Es wird immer absurder: Jetzt folgt der neueste Streich der „Klimahauptstadt“ Linz – ein „Hitzenotfallplan“. Damit will man „vulnerable Personengruppen identifizieren“, ein „Hitzewarnsystem implementieren“, „Kühlzentren identifizieren“, einen „Stadtplan kühler Orte entwickeln“ und „relevante Akteur*innen vernetzen“… Kostenpunkt: 100.000 Euro. Die Glaubwürdigkeit von Linz in Sachen Umwelt- und Klimaschutzbemühungen bleibt damit auf dem Nullpunkt.
Erst vor wenigen Tagen wurden unter Mitwirkung von Bürgermeister Klaus Luger Pläne präsentiert, nach denen zehn Hektar Grünland nördlich der Kepler Uni in Bauland umgewidmet werden sollen. Bereits davor gab es mehrere weitere Anschläge oder Versuche, den Linzer Grüngürtel anzuknabbern. Gleichzeitig wird die mit Abstand größte Linzer Hitzeinsel, das versiegelte Jahrmarktgelände, nicht angerührt, obwohl mit dem Projekt „Donauinsel“ ein fixfertiger (und eigentlich bereits beschlossener) Plan zur Entsiegelung seit Jahren in der Schublade liegt. Und dass vor wenigen Wochen von Luger & Co. auch noch die „Linzer Klimastrategie“ präsentiert wurde, würde sogar als Monty Python-Sketch durchgehen.
Apropos schwarzer (oder besser gesagt roter) Humor: Derselbe Bürgermeister Luger sagte noch am 7. November 2023 in einem doppelseitigen Interview mit der OÖ Kronenzeitung, es gäbe „Räume, die sakrosankt bleiben. Der Grüngürtel wird nicht verbaut, da werden Sie keinen Quadratmeter neuer Widmung finden.“ Das Geschwätz von gestern interessiert offensichtlich auch Linzer Stadtpolitiker wenig, die Klimahauptstadt biegt in die Warteschleife ein und muss noch etwas Kerosin ablassen, bevor die Landung erfolgen kann.
Traurig – oder besser gesagt entlarvend – auch die Rolle von Klimastadträtin Eva Schobesberger. Einem halbherzigen Protest zu den Umwidmungsplänen nördlich der JKU folgte wenige Tage später eine Pressekonfererenz, in der Schobesberger gemeinsam mit Klaus Luger lächelnd die Erstellung des erwähnten „Hitzenotfallplans“ präsentierte. Warum gibt man sich als Klimastadträtin für so eine gemeinsame Pressekonferenz nur kurz nach Bekanntwerden der XXL-Umwidmungspläne her? In Zeiten von Genderfluidität wären zwei Stück Eier in Schobesbergers Hose durchaus zumutbar.
„Das, was mit dem Linzer Grüngürtel passiert, ist respektlos und egoistischden nachfolgenden Generationen gegenüber.“
Zuvor bejubelte Schobesberger Placeobo-Maßnahmen wie die die (bis heute nicht zustandegebrachte) Begrünung der Rathaus-Fassade oder die Aufstellung von Kübelbäumen am Hauptplatz, die zuvor aus über 1.000km Entfernung mit dem LKW nach Linz gekarrt wurden: Das sind sie, die Latte Macchiato (mit Hafermilch)-Grünen der neuesten Generation. Mit den grünen Gründermüttern- und -vätern, die sich einst den Arsch in der Hainburger Au abfroren, hat das alles nix mehr zu tun.
Die Glaubwürdigkeit der Grüninnen, aber auch der SPÖ dümpelt in Sachen Klima- und Naturschutz mittlerweile im Parts per Million-Bereich herum.
Der tollpatschige Versuch des designierten Luger-Nachfolgers Dietmar Prammer, bei den Traunauen im Linzer Süden eine 13 Hektar große Grün-/Ackerfläche zu einem verplatteten PV-Feld umzuwidmen (in der völlig weltfremden Erwartung, dafür bejubelt zu werden), unterstrich einmal mehr, was vom fast schon inflationär verwendeten Begriff „Klimahauptstadt“ zu halten ist. Wer die Natur kaputt macht, um das Klima retten zu wollen, ist kein Retter.
„In den letzten 20 Jahren sank der Anteil an Grünland und Waldflächen in Linz um ca. zehn Prozent – oder fast 1.000 Hektar.“
Stadtrat Prammer berichtete zudem kürzlich stolz, dass Linz eh einen Grün- und Waldflächenanteil von 52 Prozent des Stadtgebiets habe. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn: Es geht rapide abwärts – das sagt zumindest ein Blick ins Archiv. In den letzten 20 Jahren sank der Anteil an Grünland und Waldflächen in Linz demnach um ca. zehn Prozent – oder fast 1.000 Hektar: In der stadteigenen Publikation “Linz in Zahlen” wurden für das Jahr 2004 exakt 5.937 Hektar als Grünland und Wald ausgewiesen – oder 61,2 Prozent des 96 km2 großen Stadtgebiets.
Im letzten Juni verkündete Planungsstadtrat Dietmar Prammer den aktuellen Stand der Grün- und Waldfläche: Es seien 5.014 Hektar – das entspricht nur mehr 52,0 Prozent der Fläche der Landeshauptstadt. “Mehr als die Hälfte des Stadtgebiets ist Grünland, die Flächenwidmung garantiert, dass Linz lebenswert bleibt”, so Prammer damals. Und jetzt: ein weiterer Anschlag auf den Grüngürtel mit weiteren zehn Hektar Grünland, die umgewidmet werden sollen.
Man muss weder Klimafanatiker noch Klimaleugner sein, um diese Entwicklung abstoßend zu finden. Auch nachfolgende Generationen haben ein Recht darauf, noch in 20, 30 oder 50 Jahren einen unberührten Grüngürtel vorzufinden – oder entsprechende Landreserven zur Stadtentwicklung zur Verfügung zu haben. Das, was mit dem Linzer Grüngürtel passiert, ist gelinde gesagt respektlos und egoistisch. Baut euch eure Denkmäler woanders – der (bereits versiegelte) Platz dafür ist vorhanden – etwa am Hauptbahnhof bei der zukünftigen PostCity.
Was viele schon längst vergessen haben: Hätte die Linzer SPÖ so gekonnt wie sie gewollt hätte, wäre auch der Pichlinger See schon längst verloren. Vor einigen Jahren wollte der LASK bekanntlich dort sein Stadion bauen – mit dem Einverständnis der Stadt, Mindestens 30 ha Grünland wären verloren gewesen. Erst durch den Druck der Bevölkerung und durch das Engagement einiger Bürgerinitiativen wurden die Pläne fallen gelassen. Vielleicht gelingt das ja wieder.