Ein wild lebender Kapuzineraffe im Hessenpark, zwei Delphine in einem 100.000 Liter-Wasserbecken am Jahrmarktgelände, 600 aus China importierte Graskarpfen, drei Elefanten, die von den Kinderfreunden zum allgemeinen Amusement nach Linz geholt wurden und ein Kalter (Weltraum)Krieg zwischen USA und Russland auf Linzer Boden: Das sind nur einige der seltsamen Vorkommnisse, die sich vor genau 50 Jahren in unserer Stadt zugetragen haben. Vorhang auf für einen skurrilen Rückblick ins Linz von 1971:
Frei lebender Kapuzineraffe im Hessenpark
Im Herbst 1970 riss ein Kapuzineraffe aus einer Tierhandlung in der Humboldtstraße aus. Das Tier konnte trotz vieler Bemühungen – sogar die Feuerwehr der Stadt Linz musste mehrmals ausfahren – nicht mehr eingefangen werden. Kapuzineraffen leben eigentlich in den Tropen Südamerikas. Dem „Linzer Affen“ schien jedoch der mitteleuropäische Winter nicht viel anzuhaben, das Tier konnte bis Februar 1972 – also ein halbes Jahr lang – immer wieder in der Umgebung des Hessenplatzes beobachtet werden.
Ziemlich fragwürdige Delphinschau
Vom 10. bis 27. Juni 1971 gastierte die „Miami Dolphin Show“ aus den USA am Jahrmarktgelände. Zwei Große Tümmler, untergebracht in einem relativ kleinen 100.000 Liter fassenden Becken, begeisterten mit ihren Kunststücken damals die Zuschauer. Tierschutz war 1971 auch in Linz noch kein wirkliches Thema…
Elefantenreiten
Die Linzer Kinderfreunde setzten am 5./6. Juni 1971 am Bulgariplatz und am Hartmayrgut drei Elefanten für Vorführungen und zum Kinderreiten ein. Das mit großer Begeisterung aufgenommene Programm fand am zweiten Tag einen unerfreulichen Abschluss, als ein sechsjähriges Mädchen von einem Elefanten umgestoßen wurde. Das Kind, das einen Beinbruch und Hautabschürfungen erlitt, wurde ins Allgemeine Krankenhaus gebracht.
Graskarpfen-Import aus China
Um der vielen Wasserpflanzen des überdüngten Pichlinger Sees Herr zu werden, wurden im Sommer 1968 etwa 600 Graskarpfen eingesetzt. Die Tiere stammten aus den Flusssystemen des Amur, Hoangho und Jangtsekiang. Zur Zeit ihres Einsetzens wogen die Fische maximal ein Kilogramm, bis 1971 wuchsen sie bis zu sechs Kilogramm heran. Ihr Appetit war so groß, dass 150 von ihnen im Sommer 1971 zum Fang freigegeben wurden, damit sich die Wasserpflanzen wieder erholen konnten.
Raumfahrt: „Kalter Krieg“ in Linz
Im Februar fand in der Allgemeinen Sparkasse in Linz eine große Raumfahrt-Ausstellung statt. Die Schau vermittelte einen Überblick über die Entwicklung der Raketentechnik, speziell über das amerikanische Raketenprogramm. Außerdem wurden Raumfahrtutensilien verschiedener Art – vom Astronautenanzug der NASA bis zum Weltraumkugelschreiber – gezeigt.
Als Gegenpol fand im Kongresssaal der (roten) Arbeiterkammer eine „Sowjetische Weltraumausstellung“ der Akademie der Wissenschaften der UdSSR statt. Dazu wurden kostbare Exponate in sechs Waggons von Moskau nach Linz gebracht – vom legendären Sputnik 1 bis zum von der Erde aus gesteuerten Mondauto Lunochod. Auch der sowjetische Kosmonaut Oberst Pawel Popowitsch war anwesend, 52.000 Besucher stürmten die russische Ausstellung.
Brückenpfeiler-Reste aus dem Jahr 1500
Ende 1971 standen zwei Spezialschiffe wochenlang bei der Nibelungenbrücke, ausgestattet mit Greifzange und einem Schild zum Schutz arbeitender Taucher. Hintergrund: Es mussten über 100 Piloten vom Grund der Donau entfernt werden, die zum Teil vom Bau der Nibelungenbrücke (1941), aber auch dem Bau der früheren Eisenbrücke und sogar noch der alten Holzbrücke (errichtet um 1500) stammten. Diese dicken Holzstämme und Pfähle waren jeweils nach dem Bau der Brücken am Stromgrund abgeschnitten worden und wuchsen in den Jahren danach infolge der Eintiefung der Donau heraus, wodurch sie speziell bei niedrigem Wasserstand eine Gefährdung für die Schifffahrt darstellten.
Ein UFO über Linz
Ein schillerndes Flugobjekt in Form einer dreiseitigen Pyramide, das sich mehrere tausend Meter über Linz langsam in westlicher Richtung bewegte, wurde am Morgen des 8. Juli 1971 von Linz aus beobachtet. Der Flugkörper, der auch auf Radarschirmen registriert wurde, löste sogar das Aufsteigen von Erkundungsflugzeugen des Bundesheeres aus, konnte aber wegen zu großer Höhe nicht identifiziert werden. Zuständige Stellen in Wien, Oberösterreich und Salzburg vertraten die Ansicht, es handelte sich um eine von einer Wetterforschungsstation ausgeschickte Radiosonde. Das Ursprungsland konnte jedoch nicht eruiert werden, was die Spekulationen noch wochenlang anheizte.
Baumrettung bei der Errichtung der Linzer Sporthalle
Unglaublich, aber wahr: Baumrettung war bereits vor 50 Jahren in Linz ein Thema. Vom Vorplatz des Linzer Stadions in der Ziegeleistraße wurden im Februar 1971 über 25 rund zwölf Jahre alte Platanen und Ahorne auf Lastwagen in das Wasserschutzgebiet Scharlinz transportiert und dort wieder eingesetzt. Die Bäume mussten der Linzer Sporthalle Platz machen, die direkt vor dem Stadion gebaut wurde. Die Halle bot bei ihrer Eröffnung 3.000 Zuschauern Platz und wich der 2003 eröffneten TIPS Arena.
Erstes Dach für das Linzer Stadion
Ende Juni 1971 wurde die erste Überdachung der Sitzplatztribüne des Linzer Stadions, eine Dachkonstruktion mit Stützen, vollendet. Damit waren die etwa 4.200 Sitzplätze vor Niederschlägen geschützt. Die Schwierigkeiten beim Bau der Überdachung bestanden vor allem darin, dass diese nachträglich und ohne Zusammenhang mit der eigentlichen Konstruktion der Sitzplatztribüne gebaut werden musste.
Linz geht baden
Am 1. Oktober 1971 wurde mit dem Abbruch des Militärschwimmbeckens und des alten Sportbeckens im Linzer Parkbad begonnen. Die beiden Becken mussten dem Bau des 45 Meter hohen, heutigen Arcotels weichen. Es war nicht die einzige Bäderbaustelle des Jahres 1971: Mitte Dezember wurde mit den Aushubarbeiten für den Bau des Bezirkshallenbades Hummelhof begonnen. Es wurde neben dem bestehenden Freibad Hummelhof errichtet.
Hitzerekord
Während einer längeren Hitzeperiode in Mitteleuropa wurde vom Wetterdienst in Hörsching am 7. August 1971 ein Hitzerekord von 35,4 Grad verzeichnet. Diese Lufttemperatur wurde bis dahin in Linz im vorigen Jahrhundert nur an drei Tagen überschritten: 37,6 Grad am 5. Juli 1950, 37,4 Grad am 6. Juli 1957 und 36,2 Grad im August 1943 – heute sind Temperaturen über 35 Grad hingegen fast schon Alltag.
18.469 Linzer Hühner
1971 spielte die Landwirtschaft auf Linzer Boden noch eine weit größere Rolle als heute. Eine im Linzer Stadtgebiet durchgeführte Viehzählung brachte folgende Ergebnisse: Pferde 132, Rinder 1374, Schafe 86, Ziegen 57, Schweine 2683, Gänse 25, Enten 129, Truthühner 47, Hühner 18.485. Alle Zahlen gingen zurück, lediglich jene der Pferde im Stadtgebiet stieg gegenüber der letzten Viehzählung. Dies war auf die steigende Begeisterung der Linzer für den Pferdesport zurückzuführen.
Quelle/Infos: zobodat