„Bitte macht euch das Leben nicht unnötig schwer und seid nicht so streng“, empfiehlt eine leitende Magistratsangestellte ihren Mitarbeitern, bei der Ausstellung von Aktivpässen großzügiger zu sein. Die Empfehlung scheint jedenfalls zu wirken: Linz ist österreichischer Spitzenreiter, was die Ausgabe von Aktivpässen betrifft. Ein Vergleich mit anderen Städten, wo es ähnliche Initiativen gibt, belegt den ausufernden Gebrauch dieser eigentlich für sozial Bedürftige gedachten Idee. In Linz ist die Zahl der Aktivpass-Besitzer über viermal so hoch wie in Wien und fast siebenmal so hoch wie in Graz.
Nur etwas mehr als fünf Prozent aller Wiener nutzen den dortigen „Mobilpass“, die Grazer „Sozialcard“ wird von 3,44 Prozent der Bewohner in Anspruch genommen. In Linz sind es mittlerweile über 21 Prozent aller Bewohner, die den Aktivpass nutzen. Das verwundert nicht, denn der Ausweis wird in Linz relativ leichtfertig ausgestellt. In den letzten zehn Jahren hat sich in Linz die Zahl der Aktivpass-Besitzer verdreifacht.
Graz stellt neue Regeln auf
In Graz wurde die SozialCard zum Jahreswechsel reformiert: Für den Erhalt ist nun ein durchgehender Hauptwohnsitz von einem Jahr (bisher sechs Monate) in der Stadt Graz Voraussetzung. Diese Regelung gilt für Staatsbürger und EU- bzw. EWR-Bürger. Für Drittstaatsangehörige gilt neben der 12-monatigen Meldung in Graz auch die zusätzliche Voraussetzung, dass ein rechtmäßiger, fünfjähriger Aufenthalt in Österreich nachgewiesen werden muss. Diese zusätzliche Verpflichtung entfällt, wenn die betreffende Person ein entsprechendes Sprachniveau (A2) und einen absolvierten Werte- und Orientierungskurs nachweisen kann.
In Wien gilt das Gesamteinkommen als Bemessungsgrundlage, den dortigen Mobilpass können zudem nur Bezieher der Mindestsicherung oder einer Pension mit Ausgleichszulage beziehen, während in Linz eine Bemessungsgrundlage von EUR 1.229.- netto/Monat gilt. Jede/r Gatte/in eines Top-Verdieners ist ebenso bezugsberechtigt wie wohlhabende Menschen, die nicht oder nur halbtags arbeiten.
Für Kopfschütteln sorgt auch die interne Anweisung eines Vorgesetzten an die Mitarbeiter des Magistrats, dass man bei der Vergabe des Aktivpasses „nicht so streng sein und sich nicht das Leben unnötig schwer machen“ solle. „Der Aktivpass ist zweifelsohne eine äußerst positive Errungenschaft, der aber dringend reformiert werden muss. Einerseits muss Missbrauch rigoros abgestellt und anderseits die soziale Treffsicherheit unter die Lupe genommen werden“, fordert der Sozialsprecher der Linzer FPÖ, Manfred Pühringer.
Mittlerweile tritt auch die SPÖ für eine Reform des Aktivpasses ein, während die Grünen für eine Beibehaltung des Modells sind: „Durch die FPÖ-Forderung, die Bemessungsgrundlage vom Einzel- auf das Haushaltseinkommen umzustellen und an die Grenzen der Wohnbeihilfe anzupassen, würde die Zahl der Berechtigten massiv sinken. „Das bedeutet eine weitere Absage an das selbstbestimmte Leben von Frauen. Diese sollen offenbar in die Abhängigkeit von Männern zurückgedrängt werden“, gibt sich die grüne Sozialsprecherin Marie-Ewige Hartig kämpferisch.