Vor gut 30 Jahren wurde das Jahrhundertprojekt Rhein-Main-Donau-Kanal eröffnet, der Linz an das gesamteuropäische Binnenschifffahrtsnetz anschloss. Die Erwartungen wurden aber kaum erfüllt: Die transportierten Gütermengen gingen über die Jahre immer weiter zurück, während die Transportzahlen auf der Straße explodierten. Der Containerverkehr kam seit der Eröffnung praktisch ganz zum Erliegen. Aktuell beträgt die Auslastung des Kanals 30 Prozent, Kritiker bezeichnen das damals 2,4 Milliarden Euro teure Projekt als “Geisterkanal”.
Auslastung nur bei 30 Prozent
Seit 1992 kann man ab Linz mit dem Schiff nach Nürnberg, Köln, Amsterdam, ja sogar bis Hamburg fahren. Der Seeweg von der Nordsee ins Schwarze Meer hat sich durch den Kanal um 60 Prozent verkürzt, genutzt wird die Wasserstraße aber dennoch kaum. Bei der Kreuzschifffahrt gab es zumindest stetige Steigerungen (zwischen 2000 und 2015 vervierfachte sich die Zahl der Hotelschiffe auf 1.272 – das sind aber auch nur gerade mal etwas mehr als drei pro Tag). Der Güterverkehr auf dem 171 Kilometer langen, 4,25 Meter tiefen und bis zu 55 Meter breiten Rhein-Main-Donau-Kanal beträgt jedoch nur einen Bruchteil der ursprünglichen Erwartungen.
Die tatsächlich auf dem RMD-Kanal transportierten Gütermengen liegen weit unter den offiziellen Prognosen der Rhein-Main-Donau-AG von 1992. Danach sollten bis 2002 satte 18 Millionen Tonnen transportiert werden. Das Ifo-Institut errechnete 1971 das Potenzial sogar mehr als 20 Millionen beförderte Tonnen. Die Realität sieht anders aus: Im Herzen des Kanals, dem Abschnitt zwischen Nürnberg und Kelheim, wurden 2002 lediglich 6,2 Mio. t transportiert. Fast 20 Jahre später ist die Frachtmenge sogar noch weiter gesunken: 2020 wurden dort nur noch 3,1 Millionen Tonnen befördert. Auch die Hoffnungen von Betriebsansiedlungen entlang der Wasserstraße erfüllten sich nicht.
Benutzungsgebühren, lange Wartezeiten an den Schleusen
Die Realität: Andere Verkehrsträger sind billiger und schneller. Kaum ein Unternehmen nutzt den Kanal, um Güter von der Nordsee ins Schwarze Meer zu transportieren – zu lange, zu teuer, zudem ist die Tonnagekapazität eines Binnenschiffs einfach zu gering. Die Wartezeiten an den Schleusen sind lange, zusätzlich fallen Kanalgebühren an. Für die gesamten 171 Kilometer sind pro Container etwa 4,30 Euro fällig (ein Binnenschiff kann bis 144 Container aufnehmen – das macht Zusatzgebühren von 620 Euro nur für die Durchfahrt pro Richtung), Kreuzfahrtschiffe mit 250 Betten zahlen 575 Euro, hier kommen noch Gebühren für jede der 16 Schleusen dazu.
Bereits beim Bau waren die intensiven Eingriffe in die Natur ein großes Streitthema: „30 Jahre nach der Eröffnung gibt es keinen Anlass zum Jubel: Der Rhein-Main-Donau-Kanal steht beispielhaft für ein unsinniges und naturzerstörendes Prestigeprojekt. Auch durch die immer deutlicher werdenden Folgekosten wird der ursprüngliche politische Traum zum ökologisch-ökonomischen Alptraum“, sagt Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des deutschen ‚BUND Naturschutz‘.
Dennoch bringt der RMD-Kanal messbar eine Ersparnis an Ausstoß: 6 Millionen Tonnen beförderte Güter ersetzen etwa 310.000 Stück 20-Tonnen-LKWs.
Titelfoto: Pahu~commonswiki/wikimedia/CC BY-SA 3.0