Stadtentwickler und LinzPLUS-Gemeinderat Lorenz Potocnik will die Linzer Innenstadt aufwerten: „Bis zu 40% des Straßenraums werden von parkenden Autos besetzt. „Stehzeug“, das zu viel Platz verbraucht und die Entwicklung unserer Innenstadt blockiert. Wenn wir Linz weiterbringen wollen, dann können wir nicht über jeden einzelnen Stellplatz streiten, sondern müssen größere Lösungen entwickeln. Erfolgreiche Städte machen es längst vor, nehmen Oberflächenparker konsequent zurück und gestalten den öffentlichen Raum neu.“
Lorenz Potocnik, Sie haben den Ruf des „Autogegners“. Wie lebt es sich damit?
Echt? Das wusste ich nicht. Das Auto wird bei uns aber sehr emotional behandelt. Und wir haben den Autos über die Jahrzehnte viel zu viel Raum gegeben. In den Städten funktioniert das aber nicht mehr, weil die Dinger zu groß und ineffizient sind, vor allem, wenn nur eine Person drin sitzt, was meist der Fall ist. Das ‚Gefäß Stadt‘ wird aber nicht größer und ist voll.
Warum sollte ein Stadtmensch kein Auto und keinen Parkplatz haben dürfen? Ich denke da speziell an Familien, alte und wenig mobile Menschen.
Okay, ich sehe, ich muss da einiges erklären. Wir verparken zu viel wertvollen öffentlichen Raum, verschwenden den regelrecht. Das will ich ändern. Und wir sollten dafür sorgen, dass wir die vielen kurzen Alltagswege viel öfters und mehr zu Fuß, per Rad oder öffentlich zurücklegen.

Sie vergleichen die Linzer Situation immer mit der Radhauptstadt Brüssel oder Paris, wo man rigoros mit Tempolimits und Parkplatzsperren vorgeht. Ist so ein Vergleich nicht daneben – schon allein wegen der Größe der Städte und den nicht vergleichbaren Verkehrswege?
Ganz und gar nicht. Die Größe ist nicht der Punkt. Tübingen, Basel, Innsbruck. Ich orientiere mich als Stadtentwickler an den progressivsten und erfolgreichsten Städten. Und es braucht immer beides, Push & Pull. Das heißt: Attraktivieren UND restriktive Maßnahmen. Egal wie groß, es geht immer um den fehlenden Platz für die zu ineffizienten PKWs. Weil IN der Stadt macht das Auto keinen Sinn, um eine Person von A nach B zu befördern. Das verursacht Stau und der ist teuer und schadet unserem Standort.
Sie haben auch schon mal eine Verdopplung der Parkgebühren auch fürs Bewohnerparken gefordert.
Aktuell ist das Bewohnerparken defacto gratis. Pro Monat kostet die Berechtigung 3,75 Euro, das sind 30 Cent pro Quadratmeter im Monat – oder dreieinhalb Stunden in der Kurzparkzone. Ein Tiefgaragenplatz kostet das 30 fache. Abgesehen davon brauchen wir den Platz für eine bessere Gestaltung. Gehsteige verbreitern, Radwege bauen, Bäume zum Kühlen. Ich habe die Verdopplung bereits 2018 in Zusammenhang mit einer Zweckwidmung für einen Mobilitätsfonds gefordert, um den Umbau der Innenstadt voranzutreiben.
. Erhöhte Kosten würden die Bewohner der Inneren Stadt und der Altbauten treffen.
„Es braucht immer beides, Push & Pull. Das heißt: Attraktivieren UND restriktive Maßnahmen.“
Immer wieder bringen Sie „Quartiersgaragen“ ins Spiel. Das bedeutet aber auch: weite Wege, Pinkelecken, dunkle Gänge und viele Stufen oder Rampen.
Aber wo. Quartiersgaragen haben nur Vorteile gegenüber dem Parken in der Straße und vor allem Tiefgaragen. Hochgaragen sind um vieles billiger als Tiefgaragen und können (wenn richtig gebaut) in Zukunft auch anders genutzt werden. Es braucht eine Renaissance solcher Garagen. Nicht um mehr Autos in die Stadt zu kriegen, sondern das Stehzeug von der Straße zu bekommen. Siehe auch hier: www.linzplus.at/quartiersgaragen
Die Zahlen sprechen nicht unbedingt dafür, dass das Auto keine Zukunft hat: 2023 gab es mit einem österreichweiten KFZ-Bestand von 7,34 Millionen Stück einen neuen Höchstwert. Im Jahr 2010 waren es erst 6,1 Millionen.
Das ist Gesamt-Österreich. Ich spreche aber von Städten. Schauen Sie sich diese Entwicklung an. Da sinkt die Anzahl in Bezug zu den Einwohnern. Und der Modal Split ändert sich zu Gunsten des Aktivverkehrs. Linz hat aber noch viel Luft nach oben.Auch der Zwang zu Tiefgaragen (Stellplatzschlüssel) gehört abgeschafft, denn die machen uns die Böden in den Innenhöfen kaputt. Große Bäume haben dann dort keine Chance mehr.
In der Linzer Verkehrspolitik schlägt das Pendel aktuell wieder in die andere Richtung aus, weil sich mit dem Anti-Auto- und Pro-Fahrradthema kaum eine Wahl gewinnen lässt. Bürgermeister Prammer ist eher kein Radfahrer, Raml (FPÖ) steht auf Autos und auch Verkehrsreferent Martin Hajart (ÖVP) kämpft neuerdings ebenfalls für die Innenstadt-Parkplätze. Bleiben nur noch die Grünen und LinzPLUS.
Es ist ein peinliches, populistisches Schauspiel. Und Führungsschwäche des Bürgermeisters. Der sukkzessive Umbau der Innenstadt zu einer „Destination“ steht längst an und gehört außer Streit gestellt. Und das gehört breit und ausdauernd erklärt.