Fast 90.000 Fahrten registrierte der im März 2021 ins Leben gerufene Linzer Citybike-Radverleih in den ersten beiden Jahren seines Bestehens. Klingt gut, aber bei einem genaueren Blick auf die Bilanz ist der Erfolg durchaus ausbaufähig: Nur maximal 2 Prozent aller Linzer haben das System bisher mittels App benutzt.
Linz war ein absoluter Nachzügler, was die Installierung eines flächendeckenden Radverleihs betrifft. Im März 2021 war es nach jahrelangen Ankündigungen endlich so weit, das aus Wien bekannte Citybike-System ging auch in Linz an den Start. Seitdem wurden 88.286 Fahrten registriert, zur Verfügung stehen aktuell 400 Fahrräder und 42 Verleihstationen.
Bricht man die Zahl der Ausleihen auf die Zahl der Stationen und der Fahrräder herunter, ergibt sich ein relativ niedriger Auslastungsgrad:
- Pro Verleihstation und Tag wurden im Schnitt lediglich drei Ausleihen getätigt.
- Pro Tag wurde im Schnitt 123mal ein Rad ausgeliehen, über zwei Drittel der 400 verfügbaren Räder stehen damit den ganzen Tag still.
- Der Kundenkreis (Anzahl der Personen, die sich die Verleih-App heruntergeladen haben) umfasst zwei Jahre nach dem Start 4.200 Personen, d.h. zwei Prozent aller Linzer haben bislang eines der Leihräder via App benutzt.
Die Fahrtdauer beträgt bei 94 Prozent der Ausleihen maximal eine halbe Stunde. Die ersten 30 Minuten der ersten Fahrt pro Tag ist gratis, jede weitere Fahrt (bzw. ab der 31. Minute) kommt auf 4 Euro pro Stunde.
Dass der Radverleih ein gutes Geschäft ist, ermöglichen u.a. große Werbedisplays, die von der City Bike Linz Rental Service GmbH (die wiederum der SPÖ-nahen Gutenberg Werbering Gmbh gehört) direkt bei den Verleihstationen betrieben werden. Kritiker vermuten, dass der Radverleih eigentlich nur ein Vehikel für die Vermarktung der prominent situierten Werbeflächen sei.
Nun soll die zweite Ausbaustufe des City Bike-Fahrradverleihsystems in Angriff genommen werden. Konkret geplant sind zehn neue Standorte im Linzer Osten und vor allem im Kaplanhof- und Hafenviertel.
Kommentar
Keine Frage: Der 2021 eingeführte Linzer Radverleih ist ein wichtiger Baustein in Richtung sanfte Mobilität, der weitere Ausbau macht daher durchaus Sinn. Schwierig wird es, wenn es als Konkurrenzzusätzlich die überall herumliegenden E-Scooter gibt, die noch dazu auch an jedem Ort abgestellt werden können, während die Räder zwingend bei einer Ausleihstation (die man erst wieder suchen bzw. vor der Fahrt einplanen muss) abstellen kann.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Aufmachung der Leihräder: Für größere Personen sind sie aufgrund ihrer Geometrie kaum zu lenken, die Optik mit der vielen Werbung wirkt alles andere als lässig oder cool (warum keine echten City Cruiser?). Andere Städte setzen zudem schon längst auf ein Verleihsystem mit E-Bikes, Linz hinkt hier noch etwas nach.
Und die Sache mit dem massiven Verkauf des öffentlichen Raums als Werbefläche – noch dazu an ein parteinahes Unternehmen ist eine eigene Geschichte, die aber offensichtlich niemandem im Gemeinderat juckt…