Linz, April 1952: Auf der Promenade wird die in St. Florian gegossene Pummerin verabschiedet und nach Linz gebracht, ehe sie am 25. April festlich geschmückt auf einem Tieflader ihren Triumphzug nach Wien beginnt. Die Pummerin ist mit 20.130 kg und 314 cm Durchmesser ein stolzes Symbol von OÖs Schaffenskraft, die größte Glocke Österreichs und die drittgrößte Glocke West- und Mitteleuropas.
Am 21. Dezember 1951 wurde die Glocke in St. Florian verabschiedet und nach Linz gebracht. Danach wurde sie vier Monate lang im Hof des OÖ Landesmuseums ausgestellt, der zu diesem Zweck extra überdacht wurde, und eine Ausstellung über die alte und die neue Pummerin zusammengestellt. Mit 70.000 Besuchern war es eine der erfolgreichsten Ausstellungen des Museums. In der Pflasterung vor dem Südportal des Linzer Landhauses wurde 1956 der sogenannte Glockenring der Pummerin eingelassen, ein Metallring mit dem Umfang der Pummerin, in Erinnerung daran, dass die Glocke von hier ihre Reise nach Wien angetreten hat.
Diese Reise nach Wien begann am 25. April 1952 mit Übernachtung in St. Pölten. Die Glocke wurde mit einem mit zwei LKW bespannten Tieflader transportiert. In Wien wurde sie am 26. April um 16 Uhr auf dem Stephansplatz von einer jubelnden Menschenmenge empfangen und vom Kardinal geweiht. Unterwegs hatten unzählige Menschen den Weg gesäumt und die sowjetischen Soldaten an der Zonengrenze ließen den Konvoi unter Anwesenheit des sowjetischen Stadtkommandanten von St. Valentin ausnahmsweise ohne Kontrolle von Transportschein und Identitätsausweisen passieren.

Wegen der statischen Probleme, die die alte Glocke verursacht hatte, und einer weiteren Schwächung des Südturms – vor allem im Bereich der Glockenstube – durch die Brandhitze von 1945 wurde als Platz der neuen Pummerin der niedrigere und breitere Nordturm bestimmt. Da jener durch den Brand des Stephansdoms Schaden genommen hatte und zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wieder aufgebaut war, wurde sie in einen provisorischen Glockenstuhl aus Stahl gehängt, der im Hof der Dombauhütte Aufstellung fand.
Erstmals seit den Jahren des Anschlusses an Hitlerdeutschland und der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges wurde so etwas wie eine neue österreichische Identität spürbar. Die Glocke wird zum Sinnbild von Neubeginn, Wiederaufbau und vor allem Frieden.
Seit 1952 läutet die Pummerin zu Silvester das neue Jahr ein. Ansonsten erklingt sie zu den kirchlichen Hochfesten, aber auch zu historischen Anlässen, etwa zur Wahl oder zum Tod eines Papstes. So erklingt sie etwa bei der Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955, anlässlich der Ermordung John F. Kennedys 1963 oder zuletzt anlässlich eines Friedensgebetes für die Ukraine.
Das „Herz des Stephansdomes“ hat seit 1953 ein elektrisches Geläut und hängt seit 1957 am Nordturm. Mit ihren 21.383 Kilo und einer Höhe von 3,14 Meter ist sie die größte Glocke Österreichs. Außerdem ist sie die zweitgrößte freischwingende Kirchenglocke Europas und als solche auch die fünftgrößte weltweit. Ihre Vorgängerin war etwas kleiner und hing im Südturm. Sie war 1711 aus Kanonenkugeln der Besatzer Wiens als Zeichen des Friedens und Neubeginns gegossen worden. Am 12. April 1945 fiel sie dem verheerenden Dombrand zum Opfer. Aus geborgenen Teilen dieser Vorgängerglocke und den Resten anderer zerschellter Domglocken wurde in St. Florian bei Linz die neue Domglocke gegossen.
Der oberösterreichische Bildhauer Franz Forster fertigte ihre Reliefs an. Sie zeigen Motive der alten Glocke: die Belagerung Wiens, den Brand des Stephansdoms 1945 und die Muttergottes. Den lautmalerischen Namen „Pummerin“ führen manche auch auf den wienerischen Ausdruck „Pumpern“ zurück.