Erst bauen, dann über Verkehrslösungen nachdenken – unter diesem Motto steht die Stadtplanung im Linzer Süden. Es wird auf Teufel komm raus gebaut, ohne gesamtheitlich zu denken. Auch unter dem neuen verantwortlichen Planungsstadtrat Dietmar Prammer ändert sich daran wenig. Bis zu 17.400 zusätzliche Bewohner werden prognostiziert, der Verkehrskollaps wäre damit wohl fix. Der seit kurzem für den Verkehr verantwortliche Vizebürgermeister Martin Hajart zieht angesichts der hinterherhinkenden Stadtplanung nun die Notbremse und fordert Verkehrslösungen ein.
Planungsstadtrat Prammer redet mantraartig von „leistbarem Wohnraum“, der geschaffen werden müsste – und wischt damit alle anderen Bedenken vom Tisch. Nur was helfen Wohnungen ohne Verkehrslösungen, aber mit Dauerstau und endlos langen Wegen? Eine ganzheitliche Stadtplanung gab es in Linz fast schon traditionell noch nie. Siehe Hochhäuser, die überall dort hingestellt werden, wo es einem Investor gerade beliebt. Auch der Quereinsteiger Prammer, der mit der Planungsthematik in seinem bisherigen beruflichen Leben keinerlei Anknüpfungspunkte hatte, setzt diese planlose Linie fort. Motto: „Bau ma moi, dann schau ma moi.“

Speziell in Sachen Verkehr und Öffis (ja, auch das ist Stadtplanung) lieferte Prammer bis dato nichts Brauchbares. Lediglich das von Vorgänger Markus Hein präsentierte Seilbahnprojekt von Ebelsberg ins Industrieviertel holte Prammer wieder hervor – wohlwissend, dass das nicht mehr als eine Blendgranante und reine Illusion ist. Gleichzeitig weist Prammer jede Kritik an seiner – ähem, planlosen Vorgehensweise zurück.
Stadtplanung ist mehr als dazusitzen und zuzuschauen, was die (privaten) Investoren da so alles umsetzen wollen. Stadtplanung geht nur in einer aktiven Rolle.
Der Welpenschutz ist nach über einem Jahr vorbei, Prammer (der SPÖ-intern als Luger-Nachfolger Nr 1. gehandelt wird) muss bald mehr liefern als nur billige Seilbahn-Schlagzeilen. Stadtplanung geht nur proaktiv, ist mehr als dazusitzen und zuzuschauen, was die (privaten) Investoren so alles umsetzen wollen. Stadtplanung bedeutet vor allem eines: Einmischen und das Setzen von UNBEQUEMEN, aber für die Bedürfnisse einer Stadt alternativlosen Eckpfeilern.
Aktuell rollen durch das Zentrum Ebelsbergs bereits 19.800 PKWs pro Tag, im Monalisa-Tunnel sind’s 27.500 Stück. 17.400 neue Bewohner werden im Linzer Süden angesichts der möglichen Entwicklungsflächen laut einer aktuellen Verkehrsberechnung prognostiziert. Das zöge 24.350 mehr PKW-Bewohnerfahrten und 6.550 Fahrten von Beschäftigten nach sich. Dass das nicht ohne Folgen bliebe, scheint außer der Linzer Stadtplanung wohl allen klar.
„„Ich glaube, man sollte nicht einfach über die Bevölkerung des Linzer Südens drüberfahren“
Vzbgm. Martin Hajart
Die Bebauung der ehemaligen Hillerkaserne und der Sommergründe ist – bis auf die Sanierung der alten Gebäude – UVP-pflichtig. Derlei Verfahren nehmen viel Zeit in Anspruch. „Aus meiner Sicht sollte diese Zeit gut genutzt werden, um viele Aspekte der Planung nochmals in Frage bzw. auf den Prüfstand zu stellen“, sagt Vzbgm. Martin Hajart, der sich als Erster für echte Lösungen im Linzer Süden engagiert. Dass das mehr als nötig war, zeigt das rege Interesse bei Info-Veranstaltungen, die von hunderten Anrainern regelrecht gestürmt wurden. „Ich glaube, man sollte nicht einfach über die Bevölkerung des Linzer Südens drüberfahren“, so Hajart.
Nur schnell bauen mit dem billigen Argument nach leistbarem Wohnraum: Bitte endlich Schluss mit diesem Totschlagargument. Der Druck nach Wohnraum ist in Linz aktuell und auch in den kommenden Jahren nicht so groß, wie von manchen gerne behauptet wird. Vielmehr steckt da oft die Bau- und Investitionswut der großen Genossenschaften und privater Investoren dahinter, die ihr Geld irgendwo investieren wollen/müssen. Ganz abgesehen davon: Wo bleibt bei Neubauwohnungen um die 800 Euro für 70m2 Fläche die Leistbarkeit? Und wo die Gemeinnützigkeit?
Klar ist für den Linzer Süden: Es geht nicht ohne massiven Ausbau der sanften Mobilität / des öffentlichen Verkehrs. Diese Maßnahmen müssen von Anfang an (finanziell und baulich) mitgeplant werden und zeitlich mit den Bauphasen des Hochbaus mithalten. Erfahrungsgemäß war es bisher immer so, dass man erst die Häuser hingestellt hat und dann geschaut hat, dass man das mit dem Verkehr irgendwie hinkriegt. Im Linzer Süden ist jetzt Schluss damit. Hoffentlich.