Philipp Schrangl kämpft für die Linzer Interessen im Nationalrat, wo er u.a. für Bauten, Innere Sicherheit, Justiz, Außenpolitik und Verfassungsthemen zuständig ist. Im LINZA-Talk gibt‘s einen Blick hinter die Kulissen des Hohen Hauses und eine Bewertung der Arbeit der neuen Regierung aus Linzer Sicht.
Philipp Schrangl – kann man schon eine Zwischenbilanz ziehen nach dem ersten halben Jahr Schwarz-Blau im Parlament?
Ich würde das Ganze schon Türkis-Blau nennen, weil sich Sebastian Kurz da sehr stark abgrenzen will – auch wenn die Frage offen bleibt, ob ihm das so gut gelingt oder ihm nicht so manche Landeshauptleute in die Parade fahren. In Summe ist es aber ein wertschätzendes Miteinander, in dem man sich einander Erfolge gönnt. Bei Rot-Schwarz war das ja ganz anders, wie wir alle wissen. Man hat verstanden, dass man einen Koalitionspartner braucht, um gut zu regieren.
Es gibt aber auch Kritik, weil das Tempo sehr hoch ist.
Es wird ein mörderisches Tempo vorgelegt, das stimmt. Es gibt nach zehn Jahren Stillstand aber auch eine riesige Agenda, die es abzuarbeiten gilt. 2005 hat der Spiegel noch getitelt ‚Österreich – das bessere Deutschland‘, mittlerweile gilt das nicht mehr. Wir haben sehr viel Aufholpotenzial, hier sind wir drauf und dran, das zu schaffen.
Wurden Ihre persönlichen Erwartungen bezüglich Mitgestaltung bislang erfüllt?
Ich war und bin immer ein sachorientierter Politiker und kein lauter Oppositionsschreier gewesen. Insofern finde ich diese Rolle um ein Vielfaches angenehmer als vorher. Es gibt spannende Gestaltungsmöglichkeiten – allerdings ganz anders, als sich das weite Teile der Bevölkerung vorstellen, weil man sich immer an gewissen Vorgaben halten muss. Dazu nur eine Zahl: Wir haben seit dem Jahr 2.000 über 50.000 neue Gesetze und Regelungen dazubekommen. Das ist mittlerweile ein wirklicher Dschungel, der den Gestaltungsspielraum immer weiter einschränkt.
Wie gestalten sich die Begegnungen mit roten Parlamentsvertretern? Vor der Kamera wird ja nur Gift und Galle gespuckt – ist das in persönlichen Gesprächen auch so?
Mit dem Chef der SPÖ, Herrn Kern, haben die meisten Parlamentarier überhaupt nichts zu tun, weil er so gut wie nie da ist. Den sieht man auch sonst nie. Abgesehen davon hat Politik auch viel mit Show tun, wo man versucht, die eigene Politik als die beste darzustellen. Natürlich wird die Opposition die Arbeit der Regierung nie toll finden, man wird immer versuchen, das eigene Programm als das beste darzustellen. Die SPÖ ist überhaupt noch nicht in ihrer neuen Rolle angekommen. Man sieht das ja auch an den aktuellen Umfragewerten. Im Gegenzug waren die Beliebtheitswerte des Kanzlers und der Regierung noch nie so gut wie jetzt.
Die Zusammenarbeit mit der ÖVP wirkt sehr vertraut – manche sagen zu vertraut. Birgt das nicht auch Gefahren, dass es keine Unterscheidbarkeit mehr gibt?
Ich glaube, dass man mit guten Partnern auch gut zusammenarbeiten kann und muss. Natürlich liegt es an einem selber, seine Standpunkte herausarbeiten. Hier in Linz, aber auch im Land Oberösterreich gelingt das zum Beispiel sehr gut, wo die FPÖ eigene Akzente setzen kann – trotz der Zusammenarbeit mit größeren Partnern. Auch im Bund gelingt das. Wir sind der Schmied und nicht der Schmiedl, gerade in unseren Kernthemen wie etwa der Sicherheit.
Wie geht’s Ihnen persönlich: Sie sind mit 33 Jahren einer der jüngsten Parlamentsabgeordneten, Politik ist gerade für junge Leute nicht immer sexy. Gibt es oft auch Anfeindungen Ihnen gegenüber?
Natürlich gibt es gegenüber fast jedem Politiker mal Anfeindungen oder freche Wortmeldungen. Ich bin seit ich 15 bin deklarierter Freiheitlicher und halte das aus, auch weil ich nicht alles an mich heranlasse. Wobei ich es bedenklich finde, wenn manche mir Intoleranz vorwerfen aber selbst keine anderen Meinungen zulassen obwohl sie ständig Toleranz predigen. Das kann ich nicht nachvollziehen. Da merkt man schnell, wer die wirklichen totalitären Meinungsbildner sind.
Wie weit ist es Ihnen möglich, Linzer Themen in den Nationalrat hineinzubringen?
Als Regionalwahlkreisabgeordneter muss man in Wien natürlich schon auch regionale Themen betonen. Aktuell wirken wir Linzer Abgeordnete darauf ein, dass sich der Bund bei Verkehrsprojekten in Linz und Oberösterreich beteiligt und sich nicht von der Verantwortung zurückzieht. Infrastrukturminister Norbert Hofer hat da auch bereits signalisiert, sich entsprechend an den Kosten zu beteiligen. Da haben wir schon viel mehr erreicht als die letzten Regierungen.
Gemeinderat oder Landtag wäre keine Option für Sie?
Mein Lebensmittelpunkt ist immer noch in Linz. Ich pendle und fahre großteils mit dem Zug, das sind ja nur 1:15 Stunden. Und zur Frage Wien oder Oberösterreich bzw. Linz: Ausschließen kann man in der Politik nie etwas.
Eine Frage an den Linzer Bezirksparteiobmann-Stellvertreter Schrangl: Wie sehen Sie die Entwicklung von Linz generell?
Ich finde die Entwicklung sehr gut, vor allem die Linzer FPÖ hat durch ihr Arbeitsübereinkommen mit der SPÖ viele Akzente setzen können. Etwa im Bereich Sicherheit oder im sorgsamen Umgang mit den Finanzmitteln. Vizebürgermeister Detlef Wimmer hat damals sehr frühzeitig die Zeichen erkannt und den Ordnungsdienst ins Leben gerufen. Andere Städte haben so eine Instituten nicht und daher jetzt weit größere Probleme als in Linz.
Sie kennen auch Vizekanzler HC Strache persönlich sehr gut. Wie fühlt er sich in der neuen Rolle?
Ich glaube, dass HC Strache angekommen ist. Er wirkt befreiter und geht ganz staatsmännisch in seiner Rolle auf.
Medial wird Strache oft vorgeworfen, er habe sich geändert und sei aus Machtgründen „handzahm“ geworden.
Vizekanzler ist eine andere Aufgabe als jene des Oppositionsführers, das muss jedem klar sein. Er würde von jenen, die ihn nicht mögen, sowieso immer kritisiert werden. Wäre er weiter in der Oppositionsrolle, würde der Vorwurf lauten, er sei zu hart und nicht staatsmännisch. Von handzahm ist HC Strache weit weg, die Angriffslust ist nach wie vor da, wenn es mal sein muss. Vor allem wenn’s darum geht, Missstände aufzuzeigen.
Einen Kanzler Strache wird’s aber wohl nie geben.
Das sehe ich nicht so. Der Anspruch darauf muss immer da sein. Es ist in unserer Demokratie Usus, dass die stimmenstärkste Partei den Anspruch auf den Kanzler stellt. Die Wähler werden entscheiden, wen sie als Nummer 1 haben wollen – und das ist dann auch anzuerkennen.
Was kann Linz besser als Wien?
Heimat bewahren, aber auch beim Verkehr sind wir besser, bei aller Kritik mancher ist der Stau in Linz bei weitem erträglicher als in der angeblich lebenswertesten Stadt der Welt. Und auch die soziale Durchmischung ist viel besser. In Wien kommen viele Menschen aus ihrem Grätzel gar nicht mehr heraus, bleiben unter sich und leben in Parallelwelten. Es ist ganz wichtig, mit anderen Lebenswelten in Kontakt zu kommen und so mehr Verständnis füreinander zu haben. Wien ist viel anonymer, die Leute schauen nicht aufeinander. Da ist Linz schon viel besser.
Wie ist der Blick der Wiener auf Linz?
Der ist schon immer noch sehr geprägt vom alten Bild unserer Stadt – und das wollen sich die Wiener auch nicht nehmen lassen, weil sie damit ihr eigenes Selbstwertgefühl heben. Aber die, die schon mal in Linz waren, die sind alle begeistert. Linz wurde zu einer grünen, sauberen, modernen und naturnahen Stadt.
Ihr Lieblingsfleck in Linz?
Der Freinberg bei der Franz-Josefs-Warte mit dem schönsten Ausblick auf Linz und jeder Menge Natur.