Martin Böheims Uhrmachermeister-Betrieb in der Schmidtorgasse besteht seit bald 150 Jahren. Jetzt platzte dem Inhaber des Traditionsunternehmens der Kragen. Grund: fehlende Aktionen seitens der Stadt, den Handel anzukurbeln. Zu allem Überdruss scheint nun der Linzer Bürgermeister Klaus Luger als eine Art Werbe-Testimonial für die Plus City auf: “Scheinbar ist es in Linz den Verantwortlichen nicht bewusst, wie ernst und angespannt die derzeitige Situation für uns in der Linzer Innenstadt ist”, so Böheim.
Wien verschenkt Gastro-Gutscheine an alle Einwohner, Villach geht denselben weg, um die Umsätze anzukurbeln. Wels erweitert die Gastgärten und verzichtet auf die Gebühren. In Linz wird noch an möglichen Aktionen getüftelt, Zählbares zur Unterstützung des stark angeschlagenen Handels und der Gastro gibt es aber nicht. Ein Antrag zur unbürokratischen Erweiterung der Gastgärten wurde in der letzten Gemeinderatssitzung nicht mal auf die Tagesordnung genommen.
Für einen zusätzlichen Aufreger innerhalb der Handelsbranche sorgt der Linzer Bürgermeister Klaus Luger: Er stellte sich als eine Art Werbe-Testimonial für die Plus City zur Verfügung. In Krone- und OÖN-Inseraten zur Gastro-Eröffnung der Plus City ist der Linzer Bürgermeister mit seinem Gesicht prominent vertreten.
Dem renommierten Uhrmachermeister Martin Böheim platzt nicht nur aufgrund dieser Werbeaktion der Kragen: Der Linzer betreibt sein Uhrengeschäft in der Schmidtorgasse bereits in vierter Generation. Er beklagt die fehlende Unterstützung seitens der Politik für die Geschäfte und den Handel in der Landeshauptstadt:
„Die meisten der kleineren Linzer Unternehmen haben harte Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. In vielen Städten wurden zur Wiedereröffnung attraktive, ermäßigte Stadtgutscheine aufgelegt, die in sämtlichen Lokalen und Geschäften eingelöst werden können. Auch Wien hat ganz tolle Gutscheine für alle initiiert. In Linz wird lieber munter darum gestritten, ob irgendwann ein Autokino auf die Donaulände kommt oder doch nicht. Die Kurzparkzonen wurden wieder aktiviert, Belebungsmaßnahmen gab es hingegen keine einzige.
Noch befremdlicher wird es, wenn unser Bürgermeister aus der Krone lacht, wo die Eröffnung der Gastronomie in der Plus City beworben wird, die alle keine Abgaben und Steuern in Linz zahlen, sondern in Pasching. Scheinbar ist es in Linz den Verantwortlichen nicht bewusst, wie ernst und angespannt, die derzeitige Situation für uns alle in der Linzer Innenstadt ist. Ich hoffe, das große Erwachen erfolgt nicht erst, wenn es für die Innenstadtgeschäfte endgültig zu spät ist.“
Brennpunkt Landstraße: Uhrmachermeister Böheim
Immer mehr eigentümergeführte Geschäfte und Familienbetriebe sperren zu oder müssen großen Handelsketten weichen – von diesem Wandel ist fast jede Branche betroffen. Da braucht es Einfallsreichtum und Herz, um den rauen Wind zu überstehen. Eines dieser positiven Beispiele ist Martin Böheim. Der Linzer betreibt in bereits vierter Generation – seit 1873! – ein Juwelier- und Uhrengeschäft in der Schmidtorstraße zwischen Taubenmarkt und Hauptplatz. Böheims USP? „Ich habe mir bestimmte Marktnischen gesucht, die kein Internet und kein Großhändler besetzen kann. Etwa den An- und Verkauf von Uhren im hochwertigen Segment – das macht auch sonst keiner in Linz, weil man dazu viel Wissen braucht“, sagt Böheim mit leuchtenden Augen.
Er ist einer der letzten Uhrmachermeister der Stadt, ausgestattet mit dem nötigen Fachwissen und der Liebe zur Branche. Böheim arbeitet nur mit renommierten Unternehmen zusammen: „Billigmarken gibt es bei mir nicht, schon aus Prinzip.“ Viele Stammkunden habe er, die auf ihn setzen und ihm treu sind, aber die jungen Generationen hätte oft oberflächlichere Werte: „Viele junge Leute interessieren sich einfach nicht mehr für das Handwerk, das ist eine gesellschaftliche Veränderung, die sich nicht mehr umkehren lässt. Es geht nur mehr um Handy, Internet und Digitalisierung. Für das Mobiltelefon gibt man schnell mal 1.000 Euro aus, die Uhr – natürlich im Internet gekauft – dürfe aber nur 50 Euro kosten – oder die beiden Eheringe für den schönsten Tag des Jahres höchstens 200 Euro“, schüttelt Böheim den Kopf: „Ein chinesischer Hersteller will ja gar nicht, dass man seine Uhr repariert. Nicht mal ein Service zahlt sich dafür aus, das sind reine Wegwerfprodukte.“
Jeder wolle die Armut auf der Welt bekämpfen, kaufe aber gleichzeitig Billiguhren oder 3-Euro-Hemden bei Primark: „Das passt für mich nicht zusammen.“ Speziell mit Internet-Einkäufern gibt es oft seltsam-amüsante Erlebnisse: „Leute kaufen sich bei Amazon eine 50-Euro-Uhr, die dann nicht funktioniert. Dann stehen sie bei uns im Geschäft und meinen ernstlich, wir reparieren diese kostenlos auf Garantie.“
„Dinge für die Ewigkeit“
Was macht eigentlich die Faszination der Uhrmacherei aus, Herr Böheim? „Es ist dieses Zusammenspiel von so vielen kleinen Zahnrädern, Riemen und Teilen, die oft ein Leben lang und darüberhinaus funktionieren. Die alten Handwerksbetriebe in der Schweiz und Deutschand, die Dinge für die Ewigkeit produzieren – das sind die wahren Behüter und Werte des Handwerks.“
Apropos Werte: „Schöne Uhren sind nicht nur etwas zum Tragen, sondern auch sehr gute Wertanlagen“, weiß Böheim. Eine Rolex, die vor 25 Jahren 20.000 Schilling kostete, ist heute gut das Dreifache wert, Tendenz steigend: „Geld verliert seinen Wert, Uhren nicht – ebenso wenig wie Gold und Schmuck.Wer auf traditionelle Werte setzen will, ist bei uns richtig. Unsere 147-jährige Geschichte ist der beste Vertrauensbeweis.“ Infos: www.boeheim.at