Von „subjektiver Wahrnehmung“ und dass die Leerstandsdebatte in der Linzer City nicht den objektiven Fakten entspräche, spricht der Linzer Wirtschaftsreferent Klaus Luger. Wer allerdings mit offenen Augen durch die Stadt geht, dem präsentiert sich ein ganz anderes Bild.
Bei einem Spaziergang zwischen Hauptplatz und Goethekreuzung haben wir 14 leerstehende oder geschlossene Geschäftslokale registriert – die Seitenstraßen gar nicht mitgezählt. Natürlich soll/kann man bei so einer Untersuchung auch alle Einkaufszentren fernab der Landstraße mitzählen (aber andere Bereiche dafür nicht) und so am ersten Blick auf eine geringe Leerstandsquote von 4,1% kommen, aber ganz den Tatsachen entsprechend ist das halt nicht.
Was einmal mehr ausgeklammert wird: Nicht nur die Landstraße zwischen Taubenmarkt und Schillerpark, auch der nördliche und südliche Ausläufer davon gehört zur City. Beide Bereiche bleiben auch beim gerade in Arbeit befindlichen Innenstadt-Konzept unbeachtet – als ob etwa die Hauptstraße, keine 500m vom Hauptplatz entfernt – keine Innenstadt wäre.
Gerade in dieser Hauptstraße Urfahr ist der Leerstand dramatisch hoch, die wichtigste Einkaufsstraße nördlich der Donau verödet zusehends – vor allem, weil die Lentia City sämtliche Kaufkraft an sich zieht – und auch die seit Jahrzehnten versprochene Umgestaltung der Hauptstraße ein ums andere Mal auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird.
Und die Wiener Straße zwischen Musiktheater und Herz Jesu-Kirche besteht gefühlt nur noch aus Wettbüros, Multikulti-Shops und immer wieder Leerstand. Beide Straßenstriche werden von der Stadt Linz seit Jahrzehnten sträflich ignoriert, der gesamte Fokus liegt auf der inneren Landstraße.
Seit die Straßenbahn auf der Wiener Straße unter die Erde verlegt wurde, hat sich das dortige Bild dramatisch verändert. Die Oberflächengestaltung war ein kompletter Griff ins Klo, statt mehr Aufenthaltsqualität wurden noch mehr Parkplätze geschaffen, zwischen Unionkreuzung und Musiktheater ist die dort viel zu breite Wiener Straße eine reine Renn- und Poserstrecke für jugendliche Autofahrer vornehmlich mit Migrationshintergrund, während die Radfahrer auf den schmalen Gehsteig verbannt wurden. Wo bleibt hier ein ernstzunehmendes Konzept und der Wille einer Aufwertung?
Kommentar
Dass bei diversen Untersuchungen über Leerstände in Innenstädten oder Frequenzzahlen gerne ein bisschen getrickst wird, ist kein Geheimnis. Bei manchen dieser Erhebungen haben zudem die Auftraggeber ein großes Interesse daran, dass die Zahlen entsprechend positiv sind.
Bei den Frequenzzahlen auf der Landstraße werden etwa immer nur die Spitzenwerte auf der Mozartkreuzung in den Fokus gerückt, und damit just dort wo besonders viele Schüler ein-, aus- und umsteigen – obwohl genau diese Schüler weder große Einkäufer sind noch wegen des Shopping-Feelings hier vorbeikommen.
Anderer Schauplatz: Auch bei den (vom Veranstalter erhobenen) Frequenzzahlen auf dem Urfahraner Jahrmarkt fällt auf, dass diese jedes Jahr annähernd gleich hoch sind, egal wie hoch die Preise steigen oder wie sich das Wetter während der Urfix-Woche präsentiert. Niedrige Besucherzahlen gibt es einfach nicht, auch wenn der Eindruck vor Ort ein ganz anderer ist.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Leerstand in der Linzer Innenstadt. Egal ob es jetzt nur 4,1 % sind oder doch um einiges mehr: Sich zurücklehnen und jede Kritik mit „subjektiver Wahrnehmung“ abzutun oder sogar lächerlich zu machen, ist Gift für eine dringend notwendige Weiterentwicklung und Neupositionierung, um mit dem Onlinehandel Schritt zu halten.
Ganz abgesehen davon sollte es nicht der Anspruch von Linz sein, zu jubeln, dass einige andere Citys schlechter dastehen, zudem hinkt ein Vergleich mit anderen, größeren oder kleineren Städten sowieso. Linz hat zum Beispiel nur einen Bruchteil des Tourismus von Salzburg, Innsbruck oder Wien, jeder Vergleich ist da eigentlich sinnfrei.
Dringende Empfehlung an die verantwortliche Politik: Einfach selber mal den gesamten Bereich der Linzer Einkaufsstraße von der Hauptstraße Urfahr im Norden bis zur Wienerstraße (Bulgariplatz) zu Fuß erkunden – und nicht nur stets den Bereich zwischen Hauptplatz und Schillerpark im Fokus haben. Wer dann noch immer keine Probleme sieht, sollte dringend einen Augenarzt aufsuchen.