Verkehrsreferent in Linz ist ein bisschen wie Schiedsrichter: Läuft alles gut, gibt‘s keine Kritik, aber auch kein Lob. Bei jeder noch so kleinen umstrittenen Entscheidung aber steigert sich der öffentliche Furor ins Maßlose. Der aktuelle Linzer Verkehrsreferent Martin Hajart hat kein Problem mit dieser Rolle.
Wir machen diesmal die „Habeck-Eröffnung“ des ZDF: Herr Hajart, wie schaffen Sie es, immer so gut auszusehen?
(Lacht) Dazu kann ich nur sagen: Jeden dritten Tag gibt es eine Ganzkopf-Rasur.
Sie haben heuer den 40er gefeiert. Derlei runde Geburtstage regen gern zum Sinnieren und In-sich-gehen an. War das bei Ihnen auch so?
Ein runder Geburtstag verleitet dazu, über das Alter nachzudenken, das liegt in der Natur der Sache. Aber ein großes Thema sind persönliche runde Geburtstage für mich nicht.

Im März 2022 kamen Sie im Rahmen eines Generationenwechsels an die Spitze der Linzer ÖVP. Bei Ihrem politischen Konkurrenten SPÖ steht dieser Wechsel erst bevor. Aller Voraussicht nach wird wohl Stadtrat Prammer auf Klaus Luger folgen. Ein guter Sparringpartner in Hinblick auf die Wahl 2027?
Wer Luger nachfolgt, ist einzig und alleine Sache der SPÖ, daher will ich das nicht beurteilen. Wir wollen Politik für Linz machen. Jeder, der diese Zielsetzung teilt, ist ein möglicher Partner.
Warum sind Sie eigentlich wieder in die Stadtpolitik zurückgekommen? Sie hatten sich ja eigentlich schon in Richtung Land verabschiedet – als Büroleiter von Landesrätin Christine Haberlander.
Es gab rund um die Corona-Zeit ein Jobangebot von Christine Haberlander, diese Herausforderung hat mich gereizt. Ich wollte den Job bei ihr vollends ausfüllen und habe deshalb mein Klubobmann- und Gemeinderatsmandat zurückgelegt. Durch den Rückzug von Bernhard Baier hat sich später die einmalige Möglichkeit ergeben, für Linz in einer führenden Funktion – als Vizebürgermeister – Verantwortung zu übernehmen. Da musste ich nicht lange überlegen.
Die nächste Wahl kommt 2027. Der Anspruch als derzeitige Nr. 2 kann nur der Bürgermeistersessel sein. Ist das in einem seit 1945 ‚roten‘ Linz und gegenüber einer SPÖ, die 2021 fast doppelt so viele Stimmen wie die ÖVP holte, realistisch?
Es gibt keine rote Erbpacht in Linz. Und natürlich muss vieles zusammenspielen für einen Wahlerfolg. Wir wollen in Linz eine noch maßgeblichere Kraft werden, weil es der Stadt gut tun würde, wir über eine entsprechende Zukunftskompetenz verfügen und auch die nötige Leidenschaft vorhanden ist.
Was seit der letzten Wahl auffällt: Die eher bürgerlichen Themen Sicherheit und Migration sind von den obersten Plätzen der ÖVP-Prioritätenliste verschwunden. Die Stadt-ÖVP driftet teilweise eher nach links ab. Es geht – etwas überzogen gesagt – nur mehr ums Radfahren.
Diese Wahrnehmung trifft überhaupt nicht zu, weil ich meine Politik weder links noch rechts einordne. Ich sehe unsere Arbeit als einen spannenden Mix – inklusive einer klaren Kante in Richtung Sicherheitspolitik, aber durchaus auch kritisch, was Armutswanderung betrifft. Wir sind zum Beispiel für eine aktiv gesteuerte Zuwanderung.
„Ich genieße die Funktion als Verkehrs- und Mobilitätsreferent geradezu, weil man in diesem Bereich Stadtgestaltung betreiben kann. Wenn man hier im wahrsten Sinn des Wortes neue Wege geht, kann man auch Größeres bewegen.“
Als Verkehrsreferent ist man zwar medial sehr präsent, gleichzeitig steht man sehr oft in der Kritik, weil man es in diesem Ressort nie allen recht machen kann. Wie zufrieden sind Sie mit dieser Herausforderung, die medial schon mal als ‚Strafressort‘ bezeichnet wurde?
Ohne falsch verstanden zu werden: Ich genieße die Funktion als Verkehrs- und Mobilitätsreferent geradezu, weil man in diesem Bereich Stadtgestaltung betreiben kann. Wenn man hier im wahrsten Sinn des Wortes neue Wege geht, kann man auch Größeres bewegen.
Bei Medienberichten übers Radfahren gehen die Wogen hoch. Der Tenor lautet: Radfahrer dürfen fast alles, weil es hip ist und bei dem Thema jeder der Erste sein will. Warum die Angst, auch bei renitenten Radfahrern genauer hinzuschauen?
Es wurde Jahrzehnte zu wenig für die Radinfrastruktur getan, darum gibt es in Linz zu wenig Trennung der verschiedenen Verkehrsteilnehmer und es kommt es auch immer wieder zu Konflikten. Wir sind gerade dabei, Verbesserungen herbeizuführen – etwa in der Lederergasse.
Jetzt mal ehrlich: Was hat die Stadt eigentlich von den vielen Scooter-Verleihern, die für viele Bürger nach wie vor ein riesiges Ärgernis sind: Ist es das Geld?
Die Stadt verdient keinen Cent daran. Das Verkehrsmittel hat aber durchaus seine Berechtigung. Ich stehe nicht für eine Verbotspolitik, wir setzen daher immer wieder neue Regeln und justieren nach.
Und warum tut man sich so schwer, ein eigentlich kleines Problem wie die Scooterverleiher in den Griff zu bekommen?
Wir haben jetzt in der Innenstadt fixe Standplätze festgelegt. Der nächste Schritt sind ortspolizeiliche Verordnungen und Abschleppen mit Gebühr. Wir tasten uns vorwärts, wollen die Probleme so klein wie möglich halten oder lösen.