440 günstige Sozialwohnungen will die GWG im Herzen des Franckviertels abreißen und durch Neubauten ersetzen. Hier wohnen durchwegs alte, sozialschwache und niedrig verdienende Menschen, die jetzt um ihren leistbaren Wohnraum bangen. Die Bewohner befürchten doppelt so hohe Mieten wie zuvor. GWG-Boss Nikolaus Stadler verspricht “ähnlich günstige Wohnungen” und präsentierte eine (überhöhte?) Kostenschätzung für eine Sanierung, die von Mietern und Fachleuten aber stark angezweifelt wird. Für die GWG ist der Abriss dennoch fix.
Statt Abriss sei eine schlaue Sanierungsstrategie gefordert. Ein Wettbewerb kann die Ideen und die Pläne dazu liefern, glaubt Stadtentwickler Lorenz Potocnik. Eine „Infoveranstaltung“ hat kürzlich hat noch mehr Unruhe gestiftet, weil die GWG keine klaren und überprüfbare Zahlen auf den Tisch legte. Die genannten Kosten für eine Sanierung seien ganz bewusst überzogen und vage, während die Kosten für einen Neubau und die später hohen Mieten komplett verschwiegen wurden. Hohe Neben- und Folgekosten wurden erst gar nicht genannt. Die tatsächlichen Kosten lassen sich grob wie folgt aufschlüsseln:
Neubau
Wohnungen: 1650x400x60 = 40,0 Mio.
Garagen: 400 x 13.000 = 5,0 Mio.
Abriss: > 2,0 Mio.
Umzüge: 350 x 5.000 = 1,75 Mio.
Ablösen: 100 x 20.000 = 2,0 Mio.
Unterstützung Neubezug 350×2000 = 0,7 Mio.
Summe: 51,45 Mio. Euro
Die Miete im Neubau liegt zwischen 7-8 Euro/ m² inkl. BK
Sanierung
Dach, Keller + Deckenisolierung, Kanalisation = 6 Mio.
Wohnungen (350–400 Euro/m²), ca 20% (80 St) = 80 x 40 x 400 = 1,28 Mio.
Summe 7,28 Mio.
Die Miete im sanierten Altbau liegt je nach Wohnung derzeit bei rund 3,5 Euro / m² inkl BK und würden bei einer Sanierung demnach zwischen 5 -6 Euro/m² liegen.
GWG: „Falsche Kostendarstellung für Sanierung wäre Betrug“
„Dank geringem Standard, keinem Lift (0,3 Euro/m²), keiner Garage (65 Euro pro Wohnung) und keinem Balkon wird die sanierte Wohnung auf jeden Fall billiger als der Neubau bleiben“, so Potocnik. Die von der GWG genannten Kosten zeichnen aber ein ganz anderes Bild und seien weit überzogen, um die Sanierungsvariante teuer und unwirtschaftlich erscheinen zu lassen. „Die GWG muss diese Kosten seriös, fair und nachvollziehbar darstellen. Alles andere ist eine Form von Betrug, um Fakten zu schaffen“, so Potocnik.
Wahnsinn Wohnbauförderung
Die Gegenüberstellung einer Sanierung und des Abrisses mit einem Neubau offenbart aber auch ein noch viel grundsätzlicheres Problem: „Macht es Sinn, mittels durch Steuergelder finanzierter Wohnbauförderung in Zeiten von Wohnungsnot über 400 intakte und leicht zu sanierende Wohnungen zu vernichten um genau an dieser Stelle erneut um sehr viel Geld neu zu bauen? Die Wohnbauförderung umfasst 55% der Errichtungskosten, wir sprechen also von rund 25 Mio. Euro Steuergeld.“
Abriss und Neubau schafft keinen zusätzlichen Wohnraum
Potocnik: „Wir würden zudem keinen wirklich neuen Wohnraum schaffen. Linz hat derzeit ein „Jahreskontingent“ von 600 geförderten Wohnungen. 400 vernichtete und neu errichtete Wohnungen sind also 2/3 des Linzer Jahreskontingents. Das Geld geht uns dann folglich ab.“ Zudem wären die neuen Wohnungen um einiges größer, d.h. die derzeitigen Mieter würden sich diese noch weniger leisten können. Ein weiterer Aspekt: „Wir befinden uns hier nicht am Harter Plateau, es gibt hier keine schwerwiegenden sozialen Probleme – im Gegenteil: Zusammenhalt und Nachbarschaft sind sehr gut, die Bewohner leben sehr gerne hier.“
Sanierung zu „mühevoll“
Aber warum plant die GWG ein solches Projekt überhaupt? Potocnik: „Dazu kann nur gemutmaßt werden. Eine Sanierung ist etwas mühevoll. Eine Sanierung ist auch kein gutes Geschäft. Zudem ist die Sanierung nicht „teurer“, sondern schlechter gefördert – nämlich „nur“ bis 800 Euro/m²). Ein kurzer Finanzierungszeitraum von üblicherweise 10 – 15 Jahren lässt die Sanierung unvorteilhaft erscheinen. Im Unterschied dazu, wird der Neubau in 20-38 jährigen Zeiträumen finanziert. Die Kosten also viel besser gepuffert.“
Schwer ins Gericht geht Potocnik auch mit ihrer Gemeinnützigkeit: „Die GWG scheint ihre soziale Ausrichtung aus den Augen verloren zu haben. Das Franckviertel mit seiner gewachsenen Struktur eignet sich nicht zum Geschäfte machen. Auch scheint die Gasexplosion im Jahr 2013 missbraucht zu werden. Im Zuge dessen wurde schon der Bebauungsplan neu erstellt und die Dichte, also die mögliche Geschossanzahl massiv nach oben gefahren.
„Sanieren statt ruinieren“
Die Forderung von Lorenz Potocnik ist klar: „Stoppen des Neubau-Wettbewerbs, stattdessen Auslobung Sanierungswettbewerb, der auch die Freiräume, mögliche Verdichtung (Dachausbau) und ein Mobilitätskonzept beinhaltet. Danach eine Erhebung der Wohnungszustände und der Substanz, Offenlegung realistischer Zahlen und Rechnungen, insbesondere Sanierung und Neubau; Berechnung der Mieten nach Sanierung gemeinsam mit Mieterschutz; Gespräche mit der Förderabteilung des Land führen – und wenn nötig Tilgungszeit des Sanierungskredits auf 20 oder mehr Jahre ausdehnen. Und schließlich Start mit einer Pilotsanierung. Ein Block wird sofort saniert, um Kosten und Wirkungsgrad und Möglichkeiten zu prüfen. Vorbild könnte hier die Siedlung Münichholz der WAG sein, wo 2.000 Mieter betroffen sind.“