Mit dem geringsten Wahlkampfbudget und auch ohne echte Strukturen zog die Liste MFG (Menschen-Freiheit-Grundrechte) Ende September 2021 mit 6,23 Prozent und drei Mandaten in den OÖ Landtag ein. Und das soll erst der Anfang gewesen sein, sagen Landesparteiobmann Joachim Aigner und Klubobmann Manuel Krautgartner im LINZA Talk. In Ö-weiten Umfragen liegen MFG bereits bei acht Prozent – beste Aussichten für die Nationalratswahl 2024.
Wie groß war die Überraschung bei euch nach dem fulminanten Einzug in den OÖ Landtag?
Joachim Aigner: Ich wäre ein schlechter Spitzenkandidat, hätte ich nicht mit dem Einzug gerechnet. Dass wir es aber so deutlich schaffen, habe ich mir offen gesagt nicht gedacht.
Haben euch die Umfragen, dass MFG nur zwei oder drei Prozent erreicht, verunsichert?
Manuel Krautgartner: Nicht wirklich. Wir sind davon ausgegangen, dass die Umfragen von jenen erstellt wurden, die ein Interesse daran hatten, dass sie selber in einem guten Licht dastehen. Die Entwicklung später hat dann genau das gezeigt.
Wie schaut‘s mit den personellen Strukturen aus?
Aigner: Wir sind nach wie vor ein sehr kleines Team, aus dem alle von Anfang an dabei sind. Wir werden nur ganz behutsam wachsen, um wendig und schlagkräftig zu bleiben.
„Uns geht es um die grundsätzlichen Freiheitsrechte der Menschen – und die sind in sehr vielen anderen Bereichen auch gefährdet oder werden immer wieder angegriffen.“
Manuel Krautgartner
Der klassische Vorwurf, den man immer wieder hört: Außer der Impfthematik hat MFG kein Programm – dieser Eindruck besteht derzeit zweifellos. Läuft man da nicht Gefahr, dass MFG nach der Pandemie in der Bedeutungslosigkeit verschwindet?
Krautgartner: Keinesfalls, wir haben ein sehr breites Programm mit bedeutenden Themenfeldern. Uns geht es um die grundsätzlichen Freiheitsrechte der Menschen – und die sind in sehr vielen anderen Bereichen auch gefährdet oder werden immer wieder angegriffen. Gesundheit, Pflege, Familien, Kinder und Schule sind ebenfalls ganz wichtige Schwerpunkte von MFG.
Aigner: Was mir ganz besonders am Herzen liegt, sind Einpersonen-, Klein- und mittelständische Unternehmen, denn die werden von allen großteils vergessen. Wir reden hier von 86.600 Klein- und Mittelunternehmen mit über 700.000 davon direkt abhängigen Menschen.
Gibt es das eine, ganz starke Nachfolgethema, das MFG für sich als USP nutzen wird?
Aigner: Ganz klar das Aufbrechen der Strukturen, der Korruption. Wo wir auch hinkommen, ist das eines der ersten Themen, das auf den Tisch kommt – diese unsägliche Freunderlwirtschaft, gerade seitens der ÖVP. Das will keiner mehr, das steht den Menschen schon bis zum Hals. Und es wird trotz aller Ankündigungen auch nicht besser, wenn man die jüngste Entwicklung ansieht. Der Sumpf wird immer tiefer. Für viele Leute geht es sich da nicht mehr aus, ÖVP oder auch die SPÖ zu wählen.
Und was ist mit dem Themenfeld direkte Demokratie?
Aigner: Da sind wir die erste Ansprechpartner. Bei Petitionen oder Volksbefragungen gehört endlich mehr Verbindlichkeit her. Es kann nicht sein, dass eine Million oder mehr Menschen unterschreiben und die einzige Konsequenz daraus ist, dass sich der Nationalrat kurz mit der Sache befasst und diese dann wieder schubladisiert. Im Grund ist das derzeit nur eine Art ‚Bespaßung‘ der Bevölkerung, um ihr vorzugaukeln, es gäbe eine direkte Demokratie. Das muss anders werden.
Krautgartner: Österreich ist eine demokratische Republik, deren Macht geht vom Volk aus. Daher muss die Bevölkerung intensiver bei wichtigen Themen eingebunden werden und das Abstimmungsverhalten auch Rechtsgültigkeit haben.
„Im Grund sind Volksbefragungen derzeit nur eine Art ‚Bespaßung‘ der Bevölkerung, um ihr vorzugaukeln, es gäbe eine direkte Demokratie.“
Joachim Aigner
Manche sagen, ihr grabt der FPÖ das Wasser ab, übernehmt deren Themen und Wähler.
Krautgartner: Stimmt nicht. Es gibt auch keine ‚linken‘ oder ‚rechten‘ Themen, genausowenig, wie alle Impfpflichtkritiker lauter Rechte wären. Das Gegenteil ist der Fall – es ist ein breiter Querschnitt der Bevölkerung, so wie unsere Wähler. Der größte Anteil unserer Stimmen bei der Wahl kam übrigens von der ÖVP, gefolgt von der FPÖ. Auch viele grüne und SPÖ-Wähler waren dabei. Wichtig sind für uns auch die Nichtwähler, die wollen wir zukünftig wieder abholen. In OÖ blieben fast 25 Prozent der Wähler zuhause. Das Image der alten Politik ist angeschlagen, es braucht einen politischen Neubeginn für Österreich.
Und wie steht ihr zu Österreichs Neutralität?
Aigner: Absolut wichtig, immerwährend, unverzichtbar und unverhandelbar. Da gibt es keinen Diskussionsspielraum.
Auf einer Skala von 0 bis 100: Wie weit rechts oder wie weit links von der Mitte steht MFG?
Aigner: Für uns gibt es diese ewiggestrigen Rechts-Links-Scheuklappen nicht, das interessiert auch höchstens noch ein paar Ideologieverbohrte. Es gibt nur gute und schlechte Ideen – mit oder ohne Hausverstand. Wenn wir von manchen deswegen als rechts oder links eingeschätzt werden, soll es so sein.
„Für uns gibt es diese ewiggestrige Rechts-Links-Scheuklappen nicht, das interessiert auch höchstens noch ein paar Ideologieverbohrte.“
Joachim Aigner
2024 sind Nationalratswahlen, bei denen MFG erstmals antreten. Welche Rolle wird da Oberösterreich spielen? Schließlich seid ihr aktuell die einzige Landesorganisation, die in einem Landtag sitzt.
Aigner: Ich glaube schon, dass wir im Nationalratswahlkampf stark mit dabei sein werden, weil wir auch die Gesichter des ersten MFG-Erfolgs sind. Wo wir uns sicher einbringen werden, ist beim Aufbau der Strukturen.
Wie geht es euch im Landtag? Gibt es da noch Ressentiments seitens der anderen Parteien, habt ihr im Landtagsbuffet den Ecktisch bekommen?
Aigner: Bei den Grünen gibt es noch Berührungsängste. Grundsätzlich gilt im Landtag und mit den anderen Fraktionen: in der Sache hart, im persönlichen Umgang menschlich.
Krautgartner: In Summe ist es ein ganz passables Auskommen. Es gibt jedenfalls keinen, der mittags nicht neben uns am Tisch sitzen will (lacht).