Eigentlich war das Thema Donaustrand in Linz nach dem Sommer 2014 durch: Das von Kunstuni-Studenten hingeschusselte „Konzept“ war keines, sondern eher unter D wie „Dilletantisch“ abzuheften. Dann kam auch noch der Entschluss der via donau, die urbanen Badeplätze am Steinmetzplatzl und beim Winterhafen großzügig zu erweitern: Da braucht man doch keinen Citybeach im Donaupark mehr, an dem man nicht mal baden kann. Doch, braucht man doch.
Eigentlich geht’s um ein seit vielen Jahren schwelendes Politikum: Der (Gott hab‘ ihn selig) rote Dobusch drehte jede Idee zur Belebung des Donauraumes ab. Nicht weil die Vorschläge mies gewesen wären. Nein, sondern vor allem aus einem Grund: weil diese – manchmal zugegenbermaßen etwas schrägen – Denkanstöße von der ÖVP kamen. Und für die Roten daher grundsätzlich „gaga“ waren. Auch Dobusch-Nachfolger Klaus Luger fiel diesem reflexartigen Verhalten anheim und wurde mittels SPÖ-Postwurfsendungen nicht müde, zu betonen, dass Linz doch jetzt schon am großen Fluss liegt und es dort eh schon aber sowas von „linzelt“. Noch mehr Donau und wir stünden mit den Wadeln schon im Wasser. Quasi.
Doch Klaus Luger sei nicht unrecht getan: Er hat das Thema einfach unterschätzt. Macht er ja ganz gerne. Stichwort Eisenbahnbrücke und Volksbefragung. Zurückrudern hieße für ihn vielleicht Gesichtsverlust, was da wie dort natürlich kompletter Humbug ist. Dem Stadtmenschen Luger liegt die Geschichte mit Sicherheit am Herzen. Anders ist es auch nicht vostellbar, dass sein Vizebürgermeister und Parteikollege Christian Forsterleitner jetzt den ÖVP-Vorstoß mit den Worten „Gefällt mir sehr gut – machen wir gemeinsam was daraus“ zur weiteren Beamtshandlung wohlwollend kommentierte.
Aber warum überhaupt ein Donaustrand mit Gastronomie, aber ohne Bademöglichkeit mitten in der City?
Nun: Am Wiener Donaukanal haben sich mittlerweile über ein Dutzend Cafés und Bars mit Beach-Feeling etabliert. Dort käme kein Hipster (alle „Normalos“ übrigens auch nicht) auf die Idee, baden zu wollen. Wie denn auch – bei drei Meter hohen Kaimauern und einem bedrohlich flott dahinfließendem Donaukanal.
Oder Frankfurt: Auch dort reiht sich eine Beach Bar an die nächste an die nächste an die nächste. Ans Baden denkt bei den Hessen ebenfalls kein halbwegs vernünftiger Geistesmensch. Aber nicht wie in Wien wegen unüberwindbarer Kaimauern. Vielmehr ist der Fluss dort eine Kloake: „Der Main erfüllt die Anforderungen an ein Badegewässer nicht, er enthält zu viele Krankheitserreger“, gibt die Stadt Frankfurt in einer offiziellen Stellungnahme kleinlaut zu. Tu felix Linz – unsere Donau schwankt bei der Wasserqualität zwischen Gut und Ausgezeichnet. Doch drauf geschissen: Paris, Berlin, London, München – egal, wohin man schaut in Europa: Baden ist nirgendwo das Grundbedürfnis eines City Beaches.
Beim Projekt Donaustrand geht’s vielmehr ein um urbanes Lebensgefühl: im Sand oder im Strandstuhl sitzen, liegen, kauern, knozen; und der Sonne zusehen, wie sie hinter dem Pöstlingberg verschwindet und Linz in der Abenddämmerung zurücklässt; mit den großen internationalen Kreuzfahrtschiffen mitbangen, ob sie das knappe Wendemanöver direkt vor Brucknerhaus auch hinbekommen, um danach anzulegen und hunderte Touristen aus der ganzen Welt auszuspeien und auf unsere City loszulassen; um Freunde zu treffen, zusammenzukommen; um sich in der nach 40 Jahren immer noch sehr gefälligen Glasfassade des Brucknerhauses wiederzuerkennen; oder auch um sich einfach nur über vorbeidefilierende leinenlose Hundebesitzer zu mokieren: Das ist Linz, das ist Donau. Das ist Linz AN der Donau. Und darum braucht’s den Donaustrand beim Brucknerhaus. Wer das nicht so sieht, soll – nein nicht baden, sondern sich brausen gehen 😉
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