Die Auswirkungen durch die Corona-Pandemie hat alle gleichermaßen getroffen: Bund, Land, Kommunen und die Wirtschaft. Im Talk: Bürgermeister Klaus Luger über seinen persönlichen Umgang mit der Krise.
Richtige Krisen sind in der heutigen Zeit Gottseidank rar. Das Corona-Virus hat uns wieder bewusst gemacht wie schnell ein echter Ausnahmezustand eintreten kann. Wie geht es Ihnen als Bürgermeister mit so einer ungewöhnlichen Situation?
Es ist die herausforderndste Situation in meiner Zeit als Regierungsmitglied und Bürgermeister, weil es um die Gesundheit der Menschen und um das wirtschaftliche Überleben geht. Ich bin im Dauermodus eines Krisenmanagers. Durch die exzellente Unterstützung des Krisenstabes geht es mir persönlich gut.
Was waren Ihre ersten Gedanken, als das wahre Ausmaß der Pandemie immer offensichtlicher wurde?
Mir ist es wohl so wie vielen gegangen, dass ich zu Beginn nicht alle Konsequenzen vor Augen hatte. Aber dann war mir klar: es geht um schnelles, pragmatisches und unaufgeregtes Handeln.
Die Stadt Leipzig hat errechnet, dass der Shutdown durch die Corona-Krise mit 5,63 Mio. Euro pro Tag auf das Budget schlägt. Haben Sie auch für Linz schon Zahlen, was die finanziellen Auswirkungen für das aktuelle Budget betrifft?
Das ist noch nicht für exakt zu sagen. Alleine unsere ersten Hilfsmaßnahmen, unter anderem der Solidaritätsfonds für Linzer, schlägt sich mit 11 Millionen Euro zu Buche. Dann brechen uns durch das 38-Milliarden-Paket der Regierung Ertragsanteile weg, ich rechne hier mit bis zu 36 Millionen Euro, zusätzlich die wegbrechende Kommunalsteuer, das sind monatlich zwölf Millionen Euro, wo uns allein im April zwei Drittel wegfallen werden. Dann fehlen uns Abgaben, weil alle Veranstaltungen abgesagt werden. Über das Jahr gesehen schließe ich einen Entfall von 100 Millionen Euro nicht aus.
Muss man in Wirklichkeit jetzt nicht das gesamte Doppelbudget, das bis 2021 läuft, aufschnüren?
Das geschieht de facto. Auch den Ländern und dem Bund geht es nicht anders. Die Budgets halten nicht. Wir werden die bislang geschafften Einsparungen nicht halten können, wir brauchen das Geld für Soforthilfen und den Wiederaufbau der Wirtschaft.
Wie gut hat der Querpass zwischen Stadt, Land und Bund bei der Durchführung der notwendigen Schritte rund um den Shutdown funktioniert?
Ausgesprochen gut.
Hätten Sie persönlich andere Entscheidungen getroffen als die Bundesregierung, um dieser Krise Herr zu werden?
Im Großen und Ganzen nicht. Die Maßnahmen sind notwendig und keine Frage der persönlichen politischen Einstellung.
Gibt es Signale vom Land oder vom Bund, um die Kommunen ebenso finanziell zu unterstützen wie die Unternehmen?
Nein, bislang nicht. Aber das wird kommen müssen, denn die Städte und Gemeinden tragen die Hauptlast der Krise.
Stellen Sie (gemeinsam mit anderen Städten) aufgrund bestimmte Forderungen an den Bund/das Land ?
Das werden wir schon noch tun, aber jetzt gilt meine gesamte Energie dem Krisenmanagement, um die Situation in unserer Stadt einigermaßen stabil zu halten.
Wie lange wird Linz die finanziellen Nachwirkungen dieser Krise spüren?
Jahrelang, genau so wie die Länder und der Bund.
Linz hat in den letzten Jahren sehr erfolgreich den Sparstift angesetzt. Wird es jetzt möglicherweise zu weiteren Maßnahmen kommen müssen, um die Auswirkungen auf das Budget abzufedern?
Es wird noch heuer notwendig sein, Investitionen zu starten, um die Wirtschaft anzukurbeln. Ich sehe den Weg in die Zukunft einfach: alle staatlichen Ebenen müssen Kredite aufnehmen. Wer dies nicht tut, steigert die Arbeitslosigkeit. Das wäre verantwortungslos.
Anders als Wien hat Linz auf die Schließung von Öffentlichen Parks oder Grünanlagen verzichtet. Wie zufrieden waren Sie mit der Disziplin der Linzerinnen und Linzer?
Ich möchte mich bei den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt bedanken. Die allermeisten waren hoch diszipliniert, und das bei diesem Traumwetter. Das verdient hohe Wertschätzung.
Was war für Sie persönlich die größte Umstellung in den Wochen des Shutdowns?
Mein Arbeitsalltag ist völlig anders: Statt 18 Stunden Büroarbeit und Abendtermine gibt es jetzt operatives Krisenmanagement pur. Und privat fehlen mir meine Söhne, die auswärts studieren, und meine Eltern, die ich schon seit mehr als vier Wochen nicht mehr umarmen konnte.
Glauben Sie, dass die Krise auch auf das Verhalten und die Art, wie wir leben, einen dauerhaften Einfluss hat?
Bis zu einem gewissen Grad schon. Homeoffice etwa wird einen höheren Stellenwert auch nach der Krise einnehmen. Insgesamt hoffe ich, dass manchen Menschen, die dem Gemeinwesen und dem Staat negativ gegenüber standen, jetzt sehen, wie wichtig es ist, dass eine Stadt und ihre Verwaltung auch funktionieren, dass also das dafür notwendige Geld Sinn macht. Das könnte den Zusammenhalt wieder stärken. Zumindest wünsche ich mir das.
Wenn es denn etwas Gutes an dieser Krise gibt: Was ist das aus der Sicht des Linzer Bürgermeisters?
Eben dieses bewusster Machen, dass nicht nur der eigene berufliche Erfolg, das Streben nach vorne im Leben zählt, sondern auch Freunde, Zusammenhalt und Zusammenleben genau so wichtig sind.