Die voestalpine als Sponsoring Partner ausgerechnet des LASK – das ist gerade für viele Blau-Weiß Linz Fans kaum zu ertragen. Das nach Jahrzehnten ruhende, nun neu aufflammende Engagement des stadtprägenden Unternehmens im Linzer Fußball hat aber auch Gutes: Endlich begibt sich das Werk auch in die vermeintlich „niederen“ Sphären des Sponsorings, bisher gab man sich fast nur in der (internationalen) Hochkultur gönnerhaft und investierte dort Werbegeld. Dabei hätte der milliardenschwere Konzern mehr als genug zurückzugeben an eine Stadt und deren Bewohner, die für das Wachstum der voestalpine vieles geben mussten.
Sechs Kilometer wertvollstes Auengebiet mussten 1938 für den Bau der Hermann-Göring-Werke geopfert werden, dazu giftige Emissionen, Verkehrsschneisen wurden geschlagen, Linz wurde jahrzehntelang zur Arbeiter- und Industriestadt abgestempelt mit wenig Sinn für Kultur, Lebensstil und das Schöne. Linz war dank „der VOEST“ bis in in die 1990er-Jahre ein richtiges Dreckloch (ich erinnere mich noch gut an die tägliche, millimeterdicke Staubschicht auf dem Balkon unserer Wohnung am Bulgariplatz). Rest-Österreich schaute auf Linz und seine nicht vorhandene Lebensqualität eher mitleidig herab.
Unzählige junge Menschen heuerten im Werk an, machten statt einer möglichen umfassenden schulischen Ausbildung oder einem Uni-Abschluss eine Karriere als Schichtarbeiter oder Dreher – alles ehrenwerte Jobs, die aber auch auf die Gesundheit schlugen. Nicht viele „Koksstierler“ genossen eine lange Zeit im Ruhestand. Da gäbe es jede Menge gutzumachen vom Werk, dieser Zugang fehlt aber komplett.
Die damalige VOEST entschloss sich bereits in den späten 1980er-Jahren, mit dem Fußball-Sponsoring Schluss zu machen. Immer weiter zog man sich vom 1946 selbst aus der Taufe gehobenen SK VOEST – dessen erste Vereinsfarben ausgerechnet mit Schwarz und Weiß festgelegt wurden – zurück. Aus dem SK VOEST wurde Salesianer VOEST, der FC Stahl Linz und schließlich der FC Linz, ehe 1997 ganz der Stecker gezogen wurde.
Aus der damaligen VOEST war jahrelang zu hören, „nicht in tausend Jahren“ würde man sich jemals wieder irgendwo auf der Welt im Fußball engagieren. Nun, aus den „tausend Jahren“ wurden schlussendlich 26.
Der Schreiber dieser Zeilen war 1997 eines der drei Gründungsmitglieder des (selbsternannten) Nachfolgeklubs FC Blau-Weiß Linz, der in der OÖ Liga (vierthöchste Spielklasse) neu durchstarten wollte. Naheliegend war in den ersten Jahren, zu versuchen, vom Stahlwerk als ehemaliger „Papa“ eine Unterstützung zu bekommen – freilich in einem überschaubaren Ausmaß. Von den Stahlkochern war jahrelang zu hören, „nicht in tausend Jahren“ würde man sich jemals wieder irgendwo auf der Welt im Fußball engagieren. Nun, aus den „tausend Jahren“ wurden schlussendlich 26.
Böse sein kann man keinem: Die heutigen Konzerverantwortlichen wissen weder über die damalige Zeit Bescheid noch haben sie irgendeine emotionale Beziehung zum blau-weißen Fußball. Das sind Manager der neuen Zeit, die soziale Verantwortung und das entsprechende Fingerspitzengefühl sitzen bestenfalls auf der Ersatzbank.
In den folgenden Jahrzehnten engagierte sich das mittlerweile zum Überbegriff „voestalpine“ mutierte Unternehmen mit Jahresgewinnen in Milliardenhöhe nur sehr spärlich und mit wenig finanziellem Engagement gerade in Linz: Das gesamte Sponsoringbudget lag in dieser Zeit im niedrigen zweistelligen Millionenbereich mit einem Einser an erster Stelle. Klassik am Dom, Ars Electronica-Klangwolke, Brucknerfest, OÖ Kulturquartier, ein bisschen Linz Marathon und Damentennis, das war’s dann schon wieder: In Summe ein eher bescheiden-überschaubarer Einsatz mit wenig soziologischem Hintergrund, ohne Herz für Vereine, Institutionen, „arbeiteraffine“ Kooperationen und diesbezüglichen Engagements. Das war dem nach internationalem Ansehen gierenden Konzern irgendwie immer zu provinziell. Dabei gäbe es mehr als genug zurückzugeben von einem Unternehmen (Umsatz 2022: 10,94 Milliarden Euro), das Linz im übelsten Sinn des Wortes „benutzte“ und jahrzehntelang Raubbau an Bewohnern und Mitarbeitern betrieb.
Es gäbe mehr als genug zurückzugeben von einem Unternehmen (Umsatz 2022: 10,94 Milliarden Euro), das Linz im übelsten Sinn des Wortes „benutzte“ und jahrzehntelang Raubbau an Bewohnern und Mitarbeitern betrieb.
Und jetzt der LASK! Wobei man wissen muss: In Dach und Fassade der neuen LASK Arena wurden tonnenweise voestalpine-Produkte verbaut. Wer LASK-Präsident Siegmund Gruber kennt, weiß: Rund um den Bau der neuen Arena kam anscheinend kaum ein Anbieter zum Zug, der nicht gleichzeitig quasi als ‚Kompensationsgeschäft‘ als Sponsor oder Businessclub-Partner mit einer entsprechenden Gegenleistung auftrat. Auch das ist mehr als legitim und zeugt von der Geschäftstüchtigkeit Grubers.
Das i-Tüpfelchen: Raiffeisen Landesbank und Oberbank – beide bekanntlich mit „LASK-affinen“ Führungskräften – sind mit insgesamt 20,9 Prozent Aktienbesitz die größten Aktionäre der voestalpine. Wenig verwunderlich, dass diese Seilschaften auch bei Projekten wie dem neuen Stadion gepflegt werden.
Warum sponsert die voestalpine eigentlich nicht die Umsetzung des Jahrmarktgelände-Renaturierungsprojekts Donauinsel? Es wäre höchst an der Zeit und auch ein längst fälliges Zeichen von Demut und Dankbarkeit gegenüber einer Stadt, die viel geben musste für das Wachstum und die Gewinne des Stahl-Molochs.
Und jetzt bitte Augen zu, Blau-Weiß-Fans: Warum hätte das sechstgrößte Unternehmen Österreichs statt beim LASK als Partner des FC Blau-Weiß Linz tätig werden sollen? Zuschauerinteresse, Infrastruktur, mediale Präsenz, Strukturen, Nachwuchs – so gut wie alles schwankte seit der Vereinsgründung zwischen überschaubar und nicht vorhanden. Strukturen oder ein wirklich zielgerichtetes, geplantes Vorgehen waren bis vor wenigen Monaten kaum erkennbar.
Und jetzt hat man das Pech, trotz Stadionneubau komplett im Schatten des LASK zu stehen – bei dem für jeden, der durch keine blau-weiße Brille schaut, alles fünfmal so groß, glänzend und erfolgreich wirkt.
Die voestalpine als LASK-Sponsor – daran werden sich einige noch gewöhnen müssen. Schön wäre, wenn das Engagement beim LASK den Startschuss eines Umdenkens war, dass sich die voestalpine-Verantwortlichen endlich ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden und auch ganz bewusst öffentliche Projekte, Linzer Vereine und Institutionen glaubhaft unterstützen – von den Black Wings über die Handballer, den Blau-Weißen bis hin zu den famosen Steel Volleys. Die investierten Summen wären Peanuts für einen 11-Milliarden-Konzern. Auch mit Initiativen in Sachen Umweltschutz (warum sponsert die voestalpine eigentlich nicht die Umsetzung des Jahrmarktgelände-Renaturierungsprojekts Donauinsel?) könnte man punkten. Es wäre höchst an der Zeit und auch längst fälliges Zeichen von Demut und Dankbarkeit der Stadt und seinen Menschen gegenüber.