Müssen städtische Fußgängerunterführungen eigentlich zwingend sterile und schlecht beleuchtete Betonschläuche sein? Wie in vielen anderen Städten hat sich auch Linz nicht wirklich dieses Themas angenommen, Zweckmäßigkeit ist oberstes Gebot. Dass diese gelebte Praxis wenig mit moderner (oder gar innovativer) Urbanität zu tun hat, beweist der Zustand der in die Jahre gekommenen Unterführungen in Linz. Es ginge aber auch anders.
Egal ob Hinsenkampplatz, Salzburgerstraße, Nibelungenbrücke oder Wienerstraße: Die Fußgängerunterführungen in Linz sind eher abstoßende Orte. Sowohl die Stadt als auch die Bürger erachten sie als notwendiges Übel. Da muss man halt durch – im schlechtesten Sinn des Wortes. Schade eigentlich, denn anderswo sind ehemalige Schmuddelpassagen mittlerweile Orte der Begegnung oder spannende Kunstprojektionsflächen. In Linz gab es vor einiger Zeit zumindest erste zaghafte Versuche, die größte Linzer Unterführung am Hinsenkampplatz lebensbejahender zu gestalten. Es braucht aber noch viel mehr.
Linzer Sündenfälle
Stichwort Hinsenkampplatz: Von den vier in der Unterführung ansässigen Geschäftsflächen sind nur zwei vermietet – eine davon ist ein Beisl, in dem es das Bier ausnahmslos in Flaschen und ohne Glas gibt. Der Hinsenkampplatz ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. In der Salzburgstraße (Höhe Infracenter) befindet sich eine ähnlich stark benutzte Passage – dort ist es selbst am hellichten Tag zappenduster, immer wieder begleitet von beißendem Uringestank, Dreck, steilen Abgängen und bis zur Unkenntlichkeit beschmierten Hinweistafeln. Die gehätschelte Innenstadt und das Rathaus sind weit weg vom Linzer Süden, entsprechend aus dem Sinn ist diese Problemzone.
Und der Fußgängerdurchgang unter der Wienerstraße (Höhe A7/WIFI) hat sich vor allem als Nächtigungsmöglichkeit für Bettlerbanden und Unterstandslose „bewährt“. Hier schläft sich’s aufgrund der düsteren Beleuchtung ganz gut, angeblich. Der Gesamteindruck? Herzlich ausladend.
Leider erwähnenswert ist auch noch die hochfrequentierte Unterführung zwischen Musiktheater und Wienerstraße (unter den Bahngleisen) – ein paar lieblose Schaukästen, schlechte Beleuchtung und schmuddelige Atmosphäre: in Summe ein übler, dunkler Tunnel statt eines schicken Eingangstors in die Landstraße. Visitkarte geht anders – wiewohl man die gesamte Neugestaltung der Wienerstraße ordentlich versaut hat, aber das ist eine ganz andere Geschichte…
Urbane Chancen statt zweckmäßiger Betonschläuche
Für die Linzer Unterführungen fühlte sich in den letzten 30 Jahren niemand verantwortlich. Diese Einrichtungen „funktionierten“ mehr oder weniger, das war’s aber auch schon. Warum kein feines Beleuchtungskonzept mit künstlerischer Unterstützung und dem Anspruch, dass es auch anders geht? Es gibt einige Vorzeigebeispiele, dass Fußgängerunterführungen auch einladende, spannende Orte, „Musst Sees“ sein können. Im deutschen Bad Hersfeld etwa haben Architekten mit einem dynamischen Zusammenspiel von Lichtung künstlerischer Wandgestaltung es geschafft, die Enge des Raums zu öffnen und neue Perspektiven zu schaffen.
In Schwäbisch-Gmünd wurde in einem städtischen Wettbewerb die Neugestaltung der Unterführung in Angriff genommen: Ortsansässige Designer und Architekten waren eingeladen, ihre Ideen zu präsentieren, darunter auch vier Studenten-Teams der lokalen Hochschule für Gestaltung. Das Konzept für die Beleuchtung nimmt Bezug auf die in der Stadt abgehaltene Landesgartenschau, im Sommer ist das Licht einem frischen grünen Blätterrauschen mit durchblitzendem Sonnenlicht nachempfunden, im Herbst und Winter mischen sich dann herbstliche Farbtöne in das Blattwerk. Kann Linz das nicht auch? Etwa mit digitalen Projektionen des AEC und Beiträgen der vielfältigen Linzer Künstlerszene? Unterführungen können viel mehr und sind ein spannendes Thema, das nicht im Dunkeln gelassen werden sollte.