Er zog erst im Herbst 2015 in die Linzer Stadtregierung ein und bekam mit dem Ressort Verkehr/Infrastruktur gleich eine Mega-Herausforderung umgehängt: In Sachen Medienpräsenz ist Stadtrat Markus Hein derzeit in aller Munde. Im LINZA.at Talk spricht der gebürtige Kärntner und praktizierende KAC-Fan über die herausfordenden ersten sechs Monate seiner Amtszeit – und warum er ab 2020 eine Fahrspur der Nibelungenbrücke für Radfahrer freimachen will.
Herr Stadtrat, ein knappes halbes Jahr ist seit der letzten Wahl vergangen. Sie sind – zumindest was die Stadtregierung betrifft – ein Neueinsteiger. Wie haben Sie die ersten sechs Monate Ihrer Amtszeit erlebt?
Viel Zeit zum Einarbeiten blieb nicht. Ich wurde gleich ins kalte Wasser gestoßen, weil einige Projekte jahrelang liegengeblieben sind. Und einige andere – wie die Eisenbahnbrücke – duldeten keinen Aufschub.
Wie haben Sie das Ganze privat geschultert? Der berufliche Zeitaufwand zu früher wird wohl beträchtlich gestiegen sein.
Im Prinzip wurde mein Arbeitsalltag strukturierter. Früher war ich hauptberuflich in der Privatwirtschaft tätig, meiner Zusatzaufgabe als Fraktionsobmann konnte ich meist nur abends und in der Freizeit nachgehen. So gesehen komme ich heute besser weg, weil es keine Doppelbelastung mehr gibt und ich mich auf eine einzige Sache konzentrieren kann.
Ampelpärchen, Eisenbahnbrücke… – in den ersten sechs Monaten lag Ihre Medienpräsenz wohl über jener von Bürgermeister Klaus Luger. Wie wohl fühlen Sie sich in dieser Rolle? Man hat eher den Eindruck, dass Sie auch ganz gut ohne das Licht der Öffentlichkeit leben können.
Die vermehrte Öffentlichkeit stört mich überhaupt nicht. Es war klar, dass man als Mitglied der Stadtregierung eine weit größere Aufmerksamkeit hat als ein Gemeinderat. Für mich ist der direkte Kontakt zu den Menschen in erster Linie etwas Positives.
Apropos direkter Kontakt: Hat sich diese Medienpräsenz bereits ausgewirkt und werden Sie jetzt mehr erkannt oder öfters angesprochen?
Ich werde schon öfters angesprochen, aber es ist nicht so, dass ich mich nicht mehr auf die Straße wagen kann, ohne sofort von jedem erkannt zu werden. Oft bemerke ich schon fragende Blicke im Sinne von „Ist er’s oder ist er’s nicht?“
Das Ansehen des Politiker-Berufs ist momentan – na sagen wir mal – endenwollend. Werden Sie auch des öfteren „schief“ angesprochen?
Nein, eigentlich nicht. Aber Kritiker wird es immer geben. Und es gibt auch viele Politiker, die – leider – diesem schlechten Ruf gerecht werden. Aber ich hätte auch kein Problem, von verärgerten Bürgern angesprochen zu werden: Schließlich leben wir in einer Demokratie. Und wenn einer der Meinung ist, die Sache besser machen zu können, kann er das ja auch versuchen. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, habe mein Studium gemacht und war lange Jahre in der Privatwirtschaft. Ich wollte nicht – wie viele andere – nur jammern, sondern selbst aktiv was ändern, darum bin ich in die Politik gegangen.
Mit dem Verkehrsressort haben Sie eine Monsteraufgabe übernommen, vor der sich alle anderen gedrückt haben. Insgeheimer Tenor: „Soll sich der Hein ruhig daran verschlucken.“
Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, wir gehen sehr viel heiße Eisen an, die sich in der Vergangenheit niemand anzugreifen gewagt hat. Wir schauen etwa, dass endlich ein Gesamtverkehrskonzept auf die Beine kommt – auch das war ein großes Versäumnis der letzten Jahre und Jahrzehnte. Oberflächliche Zwischenrufe sind mir zu billig. Mit der bis jetzt vorgebrachten, oft unsachlichen Kritik kann ich sehr gut leben.
Stichwort neue Eisenbahnbrücke: Bis jetzt weiß man nicht, ob da mal Züge oder Straßenbahnen drüberfahren werden. Sollte da nicht bald eine Lösung auf dem Tisch sein?
Wir haben gemeinsam mit dem Land OÖ vereinbart, eine finale Systemstudie durchführen zu lassen. Das Ergebnis erwarten wir im September. In der Stadt gehen wir davon aus, dass eine Schmalspur (Straßenbahn) nach Rottenegg mit Einbindung ins bestehende Bim-Netz die beste Lösung wäre. Ein vollwertiges Gleis der Mühlkreisbahn über die neue Brücke würde den Bau um fünf Meter verbreitern und die Kosten explodieren lassen. Auch eine kombinierte Auto-/Eisenbahnkreuzung auf der Donaulände wäre gelinde gesagt eine enorme Herausforderung – sowohl für den Verkehr als auch für das angrenzende Donauparkstadion und die Schrebergärten.
Aktuell ist es in Linzer Verkehrsfragen so, dass es – egal, was man macht oder entscheidet – Watschen gibt. Entweder von den anderen Parteien, von den Medien oder von selbsternannten Besserwissern. Fühlen Sie sich manchmal ungerecht behandelt?
Nein, weil man nie eine Lösung zusammenbringen wird, die allen Interessen entspricht. Wichtig ist, dass man ein Ziel vor Augen hat, dieses konsequent verfolgt und sich nicht durch Miesmachereien abbringen lässt. Sonst endet man in einem mutlosen Slalomkurs, den wir seit Jahren kennen. Man muss sich gerade im Verkehr auch trauen, unangenehme Dinge durchzusetzen – so funktioniert Politik nun mal.
Wie empfinden Sie die Linzer Verkehrssituation im Vergleich mit anderen heimischen Metropolen wie Wien, Graz oder Salzburg: Ist bei uns wirklich alles so viel schlimmer?
Nein, Linz steht im Vergleich eigentlich ganz gut da. Aufgrund der wenigen Donaubrücken haben wir etwa bei Unfällen aber gravierendere Probleme als andere. Die Wiener Verkehrssituation ist mit Sicherheit um einiges schlimmer als in Linz. Auch unser Radwegenetz ist nicht so schlecht, wie es gerne gemacht wird. Die Kritiker verbeißen sich immer nur in einigen wenigen Brennpunkten wie dem Nadelöhr auf der Nibelungenbrücke. Aufgrund der finanziellen Situation der Stadt können wir Probleme derzeit nur Punkt für Punkt abarbeiten.
Zur Nibelungenbrücke: Wann passiert denn da endlich was für die Radler?
Derzeit kann man nicht viel machen – auch aufgrund der Eisenbahnbrücken-Problematik. Aber 2020, wenn die Westring-Brücke und die neue Eisenbahnbrücke in Betrieb gehen, planen wir, einen Fahrstreifen der Nibelungenbrücke für die Radfahrer abzusperren. Die von manchen gewünschte sofortige Radweg-Verbreiterung von 80 Zentimetern würde das Problem nicht wirklich lösen.
Wenig überraschend hauen Sie die Grünen wegen Radthemen wie eben der Nibelungenbrücke regelmäßig her.
Das typische politische Spiel ist es leider, Ideen oder Vorschläge der anderen schlecht zu machen – vor allem, wenn man keine eigenen Ansätze liefert. Ich habe mir mal die Gemeinderatsanträge der Grünen seit dem Jahr 2009 herausgesucht: Fast immer ging es um das Thema Nibelungenbrücke, sonst war da nicht viel Brauchbares dabei. In den wenigen Monaten meiner Amtszeit haben wir mehr Projekte in Angriff genommen als die Grünen in den letzten sechs Jahren. Den Lückenschluss zwischen Lentos und Nibelungenbrücke etwa werden wir heuer noch fertigstellen.
Apropos Radfahren: Vor einigen Monaten haben Sie einen flächendeckenden Radverleih für Linz angekündigt. Gibt es in dieser Sache einen Fortschritt?
Wir prüfen gerade die möglichen Standorte, in Summe soll es 40 Verleihstellen in Linz geben. Ein großer möglicher Sponsor ist leider im Vorfeld abgesprungen, wir sind aber bereits mit einem anderen im Gespräch, weil es wohl keine politische Mehrheit geben wird, dass die Stadt die Kosten übernimmt.
Was wären denn die Kosten für ein derartiges Verleihsystem?
Das ist systemabhängig. 40 Radstationen würden etwa ein Investitionsvolumen von 1,5 Mio. Euro verursachen. Die jährlichen Wartungskosten würden 50.000 bis 100.000 Euro betragen, wobei hier die möglichen Mieteinnahmen bereits abgezogen sind.
Auch Ihre Idee einer Donaufähre auf Höhe Brucknerhaus war bis vor kurzem noch im Gespräch. Ist das Projekt jetzt erledigt, weil das ganz große Stauchaos ausblieb?
Nein, wir sind bei diesem Projekt bereits relativ weit. An- und Ablegestellen sind mit der viadonau bereits geklärt, es gibt auch schon einen möglichen Betreiber, der über eine entsprechende Fähre verfügt. Der genaue Finanzbedarf wird bis Ende März ermittelt. Im April wird es dann einen Antrag im Gemeinderat geben, ob die Stadt die finanzielle Bedeckung übernimmt.
Wäre das nicht auch für die vielen Radtouristen eine Attraktion?
Auf jeden Fall. Hier hätte sich auch unser (ÖVP-, Anm.) Tourismusreferent Bernhard Baier in das Projekt einbringen können. Er zog es aber vor, alles als „Gag“ abzutun, um drei Wochen später wegen eines entsprechenden Konzepts nachzufragen. Die Idee ist sehr konkret. Gibt es eine entsprechende Mehrheit im Gemeinderat, wird die Donaufähre auch umgesetzt.
Es gibt einen aktuellen Gemeinderatsantrag, einigen zu breit dimensionierten Linzer Durchzugsstraßen wie der Dinghoferstraße in der Innenstadt eine „Schlankheitskur“ zu verpassen. Können Sie dieser Idee etwas abgewinnen?
Ja, denn wenn der Westring mal steht, muss dieser auch Verkehr aus der Innenstadt abziehen, sonst wäre das Projekt ja sinnlos. Zeitgleich werden wir darauf schauen müssen, dass die Durchzugsstraßen verkehrsberuhigt werden, damit sich nicht alles wieder in die Innenstadt zurückverlagert. Das konkrete Projekt Dinghoferstraße soll ein Prototyp werden. Es ist ein sehr sinnvoller Ansatz, solche Durchzugsstraßen im Sinne der Bewohner aufzuwerten. Auch Busspuren statt einer zweiter Autospur, um die Öffis zu beschleunigen, sind in diesen Straßen ein aktuelles Thema.
Man hört und liest über Linz nur mehr in Zusammenhang mit dem Verkehr. Jetzt könnte man fragen: Hat Linz keine anderen Probleme mehr?
Linz hat sehr viele andere Baustellen, aber aufgrund der Eisenbahnbrücke haben sich halt alle bemüßigt gefühlt, das Thema in den Mittelpunkt zu stellen.
In Sachen Asyl und Flüchtlinge ist es in Linz seit der Lösung der Probleme am Hauptbahnhof relativ ruhig geworden. Macht Linz seine Sache in dieser Frage richtig und gut – oder könnte es besser laufen?
Linz macht es genauso schlecht wie alle anderen. Weil man ein Problem am Hauptbahnhof löst, heißt das ja nicht, dass es weg ist. Es verlagert sich nur irgendwo woanders hin. Das Problem ist an der Grenze zu lösen – und nicht in Linz. So sehr man etwa Ungarns Viktor Orban damals kritisiert hat, zeigt sich heute: Er hatte als Einziger recht. Wir können uns nicht als Sozialamt der Welt aufspielen und jeden aufnehmen. Irgendwann bricht der soziale Unfrieden auch in Linz aus. Nur in dosierten Mengen, die auch vom eigenen Volk verdaubar sind, kann man alles bewältigen.
Die Bundesregierung hat mittlerweile auf die FPÖ-Linie eingeschwenkt und die Grenzen mehr oder weniger dicht gemacht. Zufrieden?
Mal sehen. Vielleicht ist dieser spontane und unerwartete Meinungsschwenk der Regierung ja auch nur der Bundespräsidentenwahl am 24. April geschuldet. Schauen wir mal, wie es danach weitergeht.
Die FPÖ – und besonders Sie mit dem Verkehrsressort – stehen ganz besonders unter öffentlicher Beobachtung. Welche bisherige Kritik hat Sie am meisten getroffen?
Das Glück des FPÖ-Politikers ist, dass er eine dicke Haut hat. Bis jetzt gab es keine Kritik, die mich umgehauen oder persönlich getroffen hätte. Unsachliche Kritik oder Beschimpfungen sind ein eigenes Thema und treffen mich schon gar nicht.
Interview: wilson holz