Radweg-„Kompromiss“ in der Herrenstraße: Der neue, rot aufgetragene Mehrzweckstreifen auf etwa 500 Metern Länge wurde nach Protesten von Geschäftsinhabern unterbrochen, weil sonst nicht mal die Anlieferung von Waren möglich gewesen wäre. Jetzt bleibt von den weggefallenen Parkplätzen zumindest eine kurze Stellfläche für die Anlieferung erhalten. „Mit dem Wegfall der Kundenparkplätze können wir leben, aber die Anlieferung von Waren ist für uns essentiell“, sagt etwa Optiker Klaus Pippig, dessen Firmenzentrale samt Werkstatt sich hier befindet. Aber auch an anderen Stellen spießt es sich – mit Staus und Engstellen.
Der neue Radweg in der Herrenstraße, der eigentlich keiner ist, sondern als „Mehrzweckstreifen“ definiert wurde, ist grundsätzlich eine gute Idee. So entsteht eine neue Nord-Süd-Achse für Radler. Für Vizebürgermeister Martin Hajart ist die Sache ein Herzensprojekt, er setzt voll auf den Ausbau der sanften Mobilität in Linz. Allzuviel „Speed“ ist aber manchmal das falsche Rezept: In der Herrrenstraße staut es aufgrund der mittlerweile sehr beengten Platzverhältnisse täglich, weil auch die Abbiegespur zum neuen Dom weggefallen ist und jetzt sofort alles steht, wenn ein Auto von der Herrenstraße in die Stifterstraße abbiegen will – ebenso beim Auerspergplatz.
„Im Planungsbüro sieht das vielleicht ganz nett aus, aber in der Realität spießt es sich an allen Ecken und Enden, es staut jetzt täglich, weil auch die über 20 Meter langen Obusse fast keinen Platz mehr haben und diese wegen der beiden roten Radstreifen kaum noch aneinander vorbeikommen“, sagt uns ein Gastronom, der vorort ebenfalls einen Betrieb hat. Da wird wohl noch an einigen Ecken und enden nachjustiert werden müssen, zudem die Radwegmarkierung nun abrupt endet und nach 20 Metern wieder beginnt, Radler müssen auf die enge Fahrbahn ausschwenken.
Kommentar
Keine Frage: Die Radwegoffensive von Vizebürgermeister Martin Hajart ist löblich und war längst fällig. Nur: Was zuerst sträflich vernachlässigt wurde, kann jetzt nicht mit der Holzhammer-Methode und ohne Rücksicht auf Verluste in wenigen Monaten nachgeholt werden.
In der Lederergasse etwa wurde über alteingesessene Geschäfte wie dem Traditionsbetrieb Blumen Stark drübergefahren und sämtliche Parkplätze vor dem Geschäft für zwei Radstreifen gestrichen, dafür kamen zwei Lastenfahrrad-Parkplätze direkt vors Geschäft. Das ist insofern ein Hohn, als dass die Starks vom Verkauf von Grabkränzen, Hocheitsdeko und Blumengestecken leben, die allesamt schwerlich zur Fuß abgeholt werden können. Auch mehrere ansässige Ärzte sind aufgebracht, will die durchwegs alten Patienten nicht mehr vor den Praxen mit dem Auto abgesetzt werden können. Auch in der Herrenstraße hat man auf 500 Metern Länge auf beiden Seiten einen roten Radstreifen aufgepinselt und damit selbst eine Ladetätigkeit vor den Geschäften verunmöglicht.
Die Richtung stimmt grundsätzlich. Aber wenn man bei diesem Vorhaben die Menschen und die Betriebe samt deren Arbeitsplätze nicht mitnimmt, wird’s gefährlich. Dann darf man sich auch nicht über sterbende Geschäfte und Leerstand wundern.
Wenn man über alle Interesse (außer über jene der Radlobby) mit dem Radl drüberfährt, führt das schnell in eine Sackgasse, in der wie beim Klimaschutz (Stichwort Klimakleber) auch bei der Radoffensive die Begeisterung verlorengeht.