Erschreckende Zahlen liefert der Linzer Kontrollamtsbericht über die sog. „Aktenaffäre“ zutage, von dem jetzt erste Details durchsickerten. Zwischen 2010 und 2017 wurde von 23.363 Anzeigen fast ein Viertel (23%) eingestellt. Signifikant ist dabei die Anzahl der Verjährungen wegen ‚ohne erkennbarem Verwaltungshandeln‘: Von den Finanzbehörde-Anzeigen wurden etwa 2015 fast 43 Prozent ohne jede Bearbeitung eingestellt.
Eine genaue Höhe der entgangenen Beträge für die öffentliche Hand ist aufgrund vieler Faktoren nicht möglich, einige Beispiele geben aber einen Einblick, dass es sich um beträchtliche Summen handelt. Durch die Verjährungen entgingen einige Firmen teilweise empfindlich hohen Strafen. Eine Montagefirma etwa fasste zehn Anzeigen aus, neun davon wurden aufgrund von Verjährung eingestellt. Entgangener Strafbetrag: 151.500 Euro. Ein anderes Unternehmen, die „Baustahlfirma S.“ freute sich über elf eingestellte (weil verjährte) Anzeigen und ersparte sich so 57.600 Euro.
21 Anzeigen, 21mal „ohne Aktivität“ verjährt
Das „Isolierunternehmen A.“ fasste 21 Anzeigen in Höhe von 25.000 Euro aus, musste aber aufgrund von verjährungsbedingten Einstellungen keinen einzigen Euro davon bezahlen. Der Strafrahmen bei den genannten Firmen bezog sich dabei immer auf das Mindestmaß. Durch die Verjährungen konnte aber bei einer etwaigen Wiederholungstäterschaft kein höherer Strafrahmen angesetzt werden, wodurch zumindest theoretisch ein weit beträchtlicherer Schaden entstand.
Klaus Luger als oberster Kopf des Magistrats in der Kritik
Der Kontrollamtsbericht kommt zu folgendem Schluss: „Eine adäquate und proaktive Einbindung der politischen Ebene (Herr B als zuständiges Organ) in die zunehmend kritische Situation erfolgte in der Vergangenheit offensichtlich nicht“, sagt gleichzeitig aber auch: „Innerhalb der befassten Führungsebenen im Magistrat wurden sowohl die Holschuld als auch die Bringschuld hinsichtlich relevanter Daten, Informationen und Unterlagen nur unzureichend erfüllt.“ Sowohl ‚bottom-up‘, als auch ‚top-down‘ sei zu wenig proaktiv informiert worden, gleichzeitig seien auch „steuerungsrelevante Informationen top-down kaum angefordert bzw. nachgefragt worden“ – eine Aussage, die auch Bürgermeister Luger als obersten Kopf des Magistrats belastet. Und weiter heißt es: „Auf Anzeichen der zunehmenden Verschärfung der Arbeitslastsituation (gesetzliche Änderungen, gesteigertes Anzeigenaufkommen der Finanzpolizei etc.) wurde völlig unzureichend und unangemessen reagiert.“
Parallelen zum SWAP-Skandal
Felix Eypeltauer, Vorsitzender des Kontrollausschusses, sieht die Rolle von Bürgermeister Luger ebenfalls problematisch: „Im Magistrat herrscht ein unvorstellbares Chaos. Das gibt’s nicht, dass das alles unter den Augen des Bürgermeisters ein Dauerzustand war. ‚Nichts gewusst‘ – dieselbe Story wurde uns auch rund um den SWAP-Deal aufgetischt. Was weiß der Bürgermeister dann eigentlich überhaupt über den Magistrat, dem er vorzustehen hat?“