Die Linzer Stadtregierung steht nach knapp dreieinhalb Wochen des Verhandelns. Fünf Männer und immerhin drei Frauen bilden den neuen achtköpfigen Stadtsenat. Es gab einige spannende Umverteilungen, aber leider auch die eine oder andere Stillstandsfortschreibung. Schauen wir mal genauer hin.
Das Spannendste vorweg: Die vier „großen“ Parteien liegen maximal 16 Prozent voneinander weg, es wird also viel an Miteinander nötig sein, um Beschlüsse durchzubringen. Mit 24,9 Prozent der Stimmen gingen die Linzer Blauen als der große Sieger aus der Gemeinderatswahl 2015 hervor – entsprechend mutig und offensiv ging Detlef Wimmer in die Verhandlungen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Nicht nur ein Teil der Stadtfinanzen, auch die Stadtplanung und das Verkehrsressort wechselten von Rot zu Blau. Es wird spannend, wie Neo-Stadtrat Markus Hein die enorme Herausforderung Verkehr und Stadtplanung schultern wird. Viel schlechter, als es bisher lief, kann es jedenfalls nicht werden. Der Ausbau der Öffis lief ja ganz gut, aber im Straßenverkehr ging vieles daneben. Und vielleicht ist es gerade die FPÖ, die (endlich) auch ein Herz für die Radler hat – Rot und Grün haben hier – Stichwort Nibelungenbrückenverbreiterung oder sichere Abstellplätze – ja leider komplett versagt.
Wenig Aufbruchsstimmung hingegen bei der SPÖ. Unliebsames wie das (selbstvergeigte) Verkehrsressort ist man erfolgreich losgeworden, Kernthemen wie Soziales, Finanzen oder Medien konnte man großteils erfolgreich verteidigen. Das Sportressort wechselt vom bemühten, aber glücklosen Stadtrat Giegler wieder zu Karin Hörzing, was vor allem eines beweist: den niedrigen Stellenwert des Sports in der (selbsternannten) Sportstadt Linz. Hörzing ist in diesem Bereich, der bereits unter ihrer Vorgängerin Christiana Dolezal wie ein in den Seilen hängender, halb bewusstloser Boxer dahinsiechte, heruntergewirtschaftet. Es ist zu befürchten, dass der Sport in Linz sechs Jahre verwaltet statt gestaltet wird. Schade, dass keine der Parteien die Wichtigkeit dieses Ressorts richtig einschätzt und das Thema entsprechend mutig angeht.
Gut aus den Verhandlungen ausgestiegen ist Bernhard Baier mit seiner ÖVP. Nicht nur, dass er trotz starker Stimmeneinbußen weiter fest im Sattel sitzt, konnte er sich seine Kern-Ressorts Kultur und Tourismus weiter sichern. Ein Wermutstropfen hingegen: Wirtschaft und Marktwesen bleiben weiter in den Händen von Susanne Wegscheider. Diese wichtigen Agenden bräuchten aber endlich mehr Drive und Innovation statt weitere sechs Jahre Stillstand. Schade drum. Das Stadtrat-Ticket wird aber wohl weiter bei Wegscheider bleiben, solange WK-Boss Christoph Leitl seine schützende Hand über die Susi hält. Eine interessante Personalreserve hat sich jedenfalls mit dem charismatischen Marketingprofi Martin Hajart(neuer Fraktionsobmann) bereits in Stellung gebracht…
Mut- und ideenlos die Linzer Grünen, die sich selbstzufrieden weiter auf ihre Nebenschauplatz-Bereiche Bildung, Schulen und Natur/Umwelt beschränken. Während die Grünen in anderen Städten – etwa in Wien – forsch und projektbezogen auftreten, dämmern Schobesberger & Co. weiter dahin. Nach dem Weggang von Severin Mayr in Richtung Landtag ging zudem einer der wenigen in den Medien präsenten Linzer Grünen verloren. Gähn.
Nichtsdestotrotz: Alles in allem eine spannende Neuaufstellung der Stadtregierung, von der man durchaus den einen oder anderen großen Wurf erwarten kann. Die rote Allmacht im Gemeinderat ist genauso weg wie die schwarze im Landtag. Gut so, wenn mehrere Kräfte zusammen wirken müssen. An die Arbeit, meine Damen und Herren!