Die „Klimahauptstadt“ Linz ist einmal mehr drauf und dran, sich selbst ad absurdum zu führen: Geht es nach dem Planungsressort der Stadt, sollen im nordöstlichen Grüngürtel von Linz zehn Hektar Grünland umgewidmet und im Rahmen eines „Masterplans“ verbaut werden. Noch 2020 wurde am genau gleichen Areal ein Bauvorhaben des Unternehmens Fabasoft gestoppt – mit dem Argument des Schutzes des Linzer Grüngürtels. Ein paar Jahre später scheint das nicht mehr zu gelten.
Auf etwa 11.000 Quadratmetern wollte das Unternehmen Fabasoft 2020 nördlich der JKU einen Firmencampus inklusive neuer Zentrale errichten. Das Projekt scheiterte, u.a. weil der damals zuständige Stadtrat Markus Hain (FPÖ) dagegen ankämpfte, obwohl der Kaufvertrag mit dem Unternehmen bereits im März 2019 unterzeichnet war. Nun wird wohl auch dieses Projekt möglich, denn jetzt will das SPÖ-geführte Planungsressort dort gleich zehn Hektar Grünland umwidmen und großflächig verbauen. Mit der geplanten Umwidmung ist dem Raubbau des eigentlich geschützten Linzer Grüngürtels Tür und Tor geöffnet.
Mitten durch das Gebiet soll laut Masterplan eine „Tabuzone“, die nicht verbaut werden soll, führen. Pikant ist, dass genau durch diese Tabuzone, die für den Kaltluftzufluss aus dem Norden sorgen soll, derzeit ein Autobahnzubringer samt großem Kreisverkehr gebaut wird.
„Unsere städtischen Leitziele sind Lebensqualität für die Menschen und eine weitere Belebung und Produktivität des Viertels. Am Ende soll ein robuster und nachhaltiger Plan stehen, der zum einen die Gemeinschaftsbildung im Stadtteil verbessert und dessen Identität stärkt, und zum anderen auch universitätsnahen Unternehmen Raum gibt“, sagt der zuständige Stadtrat Dietmar Prammer. Zusätzlich spricht Prammer davon, dass das Stadtviertel „bis 2030 Klimaneutralität erreichen“ solle. Mitten durch das Gebiet soll eine „Tabuzone“, die nicht verbaut werden soll, führen. Pikant ist, dass genau durch diese „Tabuzone“, die für den Kaltluftzufluss aus dem Norden sorgen soll, derzeit ein Autobahnzubringer samt großem Kreisverkehr gebaut wird.
Zu pflanzende „Bäume und Sträucher“ zwischen den Gebäuden sollen das neue Stadtviertel „in seiner Struktur stärken und Pufferzonen schaffen“ – ebenso werden einmal mehr „Dach- und Fassadenbegrünungen“ versprochen, die Gebäude sollen „bestmöglich an die Luftströme ausgerichtet sein“. Der Masterplan und die Umwidmung sollen offensichtlich im Schnelldurchlauf durchgeboxt werden. Bereits am 17. April werden – ohne jegliche vorangegangenen Informationsveranstaltungen – in einem „Experten-Workshop“ die Nutzungsszenarien diskutiert, am 18. kann man in einer Ausstellung die Ergebnisse betrachten.
„Über die Klimahauptstadt Linz zu sprechen und gleichzeitig unser Grünland hektarweise zu zerstören, schafft offensichtlich nur die Linzer SPÖ.“
Kritik kommt u.a. von der FPÖ: „Einer solchen Politik fehlt definitiv der Hausverstand. Über die Klimahauptstadt Linz zu sprechen und gleichzeitig unser Grünland hektarweise zu zerstören, schafft offensichtlich nur die Linzer SPÖ. Wir appellieren an alle Gemeinderatsparteien, allen Bauvorhaben, die eine großflächige Zerstörung des Linzer Grünlandes verantworten, ein klares Nein zu erteilen“, so der Freiheitliche Stadtparteiobmann Michael Raml.
„Die Digitaluni wird jetzt quasi als Steighilfe genommen, um insgesamt Verbauungen im großen Stil, auch für Betriebsansiedelungen einzuleiten.“
Und für die Linzer Grünen erfüllt das betroffene Areal neben Grünraum und Naherholung auch die wichtige Funktion der Kühlung und Durchlüftung des gesamten Stadtteils. „Die Digitaluni wird jetzt quasi als Steighilfe genommen, um insgesamt Verbauungen im großen Stil, auch für Betriebsansiedelungen einzuleiten. Bei der Letztinformation im Stadtsenat war von Flächen im Ausmaß von rund 100.000m2, die in neues Bauland umgewidmet werden sollen“, so Klima-Stadträtin Eva Schobesberger. Und weiter: „Hier wird an der weitere Verbauung und Zerstörung des Grüngürtels rund um die JKU geplant, obwohl wir wissen, wie wichtig dieses Areal für die Kühlung und Durchlüftung des Stadtteils ist. Die geplanten Umwidmungen bedrohen Lebensqualität und verschlechtern die Situation für Menschen jetzt und in Zukunft.“
Kommentar
Unfassbar in Zeiten wie diesen: Zehn Hektar Grünland will die SPÖ-geführte Stadtregierung in Bauland umwidmen, obwohl erst 2020 ganz klar festgestellt wurde, dass dieses Gebiet absolut tabu ist. Dass der zuständige Planungsstadtrat Prammer bei der Präsentation seines „Masterplans Linz Nordost“ für das dortige Stadtviertel sogar von „Klimaneutralität bis 2030“ spricht und das mit „vielen Bäumen, Sträuchern und Fassadenbegrünungen“ erreiche will, lässt nur eine Frage zu: Für wie dumm hält man die Menschen eigentlich?
Und Bürgermeister Klaus Luger? Der behauptete in der Vergangenheit mehrmals – zuletzt vor der Wahl 2021 – dass der Linzer Grüngürtel „tabu“ sei – was diese Aussagen wert sind, wird nach der „Freinberg-Causa“ jetzt einmal mehr offenkundig. Auch das LASK-Stadion im Grünland am Pichlinger See hätte Luger 2019 durchgewunken, wenn ihm Bürgerinitiativen nicht mit einer drohenden Volksbefragung dreingefunkt hätten. Fix ist: Geht dieser „Masterplan“ samt XXL-Umwidmung durch, hat Linz das letzte bisschen Glaubwürdigkeit in Sachen Klima- und Umweltschutz verloren. Und den vor einigen Monaten präsentierten Klima-Masterplan kann man im Ofen verheizen. Shame on you, Linz.
Titelfoto: Stadt Linz/PTU