Vor 42 Jahren eröffnete der damals erst 18-jährige Franz Wagner in Prambachkirchen mit dem FLY die angesagteste Disco außerhalb Wiens… auch das gesamte Linzer Partyvolk jettete damals jedes Wochenende in das knapp 40km entfernte Dörfchen – die kurvenreiche Straße forderte dabei so manchen Blechschaden. Einige Jahre später eröffnete Wagner auch den Kultklub VANILLI in der Linzer Altstadt. Der Linzer-Gastro-Pionier erzählt im LINZA-Talk über die bewegte Zeit:
Franz Wagner, mit der Eröffnung des Ur-Vanilli anno 1982 kürten Sie sich zum Gründervater des Linzer Altstadt-Nachtlebens.
1982 gab es in der Altstadt keine Lokale, der Straßenstrich hat sich durch die Hofgasse hinaufgezogen. Ich habe 1974 mit 17 als jüngster Unternehmer Österreichs das Fly in Prambachkirchen eröffnet. Das war schwierig, weil keiner den Ort kannte. In Linz war 1982 eigentlich die Gegend ums Casino die Ausgehmeile. Ich dachte mir, wenn ich es schaffe, dass die Leute nach Prambachkirchen kommen, wird es mir wohl auch gelingen, dass ich die Leute in Linz von einem Viertel ins andere bewegen kann – so kam ich auf die Altstadt.
Und wie kamen Sie damals auf den Lokalnamen „Vanilli“?
In Berlin gab es ein In-Lokal mit dem Namen „Milli Vanilli“. Den Namen habe ich übernommen, ein paar deutsche Playback-Sänger einige Jahre später übrigens auch…
Erinnern Sie sich noch an den Tag der Eröffnung?
Natürlich – das war am 12. November 1982. Und vom ersten Tag an lief das Lokal. Sowas gibt‘s heute nicht mehr – jeden Tag um 19 Uhr brechend voll – und das über Jahre.
War es eher ein junges oder altes Publikum?
Eher älter. Die Leute sind direkt aus den Büros, den Banken usw. zu uns gekommen – eine durchwegs sehr gutes Klientel.
Gab es für Ihr Lokal irgendein Vorbild in einer anderen City?
Die Idee ist meinem Kopf entsprungen. Vom Fly wusste ich: Wenn Reibungen – sprich Körperkontakte – passieren, trinken die Leute mehr. Darum hat mir die Schlauchform des Lokals sehr gut gefallen. Zuvor war dort ein Möbelgeschäft. Als Vorbild könnte man am ehesten „Kais Bistro“ in München nennen, das ebenfalls in Richtung Vanilli ging.
Gab es außer dem Vanilli in der Altstadt damals überhaupt andere Bars oder Lokale?
Ziemlich zeitgleich eröffnete das Podium am Hofberg, etwas später die Sansibar direkt gegenüber von uns. Dann begann sich etwas zu bewegen. Dank der Sansibar haben wir um 30 Prozent mehr Umsatz gemacht. Denn je mehr Lokale kamen, desto weiter stieg der Umsatz.
Gab es unter den Wirten früher mehr Zusammenhalt als heute?
Nein, da hat sich nichts geändert. Jeder macht sein Ding. Ich denke, der Neid ist heute kein anderer als früher. Heute gibt‘s aber leider viel zu wenige typische Wirte.
Ende der 90er ging es mit der Altstadt rasant bergab, keine Woche verging ohne negative Schlagzeilen.
Das ist relativ leicht zu erklären: Es war ein Politikum. Man hat den Gastronomen in der Altstadt das Leben immer schwerer gemacht. Und man hat nicht die Zusammenarbeit mit der Gastronomie gesucht, sondern gegen sie gearbeitet.
Können Sie da ein Beispiel nennen?
Als am Wochenende immer Tausende Leute die Altstadt bevölkerten und es speziell in der Hofgasse kaum ein Durchkommen gab, wurden auf einmal Blaulichteinsätze von Feuerwehr und Polizei gefahren, um zu zeigen, dass es so nicht geht. Solche Dinge haben die „guten“ Leute aus der Altstadt vertrieben.
Weil heute immer von der Kriminalität in der Altstadt gesprochen wird: War es früher wirklich so viel friedlicher als heute?
Es hat sich nicht viel geändert. Und dass das Publikum immer jünger wird, stimmt einfach nicht, denn dann müssten die Leute heute nur mehr zwei Jahre alt sein.
Wie beurteilen Sie die Gastronomie-Szene der Altstadt heute?
Ich habe kaum noch Kontakt in die Altstadt und bin nie dort. Ich glaube auch nicht, dass es irgendwas Weltbewegendes gibt, dass mich dorthin ziehen könnte.
Ist das Ausgeh-Publikum von heute ein anderes als vor 20 Jahren?
Heute kommen die Leute nur mehr, wenn du Events anbietest. Je mehr Möglichkeiten – etwa eine spezielle Aktion am Freitag – dem Gast geboten werden, umso weniger kommt er unter der Woche, weil da ja vermeintlich nix los ist. Statt das Alltagsgeschäft zu pflegen, hat man es mit den Füßen getreten.
Gibt‘s eigentlich Ambitionen, in Linz nochmals ein In-Lokal wie damals das Vanilli zu eröffnen?
Nein, sicher nicht. Ich will mich immer weiterentwickeln und mache keine Wiederholungen in meinem Leben. Der Bereich klassische Gastronomie ist für mich absolut auszuschließen.
Welche Lokale besuchen Sie selber regelmäßig bzw. welche sind Ihrer Meinung nach Vorzeigebetriebe?
Sehr angetan bin ich vom Cubus im AEC. Auch das Pianino, die Remembar und das Josef sind top-geführt. Mein absoluter Favorit ist aber – auch durch meine Verwandtschaft bedingt – das Schlosscafe von Eva Wagner. Das ist alte Gastronomie-Schule allererster Sahne.