Wer hätte das gedacht, dass der LASK fast genauso schnell, wie er sportlich in ungeahnte Sphären nach oben schoss, wieder in die Erdatmosphäre eintritt und zu verglühen beginnt? Immer öfters fehlt das Gespür für die richtigen Entscheidungen. Die gleiche Wellenlänge mit den Fans und der Öffentlichkeit ist völlig ohne Not verloren gegangen. Der (zweifellos nötige) Trainerwechsel behebt die wirklichen Probleme des Klubs aber nicht.
Problem 1: die Einkaufspolitik
Dass man den besten und wichtigsten Spieler im gesamten Vereinsgefüge drei Tage vor dem ersten Meisterschaftsspiele verkauft und ziehen lässt: ein absolutes Unding. Es zeigt aber möglicherweise auch, dass Kapitän Gernot Trauner den Braten gerochen, den erreichten Zenit oder auch die Unwucht innerhalb des Klubs wahrgenommen hat.
In der letzten Zeit wurden fast im Wochenrhythmus neue Spieler geholt – unter welchen Gesichtspunkten, vor allem aber, ob diese Charaktere und Typen zum Umfeld und zum Verein passen, war fraglich. Ein eingeschweißtes Team wird so unnötig auf die Probe gestellt. Die Einkaufspolitik wirkte nicht durchdacht, sondern „tagesaktuell“. Einer geht, einer kommt: So geht eine ordentliche Kaderplanung freilich nicht.
Problem 2: Die Sache mit den Trainern.
Völlig ohne Not hat man sich im Sommer 2020 vom charismatischen Erfolgstrainer Valerien Ismael getrennt. Der Franzose ist aktuell bei West Bromwich tätig, wo er mit einem Punkteschnitt von 2,0 pro Spiel die englische zweite Liga anführt. Auch in Linz hatte der charismatische Franzose einen Schnitt von 1,98 Punkten zu Buche stehen – zu wenig für den LASK, der (noch) mehr wollte – und das möglichst schnell.
Statt Ismael holte man dann das absolute Greenhorn Dominik Thalhammer, Downgrading im besten – oder besser gesagt schlechtesten Sinn. Bei allem Respekt: Als (auch als öffentliche Person eher farbloser) Frauenfußballtrainer spielt man in einer völlig anderen Liga – und hat einfach nicht das Rüstzeug für den Coach der damals zweitbesten Fußballmannschaft Österreichs. Das ist nicht despektierlich gemeint, sondern ist einfach so. Was den LASK im Sommer 2020 geritten hat, weiß keiner.
Und auch das mittlerweile bis zum Geht-nicht-mehr aufgeblasene Trainerteam mit Laptops und iPad-Herumgereiche am Trainerbankl samt Zu-Tode-Analysieren jeder einzelnen Szene – Stichwort „Expected Goals“ – zeigt, dass man sich immer weiter vom tatsächlichen Kern der Sache entfernt hat. Dieses endlose, pseudoakademische Geschwurbel nach jedem Spiel hat mit Fußball nix mehr zu tun, sondern ist – Achtung Ohren zuhalten – Hirnwixerei im übelsten Sinn. Spielt endlich wieder Fußball!
Problem 3: der allmächtige Vorstand.
Präsident Siegmund Gruber ist ein Macher, der sein Ding ohne Kompromisse durchzieht. Nach außen hin bekommt von ihm fast jeder freundliche Nasenlöcher zu sehen. Ist man aber nicht auf seiner Linie oder gibt’s Zweifel, kann es ungemütlich werden. Einerseits gut, wenn jemand die Zügel in der Hand hält und aufs Tempo drückt, auch der Fußball braucht Macher. Andererseits lebt ein Verein vom Gemeinsamen, bei dem viele Köpfe und vor allem die vermeintlich „kleinen“ Fans eine große Rolle spielen.
Symptomatisch: Auch in der Gruppe der Freunde des LASK gab es in den letzten Jahren einen strammen Mitgliederwechsel, wobei mehrmals die Art der Vereinsführung und der Umgang mit „Andersdenkenden“ der Hauptgrund gewesen sein soll.
Und der jetzige „Freundeskreis“? Es gibt mittlerweile um die zehn verschiedenen LASK-GmbHs, die alle untereinander verbandelt sind – und wo einige der Freunde des LASK Positionen innehaben. Durchschaubar ist dieses Konstrukt kaum noch – ebenso wenig ist nachvollziehbar, wozu man diese vielen GmbHs überhaupt braucht.
Es bräuchten auch hier eine offene, transparente Vereinspolitik. Dass der LASK – wie alle anderen Klubs – längst kein Verein im klassischen Sinn mehr ist, ist klar (und auch eine Liga-Vorgabe). Ebenso, dass Geld verdient wird bzw. werden soll. Das ist nix Ehrenrühriges. Was fehlt, ist die offene, ehrliche Kommunikation darüber.
Auch vermeintliche Nebensächlichlichkeiten wie die Wahl der Dressenfarbe wollte man ohne Einbindung der Fans durchziehen. Dabei wäre es gerade da ein Leichtes, die Leute mitzunehmen, statt drüberzufahren. Der Abstand zwischen Anhängern und grünem Rasen ist im Paschinger Waldstadion winzig, zwischen Fanblock und Siegmund Gruber scheint er mittlerweile teilweise unüberwindbar groß. Wenn nach so kurzer Zeit der Kontakt verloren geht oder so tiefe Risse bekommt, verheißt das für die Zukunft nichts Gutes.
Problem 4: die LASK-Arena
Beim Stadionprojekt zeigt sich gut, wie das System LASK funktioniert. Alles wird im Hintergrund intern ohne Öffentlichkeit und Information nach außen geplant, ausgeschrieben und ausgemacht. Lange wusste etwa keiner Bescheid, wie hoch die tatsächlich Baukosten überhaupt sind. Jetzt tappen alle im Dunkeln, ob und wann der Baustart erfolgt. Transparenz und offenen Kommunikation wären gefragt, die gibt’s aber nicht. Und dass der LASK für seine Europacup-Spiele ins 300 Kilometer entfernte Klagenfurt ausweichen muss, soll u.a. auch an der fehlenden Gesprächsbasis mit anderen Klubs liegen. Mittlerweile liegt der LASK völlig unnötig mit der halben Liga im Clinch, einen Beliebtheitswettbewerb würde man unter Österreichs Fußballfans derzeit wohl kaum gewinnen. Und man treibt die Sache auch noch unnötig an, weil man beim Publikwerden des einen oder anderen Missstandes sofort Rapid Wien oder Red Bull als „Anzünder“ der jeweiligen Geschichte ausmachte, statt sich mal hinzustellen und ehrlich zu sagen: „Ja, war ein Fehler, dumm gelaufen.“
Problem 5: die Medien
Dass der LASK eine solche Schieflage bekam, liegt auch am fehlenden Regulativ der Medien. Die OÖN sind wie LT1, Life Radio und die Rundschau (teilweise zahlender) Medienpartner des LASK, mit Kritik tut man sich da naturgemäß sehr schwer. Wenn etwas kritisiert wird, geht man höchstens auf das schwächste Glied, den Trainer los. Der Vorstand und die Freunde des LASK scheinen hingegen unantastbar.
Und bei der OÖ Krone sitzt mit Sportchef Georg Leblhuber ein fast schon „hündisch treuer“ (Copyright Rudi Fussi) Journalist, der aufgrund seines persönlichen Naheverhältnisses bis heute keinen einzigen kritischen LASK-Bericht (ausgenommen über den Trainer) zustandebrachte. Ja mehr noch: Läuft etwas schlecht oder gibt es irgendwo Kritik am Vorstand, werden auch von ihm sofort die beiden Wiener Vereine oder der Konkurrent aus Salzburg als Urheber verortet.
Beim holprig verlaufenden Stadionprojekt gab es bis dato ebenfalls kein einziges kritisches Wort vom Linzer Krone-Sportchef. Als es in Sachen Spielervermittlungen und Transferrechte zu angeblichen Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll, duckte sich Leblhuber weg und schrieb wochenlang keine Zeile, Kollegen aus Wien mussten die vermeintliche „Drecksarbeit“ übernehmen.
Wie die Sache weitergeht? Beim LASK ist man es mittlerweile gewohnt, dass sich der Klub alle paar Jahre selbst ins Knie schießt. Siehe Reichel, Molnar oder Jungbauer. Bei Siegmund Gruber und seinem Team hatte man den Eindruck lange nicht, zu souverän (manche sagen abgehoben) wurde agiert. Endlich ging was weiter, Aufbruchstimmung inklusive sportlichem Erfolg, den man aber unverständlicherweise immer weniger zu schätzen wusste. Man wollte noch mehr – und das so schnell wie möglich. Da war sogar der eingangs erwähnte Valerien Ismael urplötzlich zu schlecht geworden.
Wenn man aber die Fans, die Leute vom Stehplatz, aber auch die anderen Vereine und die Öffentlichkeit nicht mitnimmt, sondern nur beinhart „sein Ding“ durchzieht und alles hinter verschlossenen Türen regelt, wie man es einzig und allein selbst für richtig hält, bleibt vieles auf der Strecke. Am Ende vielleicht sogar der LASK selbst.
Ein Trainerwechsel, der wohl unausweichlich war, ist nur ein Pflaster auf eine dafür viel zu große Wunde. Wenn man beim LASK nicht umdenkt, sich endlich mehr öffnet und den immer einsameren Soloritt beendet, wird die Zukunft eher schwarz als weiß.