon genervt. Wie effizient ist diese Art der Werbung?
Ich denke nicht, dass die Menschen wegen der Plakate genervt sind. Es sind eher die globalen, nationalen und auch regionalen Herausforderungen und die Untätigkeit von einzelnen Politikern, die nerven. Wir erkennen zunehmend, wie wichtig eine funktionierende Demokratie ist und dass wir vertrauenswürdige, kompetente, tatkräftige und visionäre Politiker brauchen.
Wie stark wirkt sich Werbung in den letzten Monaten vor der Wahl noch aus?
Es zeigte sich, dass ein Drittel der Wähler erst unmittelbar vor Wahlen entscheidet, ob und wer gewählt wird. Der Aufbau von Vertrauen ist daher die wichtigste Strategie. Dabei verlieren Parteien an Bedeutung, die Einzelperson wird wichtiger.
Was in Linz auffällt: Die großen Parteien stellen ihre Spitzenkandidaten in den Mittelpunkt ihrer Sujets.
Die Qualität der Plakate ist unterschiedlich, alle Politiker wollen natürlich das Vertrauen der Wähler gewinnen. Bürgermeister Klaus Luger macht das sehr souverän, er verspricht auch nichts. Ihm glaube ich, dass er die Stadt führen kann. Die anderen Kandidaten wirken dagegen etwas blass.
Lustig-originelle Ideen sucht man im Wahlkampf bisher vergebens. Sollte man nicht auch mal lachen können – im Idealfall sogar über sich selbst?
Sie haben Recht. Das fehlt. Ich könnte mir schon auch eine von Gerhard Haderer illustrierte Kampagne vorstellen. Aber mit Humor gewinnt man leider keinen Wahlkampf.
Was würden Sie als Werbeprofi für das Wahlkampffinale empfehlen?
Ich denke, dass Österreich und auch Europa bald Kampagnen für die Aufrechterhaltung der Demokratie fahren muss. Mit Ausländerfeindlichkeit, politischem Stillstand und halbherzigen Ideologien können die Leute nichts anfangen. Die Wähler suchen nach Politikern mit Visionskraft und der Power, diese Ideen auch umzusetzen. Die Werbekampagne vor dem Wahlkampf könnte man sich sparen, wenn die Parteien ihren Wählern ganzjährig wieder Sinn und Inhalt vermitteln.
Welche Slogans gefallen Ihnen besonders: SPÖ/Luger: „Mein Herz schlägt Linz“, ÖVP/Baier: „Besser wirtschaften. Denn Steuergeld ist euer Geld“, FPÖ/Wimmer: „Asylchaos stoppen“, Grüne/Schobesberger: „Liebe ist stärker als Angst“
Bernhard Baier von der ÖVP verspricht etwas, was er nicht halten kann. Detlef Wimmer nützt mit der FPÖ die Asylfeindlichkeit vieler Österreicher und profitiert von der traurigen Situation der Notleidenden. Er punktet damit im rechten Eck, verärgert aber auch viele in der Mitte. Den Slogan der Grünen finde ich insoferne gut, weil er eine mutige Aussage zur Lösung eines riesigen, aktuellen Problems ist. Bürgermeister Klaus Luger glaube ich, wenn er sagt, dass sein Herz für Linz schlägt. Daher bekommt er auch für diese Aussage Bestnoten. Er schafft es so, Vertrauen aufzubauen.