Oha: Wien bekommt eine rot-pinke Regierung – das Echo dieser ungewöhnlichen Polit-Liaison hallt bis nach Linz, wo 2021 auch gewählt wird. Ist so eine Konstellation auch in Linz möglich? Wir haben beim obersten Linzer NEOS-Propeller, Lorenz Potocnik, in Sachen Wahl und Bürgermeister nachgefragt.
Rot-Pink in Wien: Wie sehen Sie das als Linzer NEOS-Spitzenmann?
Erfrischend! Endlich mal was ganz anderes. Das NEOS-Team kann jetzt in Wien beweisen, dass sie mehr drauf haben als „nur“ Opposition. Ich glaube, das wird eine richtig gute Geschichte – Stichwort Reformprojekt.
Jetzt gibt’s im kommenden Jahr auch in Linz wieder Wahlen. Rot-Blau wird sich wahrscheinlich nicht mehr ausgehen. Möglicherweise werden Sie mit Ihrer Liste das entscheidende Zünglein an der Waage sein.
Ja das könnte so passieren. Gut für Linz wäre, wenn sich weder eine bequeme Koalition aus Rot-Blau noch Rot-Türkis als Mehrheit ausgeht. Dann wird es spannend und es ginge wirklich was weiter in Linz.
Könnten Sie sich eine Zusammenarbeit mit der Luger-SPÖ nach Wiener Vorbild überhaupt vorstellen? Schließlich reiben Sie sich immer wieder am Bürgermeister wie die Sau an der Eiche.
(Lacht) Der Vergleich mit der Sau und der Eiche gefällt mir. Klaus Luger kann ich mir zwar persönlich als Zusammenarbeits-Partner vorstellen, aber in der Sache hakt’s gewaltig. Eine absolute Bedingung wäre das derzeitige Ressort Planung und Verkehr. Zusätzlich würden wir absolute Linien ziehen – wie zum Beispiel den Schutz des Grüngürtels. Umwidmungen, wie sie Luger alle Monate haben will, wird es mit mir keine mehr geben. Auch bei der Mobilität würden wir radikal auf den öffentlichen Verkehr und Radinfrastruktur setzen. Wir sind auch sicher nicht so billig und bequem zu haben wie derzeit die FPÖ.
Rot-Pink wird sich in Linz aber als 50,1-Prozent Mehrheit kaum ausgehen. Wäre für Sie auch ein Arbeitsübereinkommen SPÖ-FPÖ-NEOS oder SPÖ-ÖVP-NEOS denkbar?
Pffft, da tu ich mir jetzt schwer, das zu beantworten, Dazu nur so viel: Wir arbeiten jetzt schon mit allen zusammen, die die Stadt vorwärts bringen wollen. Eine sachliche Zusammenarbeit ist unser Auftrag. Aber ganz ehrlich: Wenn ich mir das so recht überlege, würde ich mich mit Luger auf überhaupt kein Arbeitsübereinkommen und de facto Koalition einlassen. Warum nicht von Projekt zu Projekt die Mehrheiten im Gemeinderat suchen? Ein echtes Spiel freier Kräfte wäre dringend nötig und würde den besten Output für Linz bringen.
Was wäre denn Ihr Wunsch in Sachen Bürgermeister?
Was wir in Linz unbedingt brauchen, ist ein absoluter Change nach über 70 Jahren SPÖ-Herrschaft. Spannend wäre ein gemeinsamer blau-schwarz-grün-pinker Bürgermeisterkandidat.
Klingt zwar nicht sehr realistisch. Wer von den vier Spitzenkandidaten könnte das sein: Bernhard Baier als Vertreter der (vermutlich) stärksten Fraktion? Oder Eva Schobesberger weil sie die einzige Frau ist?
Gegenfrage: Warum nicht Lorenz Potocnik als gemeinsamer Nenner in Sachen Bürgermeister?
Könnten Sie denn überhaupt Bürgermeister?
Linz braucht dringend diesen Machtwechsel, vor allem aber einen Wechsel dieser unsäglichen politischen Kultur. Weg von diesem roten Sumpf rund um Luger hin zu einer echten, verlässlichen und nachhaltigen Linz-Politik ohne diese erbärmliche Freunderlwirtschaft. Und zur Frage, ob ich Bürgermeister kann: JA, selbstverständlich! Ich würde das ganze Repräsentationstheater mit Goldener Kette und ständigen Ehrungen weglassen und stattdessen wirklich arbeiten und mich um die Dinge kümmern, vom Park bis zum regionalen Wirtschaftsstandort. Ich bin bereit!
Äh, Sie haben bei der letzten Bürgermeisterwahl gerade 3,30 Prozent geholt, Ihre Fraktion kam auf 4,9 Prozent.
Na und? Das war vor über fünf Jahren, wir standen am Anfang. Die SPÖ hatte bei der vorletzten Wahl noch 53,4 Prozent, 2015 waren es nur noch 32 Prozent, und selbst die bröckeln. In Graz liegen die Roten nach 45 Jahren Bürgermeister nur mehr bei zehn Prozent. Und Innsbruck hat mit Georg Willi einen grünen Außenseiter zum Bürgermeister gewählt. Die letzten 7 Jahre unter Luger waren verlorene Jahre. Viele spüren, dass es so einfach nicht weitergehen kann. Die Zeit für eine neue Phase ist gekommen.