Mit dem geringsten Wahlkampfbudget zog MFG Ende September 2021 mit drei Mandaten und 6,23 Prozent in den Oö. Landtag ein. Zwei Jahre später zieht Klubobmann Manuel Krautgartner im LINZA Talk Bilanz.
Zwei Jahre im Oö. Landtag: Im Rückblick: War es eine gewonnene oder verlorene Zeit? Als kleine Fraktion kann man ja kaum etwas bewegen.
Es war eine absolut gewonnene Zeit – etwa wenn ich daran denke, was wir in der Coronazeit geleistet haben und wie vielen Menschen wir damals Hoffnung geben konnten. Auch durch unseren Widerstand konnte die Impfpflicht abgewendet werden.
Und abseits des Corona-Themas?
Wir konnten unzählige Vorschläge und Ideen einbringen, in Summe waren es an die hundert Anträge zu allen relevanten Themen – etwa dem Strompreisdeckel, der aus einer unserer Initiativen resultierte. Am Ende des Tages verkauft aber die Regierung alles als ihre Ideen – und die Medien hinterfragen das nicht.
Was hat Sie im Landtag am positivsten überrascht – und was missfiel Ihnen am meisten?
Am meisten missfiel mir die Machtgeilheit, das vor allem von der ÖVP gerne praktizierte „Drüberfahren“ und die gleichzeitige Ohnmacht der Opposition. Im Landtag werden – etwa in Sachen Budget – Scheindebatten geführt, obwohl im Hinterkammerl alles längst ausgemauschelt ist. Das ist ekelhaft. Positiv hat mich gestimmt, dass es von Abgeordneten anderer Fraktionen vor allem hinter den Kulissen immer wieder jede Menge Zustimmung gab und uns zu unserer vernünftigen Politik mit Herz & Verstand gratuliert wird.
Können Sie mit der Zuschreibung „Protestpartei“, als die MFG von Anfang an geframed wurde, etwas anfangen?
Absolut, wir sind ja auch aus einem Protest heraus entstanden und das ist etwas Positives. Erst aus Widerspruch und Protest entstehen neue Ideen und neue Möglichkeiten.
Haben Sie persönlich auch die negativen Seiten der Politik erlebt – Hass-Mails, Drohungen, Beschimpfungen?
Ja, es gab gegen uns auch persönliche Drohungen, nur reden wir nicht öffentlich drüber so wie andere. Solche Momente bewältigt man nur durch den Rückhalt der Familie.
„Bei uns gibt es nichts zu holen, wir haben auch keine lukrativen Jobs zu vergeben, also gibt es auch wenig Präsenz, so einfach und so grauslich ist das Geschäft.“
Kleine Parteien, die sich dazu als „Widerstandspartei“ verorten, haben‘s traditionell schwer – speziell in Sachen Medienpräsenz. Spüren Sie das auch?
Natürlich spüren wird das täglich, das ist ja auch in anderen Ländern so, dass die Hand, die die Medien füttert, nicht gebissen wird. Bei uns gibt es nichts zu holen, wir haben auch keine lukrativen Jobs zu vergeben, also gibt es auch wenig Präsenz, so einfach und so grauslich ist das Geschäft. Gottseidank gibt es aber noch Medien, die eine breite Meinungsvielfalt anbieten. Aber wie man sieht, ist auch so vieles möglich – siehe 2021, wo wir sogar NEOS hinter uns lassen konnten – und das fast ganz ohne Wahlkampfbudget. Man ignoriert uns aber auch heute noch – und das ist offensichtlich gesteuert.
Oft gibt es den Vorwurf, das MFG-Kernthema ist weg, damit auch die Daseinsberechtigung.
Ich halte das für absurd. Wir haben an die 100 Anträge zu allen relevanten Themen eingebracht. Wenn es dann wie von den OÖN den Vorwurf gibt, wir hätten keine Inhalte, ist das fast schon bösartig.
Die Politverdrossenheit konnte MFG aber auch nicht stoppen.
Ja, die Politikverdrossenheit hat eine unaufhaltsame Dynamik entwickelt, leider aber auch zurecht. Das liegt daran, dass die Menschen dieser allmächtigen Politikergeneration – von Sobotka, Ludwig bis hin zu Nehammer und Stelzer – die Nase voll haben. Solche Leute werden mittelfristig nicht mehr genug Wählerstimmen holen können, um ihre Allmacht zu erhalten. Aber ich bin Realist genug, um zu wissen, dass das noch eine Generation dauern wird. Der gesamte Beamtenapparat ist durchzogen von ÖVP- und SPÖ-Günstlingen. Solange diese Strukturen in dieser Form bestehen, ist ein „System Change“ schwierig.
Die FPÖ sieht viele MFG-Punkte ähnlich – von Corona über direkte Demokratie bis hin zur Kritik an den Russland-Sanktionen. Wo sind die Unterschiede?
Wir sind keine jahrzehntelangen Berufspolitiker, sondern kommen direkt aus dem Volk. Es geht auch nicht um gemeinsame Schnittmengen, weil jede Partei auch gute Ideen hat. Aber ab dem Zeitpunkt, an dem die FPÖ in die Regierung wechselt, verrät sie ihre Werte. Siehe Manfred Haimbuchner, der mit seiner Fraktion sogar das Demonstrationsrecht einschränken wollte. Verrückt!
In Deutschland geriet der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, in die Kritik, weil er „die Demokratie zurückholen“ wollte. Ist sie bei uns auch „weg“, die Demokratie?
Solange Oppositionsparteien so behandelt werden wie derzeit – damit meine ich explizit auch das mediale Totschweigen, ist die Demokratie absolut in Gefahr. Statt die Opposition in ihrer Arbeit zu unterstützen, Widerspruch zuzulassen, die Mächtigen zu kontrollieren und die Menschen über unterschiedliche politische Ansichten zu informieren, macht man oppositionelle Kräfte schlecht und stellt sie in irgendein Eck. Insofern gibt es demokratiepolitisch einiges „zurückzuholen“.