Linz hat sich durchaus gut entwickelt, die Stadt hat in den letzten 20 Jahren enorm an Lebensqualität gewonnen. Es gibt aber noch mächtig Potenzial, noch mehr Stadtleben zu ermöglichen. Dazu muss man die Welt nicht neu erfinden. Ein Blick über den Tellerrand würde schon reichen. Linz sollte sich in manchen Bereichen durchaus ein Beispiel an Wien nehmen…
Donnerstagnachmittag – unterwegs auf zu einem ausgedehnten Spaziergang durch die Bundeshauptstadt. Im Blickpunkt: Was macht das große Wien in Sachen Stadtleben besser als das kleine Linz? Erste Station ist die „MaHü“, die Mariahilfer Straße. Überraschend sauber sind die Straßen und Gehsteige hier – alle 20 Meter positionierte Mistkübel lassen selbst dem größten Saubeitl keine Chance. Coole Sprüche auf den Mülleimern („Ich bin für jeden Dreck zu haben“) zwingen geradezu zur Benützung. Die Linzer Mistkübel? Dreckige, kalte Metalleimer ohne Design und ohne Witz – zudem viel zu spärlich vorhanden. Anders als in Linz findet sich in Wien auch so gut wie kein Tschickstummel am Boden – kein Wunder: Bei jedem Mülleimer ist eine Extra-Öffnung für ausgerauchte Zigaretten integriert – und das an wirklich fast jeder Straßenecke. 1:0 für Wien!
3.164 Gacki-Sacki-Automaten
Auch Hundekotproblem hat Wien schon seit Jahren (fast) keines mehr. 3.164 „Gacki-Sacki“-Automaten sind es in der Bundeshauptstadt bereits – somit hängt an fast jeder Laterne einer. Da gibt es auch keine Ausreden für renitente Hundebesitzer mehr. Das Wegräumen eines „großen Geschäfts“ wird da zur kleinen Sache. Und in Linz? Erst vor wenigen Tagen haben wir uns hier auf der Suche nach so einem Automaten gemacht – und einen einzigen gefunden (im Donaupark), der noch dazu leer war – übrigens ein Dauerzustand. Leider hat diesen wichtigen Punkt nach wie vor niemand auf der Agenda – man macht es sich leicht und schimpft lieber pauschal über die Hundehalter – und polarisiert damit unnötig. Aber das ist zu billig – gibt es doch – Stichwort Hundesteuer – sowohl eine Bring-, als auch eine Holschuld.
Vorbildlicher Radverleih
Was ebenfalls auffällt: die vielen Radfahrer. Besonders ins Auge sticht dabei die große Zahl an Leihradln, die man hier an fast jeder Ecke ganz unkompliziert mittels Bankomatkarte ausleihen kann. Die erste halbe Stunde ist übrigens gratis, danach kostet’s auch nicht die Welt. Ausleihen und Abstellen kann man Bikes an jeder der 120 Verleihstationen. In Linz? Gibt es auch im Jahr 2016 immer noch keinen Radverleih. Gerade die Grünen haben hier in den letzten zehn Jahren komplett ausgelassen. Wenigstens zieht die Stadt jetzt nach und will bis 2018 ein entsprechendes System installieren.
Radabstellplätze ohne Ende
Apropos Abstellen: Sehr fein sind auch die Radabstellplätze, die man ebenfalls an nahezu jeder Hausecke findet. Keine verschnörkelten Dinger, von denen jedes anders aussieht und handzuhaben ist so wie in Linz. Bei manchen benötigt man fast einen akademischen Abschluss, um sein Radl ordnungsgemäß parken zu können. In Wien sind die Radparkplätze so, wie sie sein sollen: einheitlich, schlicht und einfach: Radl anlehnen, absperren und fertig.
Fußgänger und Radfahrer kommen sich in Wien zudem kaum in die Quere. Viele Radwege sind farblich unterlegt und somit auch optisch klar abgetrennt. Diese Idee könnte speziell auf dem Radler-Nadelöhr Nibelungenbrücke für eine bessere Abtrennung sorgen, Linz gibt sich aber nach wie vor mit einem weißen Trennstrich zufrieden.
Flächendeckende Trinkbrunnen-Versorgung
Wir überqueren den Ring und steuern die Kärntner Straße an. Macht ganz schön durstig so ein Spaziergang in der sommerlichen City. Höchste Zeit, einen der vielen Trinkbrunnen zu nutzen, die man hier alle paar hundert Meter findet. Ein Schluck eiskaltes Hochquellwasser zum Nulltarif – herrlich. Auch viele andere Städte bieten kostenlose Trinkbrunnen als Grundversorgung für durschtige Bürger und Touristen an.
Und Linz? In der Innenstadt findet sich kein einziger Trinkbrunnen – nicht mal in den Parks. Das wäre doch mal eine nette, überschaubare Investition der LINZ AG, die die Lebensqualität im öffentlichen Raum enorm steigert… genauso wie Sitzgelegenheiten zum Rasten.
Sitzmöglichkeiten als Kommunikationstreffs
In Linz muss man dazu einen Schanigarten aufsuchen – inklusive entsprechender Konsumation, während die Fußgängerzonen in Wien voll sind mit ansprechenden, kostenlosen Sitzgelegenheiten. Auf der Kärntner Straße findet man etwa alle 25 Meter einladende Bänke und Sitzflächen.
Die Linzer Politik bringt hingegen gerne das Argument, dass sich bei solchen Sitzgelegenheiten – Hiiilfe! – Bettler oder Sandler niederlassen könnten. Unverständlich, wenn man sinnvolle Einrichtungen für die Bürger NICHT umsetzt, weil man ständig mögliche Probleme sieht. Argumentiert man so, müsste man den öffentlichen Raum komplett abschaffen oder aufgeben. Linz bevorzugt daher bis auf weiteres leblose, kahle Flächen wie den Martin Luther-Platz oder den Pfarrplatz. Ein Verweilen wurde und wird dort geschickt verunmöglicht. Steinwüsten mit viel Platz – aber für wen und wofür?
Spielplätze & Hundefreilaufzonen
Selbst in der dichtverbauten Innenstadt Wiens stößt man immer wieder auf gepflegte, eingezäunte Spielplätze, die teilweise sogar mit Rindenmulch ausgestreut sind. Klasse für eine Millionenstadt für Wien. Ja – und dann wären da noch die – ebenfalls eingezäunten – Hundefreilaufzonen, die man in fast allen Parks geschaffen hat. So kommen Wuffis und deren Besitzer ebenfalls in den Genuss der Grünanlagen, ohne Kindern, Familien oder Hundehassern in die Quere zu kommen. Die Hundezone sind übrigens ebenfalls mit einem Trinkbrunnen für durstige Zwei- und Vierbeiner ausgestattet.
Wien zeigt es vor: Viele kleine Mosaiksteine pimpen das Stadtleben auf und machen die Hauptstadt zu einer City mit enorm hoher Lebensqualität. So geht Stadt! Das meiste davon könnte man günstig und schnell auch in Linz umsetzen, ohne die Welt neu erfinden zu müssen. Man muss nur wollen. Bei uns serviert der Gemeinderat aber fast jede gute Idee sofort ab, weil die Parteien nach wie vor nicht mit-, sondern gegeneinander arbeiten – und nicht das Wohl der Stadt und ihrer Bürger im Vordergrund steht.