Die Bürgermeisterwahl ist so gut wie geschlagen. Alles andere als ein Prammer-Sieg bei der Stichwahl am 26. Jänner wäre angesichts eines Vorsprungs von 20 Prozent im ersten Wahldurchgang eine Riesenüberraschung. In unserer Manöverkritik beleuchten wir die Sieger und die Besiegten – und wie es in Richtung der nächsten Wahl, die bereits 2027 steigt, weitergeht.
Dietmar Prammer (SPÖ): der uneingeschränkte Sieger
Den klaren Sieg des SPÖ-Kandidaten zu relativieren, fällt angesichts des enormen Vorsprungs in beiden Wahlgängen schwer. Erwartet hat dieses Ergebnis wohl nicht mal Prammer selbst. Die Taktik, sich eher zurückzunehmen, als offensiv zu agieren, ging auf. Die weiteren Gründe liegen einerseits in der perfekten Mobilisierung der (immer noch mächtigen) SPÖ-Organisationen, andererseits auch an der unaufgeregten Art Prammers. Zeigt: Viele wünschen sich keinen Zauberer als Stadtoberhaupt, sondern den unauffälligen Anzugträger. Klar wurde auch: Die SPÖ kann sich in Linz auch so manchen Skandal erlauben, braucht danach nur den Kopf auszutauschen und alles läuft weiter. Die Wahlbeteiligung von 42,2 Prozent aber als „Zufriedenheit der Bevölkerung“ auszulegen, wie es Prammer getan hat, ist jedoch völlig daneben. Mit dem Ergebnis kann die SPÖ jedenfalls mit Selbstvertrauen in die nächsten zwei Jahre bis 2027 gehen. Sieger brauchen keine Argumente.
Michael Raml (FPÖ): Wahlziel erreicht, aber…
Mit dem Einzug in die Stichwahl hat Raml sein offizielles Wahlziel erreicht. Aber 20 Prozent Rückstand im ersten und fast 60 im zweiten Wahlgang sind ein ordentliches Magenstamperl, da gibt‘s nix schönzureden. Was Raml fehlt(e): echte Themen neben der Sicherheit. Da kam bislang zu wenig, um als Bürgermeister für ALLE durchzugehen. Ein wenig mehr Angriffslust würde Raml ebenfalls nicht schaden – das gehört bei einem blauen Kandidaten eigentlich zur DNA. Mit der Aussicht, dass 2027 auch Wahlbeteiligung & politische Großwetterlage eine ganz andere sein werden, ist mit Raml sicher zu rechnen, ein-Gemeinderatswahl-Ergebnis klar über 20 Prozent und die Rückeroberung von Platz 2 (+ zusätzlichem Stadtratsposten) ist machbar. Der Bürgermeister-Sessel wird wohl auch 2027 ieine Mission Impossible – außer Prammer begeht ähnliche Thorheiten wie sein Vorgänger Luger.
„Die geringe Wahlbeteiligung von 42,2 Prozent als „Zufriedenheit der Bevölkerung“ auszulegen, wie es Prammer getan hat, ist völlig daneben.“
Martin Hajart (ÖVP): Auf der Suche nach der richtigen Positionierung
ÖVP-Kandidat Martin Hajart war mit so viel Optimismus in diese Wahl gestartet – und steht am Ende mit leeren Händen da, selbst die Stichwahl ging sich nicht aus. Sicher mitgespielt hat auch der horrible Bundestrend der ÖVP – und natürlich das „Stadtproblem“, mit dem die ÖVP traditionell zu kämpfen hat. Hajart selbst muss sich vorwerfen lassen, im Wahlkampf zu viel gewollt, zu hektisch agiert zu haben. Eine Presseaussendung jagte die nächste, ein Thema das andere.
Der Wahlkampf-Auftakt, bei dem sich Hajart noch als Mister Proper, der in Linz eine „Saubere Politik“ will, positionierte, war sehr stimmig. Diese Linie verschwand aber völlig, es folgten seltsame Vornamen-Plakate, Ein-Euro-Döneraktionen (tausende TikTok-Likes von 15-Jährigen mit Migrationshintergrund gewinnen keine Wahlen) und andere Seltsamkeiten. Auch sein teils sturer Pro-Fahrrad-Kurs kam nicht den Berg hoch. Mit dem Fahrradl-Thema gewinnt man in Linz (noch) keine Wahl. Wie Hajart das Steuer 2027 herumreißen kann? Weniger versuchen, der bunte urbane Hansdampf-Bürgermeisterkandidat für alle sein, sondern ein bisschen mehr positive Tiefe in die Themen reinbringen und klare Schwerpunkte setzen. Das Thema Stadtfinanzen (Stichwort eine Milliarde Schulden) wäre so etwas (warum ist das eigentlich völlig aus dem ÖVP-Portfolio verschwunden?). Die Chancen für 2027 stünden dann gar nicht so schlecht, vorausgesetzt, der Bundestrend läuft nicht nochmal so grausam gegen Hajart.
Eva Schobesberger (Grüne): Verpufft
Am Tag nach der Wahl waren die Grünen bemüht, das Wahlergebnis von Eva Schobesberger als Glanzleistung hinzustellen. Unterm Strich gab‘s magere 13 Prozent und ein Minus von 1,6 Prozent. Schobesberger vollzog auch optisch einen eher skurrilen Wandel mit grellem, dick aufgetragenem Lippenstift und viel zu großer Quadratbrille. Too much. Schobesberger bleibt aber dennoch eine fixe, überschaubare Größe, daran wird sich auch 2027 nix ändern. Schobesberger geht auf ihrem gut bezahlten Stadtratsposten in Pension, ungeachtet von Wahlschlappen oder Stillstand.
„Die Eva geht auf ihrem gutbezahlten Stadtratsposten in Pension, von selber zieht die sich nicht zurück.“
Lorenz Potocnik (Linz+): Zu intellektuell für Linz?
Es war ein engagierter Auftritt von Lorenz Potocnik, der wohl als Einziger im Gemeinderat zumindest eine Vision von zukunftsfähiger Stadtplanung hat. Auch sonst brachte er viele gute Ideen in den Wahlkampf (mehr Straßenkehrer, mehr Sauberkeit). Potocnik blieb dennoch bei 3,6 Prozent picken. Das Minimalziel, Bester unter den „Kleinen“ zu sein, gelang ihm aber klar. Sein eigentliches Problem: zu intellektuell, zu viele Ideen, die die Lebensrealitäten vieler Linzer kaum berühren. Als oft strenger Auto-Kritiker macht er sich selbst das Leben schwer.
Gerlinde Grünn (KPÖ): Linz ist doch nicht Graz
Zu Graz, das Linz laut KPÖ werden solle, hat es dann doch nicht ganz gereicht. 2,4 Prozent sind es am Ende geworden. An der Spitze der „Kummerln“ bräuchte es jemanden, der sich dort auch wohlfühlt und auch so etwas wie Führung ausstrahlt – all das erfüllt Gerlinde Grünn (die als Gemeinderätin aber sehr gute Arbeit leistet) – kaum. Irgendwann wird man sich die Frage stellen müssen, ob es nicht besser wäre, in Richtung 2027 mal was anderes an der Spitze auszuprobieren – die Nummer 2, Michael Schmida, wäre da ein wohl nicht ganz falscher Vorschlag. Dann könnte man auch wieder von Graz als Vorbild träumen.
Georg Redlhammer (NEOS): Randnotiz
Bislang ein unscheinbares Beiwagerl der Luger-SPÖ (deren Anträge und Blockaden er stets hündisch untertänig unterstützte), wollte sich NEOS-Mann Georg Redlhammer in den Monaten vor der Wahl als Aufdecker positionieren. Ein kurzes Aufflackern als Kontrollausschussvorsitzender rund um die LIVA-Affäre ist allerdings zu wenig für drei Jahre Gemeinderat, die 2,3 Prozent sind der Beleg dafür. Sollte überlegen, NEOS 2027 einen Neustart mit einem neuen, jungen Kandidaten zu ermöglichen oder auf einen Antritt gänzlich zu verzichten.
Kommentar
Die Linzer Bürgermeisterwahl war vor allem von den vier großen Parteien eine absolute (finanzielle) Materialschlacht, bei der die Kleinen nicht mitkonnten – aber nicht nur das, sie wurden auch in einer Pendelbewegung zerrieben: Nach dem Rechtsruck in Wien Wollten viele Blau und Schwarz in Linz verhindern und wählten anders. So fokussierten sich viele Stimmen auf die SPÖ. Diesen Effekt wird es 2027 möglicherweise nicht mehr geben. Neues Spiel, neues Glück.