Über 200 Jahre alt und mehr als 1.000 Kilometer lang ist das Linzer Kanalnetz. Bis 1809 wurde der Großteil der Abwässer direkt über die Straßen entsorgt, ehe die ersten unterirdischen Kanäle erbaut wurden.
1809: Ein erster Kanal in Linz
Vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert werden die Abwässer aus den Häusern direkt in die sogenannten Reichen – Abstände zwischen den Häuserzeilen – ausgeleitet, von wo aus sie sich über die Straßen ergießen. Einmal im Jahr werden diese Reichen nächtens von Taglöhnern frei geschaufelt – ein echter „Drecksjob“. Nach und nach entstehen viele Sickergruben und 1809 auch ein erster Kanal – der Franzosenkanal unter der Promenade.
1868: Rudolf Linner attestiert schlechte hygienische Zustände
Im 19. Jahrhundert wird Linz wie viele andere Städte wieder von Cholera, Typhus und Tuberkulose heimgesucht. Der Grazer Ingenieur Rudolf Linner attestiert in seinem Gutachten 1868 die schlechten hygienischen Verhältnisse: Die vielen durchlässigen Jauchegruben und offenen Rinnsale verschmutzen das Grundwasser. Linner rät eindringlich zum Bau einer öffentlichen Kanalisation und Trinkwasserversorgung.
1876-1884: Die innere Stadt wird kanalisiert
Abwasser vor Trinkwasser: Nach der damals herr schenden „Bodentheorie“ von Max von Pettenkofer vermehrt sich die Cholera im verunreinigten Boden und gelangt mit der Atmung in den Körper. In Linz wird deshalb die Kanalisation vor der Trinkwasserversorgung in Angriff genommen.
Von 1876 bis 1884 wird der größte Teil der inneren Stadt kanalisiert. Die ersten Kanäle versehen bis weit in das 20. Jahrhundert ihren Dienst. Die Abwässer werden ungeklärt in den Fabrikarm der Donau (dort, wo heute das Parkbad ist) und – als dieser zusehends verlandet – direkt in die Donau abgeleitet.
1899: Bau des Entlastungs- und Vororte-Sammelkanals
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts werden auch die Vororte erschlossen.
Im Jahr 1900 ist die Linzer Kanalisation 38 km lang. Mit der Zeit wird das Kanalnetz immer länger und dichter. 1950 ist die Kanalisation bereits 170 km lang. 1975 ganze 375 km. 2015 weist das Kanalnetz in Linz bereits eine Länge von 576 km auf.
1912-1915: Bau des Füchselbachkanals
Durch die Verrohrung und Ableitung des Füchselbach kanals in die Donau entsteht der heute insgesamt 7.410 Laufmeter lange Füchselbachkanal – von Leonding durch Linz bis zur Donau. Der größte Querschnitt ist ein Maulprofil mit 4,50 m / 3,60 m und einer maximalen Abflusskapazität von 50 Kubikmeter pro Sekunde. In Linz wird dieser in den Jahren 2003 bis 2006 auf einer Länge von 4,4 km und auf Leondinger Stadtgebiet von 2013 bis 2014 auf etwa 3 km generalsaniert.
1940–1970: Die großen Sammler werden gebaut, die Kläranlage Süd geht in Betrieb
Nach 1938 wird Linz zu einer der bedeutendsten Industriestädte Österreichs. Die Einwohnerzahl verdoppelt sich binnen zwei Jahrzehnten. Neue Siedlungen werden an die bestehende Kanalisation angeschlossen. Riesige Kanäle, die die gestiegenen Abwassermengen auch abführen können, werden gebaut. Der „Hauptsammler Süd“ wird zu Kriegszeiten errichtet. In den 1960ern und 70ern folgen der Hauptsammler Mitte, der rechte Donausammler und der Hauptsammler Urfahr. Ab 1960 sorgt bereits die Kläranlage LinzSüd für klare Abwasserverhältnisse.
1974: Entwicklung des Konzeptes „Abwasserreinigung für den Großraum Linz“
Durch die Errichtung des Kraftwerkes Abwinden-Asten wird das bestehende Entwässerungssystem der Stadt Linz und der hier angesiedelten Großindustrie der freien Vorflut beraubt. Ein Memorandum der Stadtbetriebe Linz GmbH wird vorgelegt. Dies sieht einen Umleitungskanal für alle Linzer Abwässer, die Großindustrie und einige Umlandgemeinden, eine gemeinsame Abwasserreinigung sowie die Einleitung in das Unterwasser des Kraftwerkes Abwinden-Asten vor.
1976: Inbetriebnahme des Donaudükers
Der Donaudüker ist ein wesentlicher Teil des Umleitungskanals, der die Abwässer nördlich der Donau in den Süden der Stadt zur geplanten Kläranlage bringt. Der erste Donaudüker Österreichs gilt noch heute als technische Meisterleistung: 125 Stahlbetonrohre mit einem Außendurchmesser von drei Metern werden unter der Donau durch den Schlier gepresst. Mit fünf Pumpen wird eine Förderleistung von 1.200 l/s erreicht, die über drei Druckleitungen die Abwässer von Plesching nach Linz transportieren.
1979: Die modernste Kläranlage des Landes geht in Betrieb
Damit die Abwässer nicht unter großem Energieeinsatz gepumpt werden müssen, wird 1979 ein 12 Kilometer langer Umleitungskanal gebaut, der die Abwässer aus der Stadt im freien Gefälle zur Regionalkläranlage Linz-Asten (RKL) leitet. Die gereinigten Abwässer werden dann ins Unterwasser des Kraftwerkes Abwinden-Asten abgeleitet. Die heutige Regionalkläranlage ist auf eine Abwasserbelastung von 950.000 Einwohnergleichwerten ausgelegt und voll automatisiert.
Ab 1990: Kanalkataster in Linz – moderne Inspektionstechnologie
Anfang der 1990erJahre wird mit dem Aufbau eines Kanalkatasters begonnen. Stand 2015: 1.425 km Kanal und die dazugehörenden Daten von Linz (576 km) und Umlandgemeinden (848 km) sind im Kataster eingepflegt.
2003-2009: Intensivierung Kanalsanierung
2003 beginnt die größte Kanalsanierung, die jemals in Linz vorgenommen wurde. Im Linzer Stadtgebiet wurden bis 2006 rund 11 Mio. Euro in den 4.408 m langen Füchselbachkanal investiert. Für die Sanierung des Füchselbach-Dükers und des Umleitungskanal-Dükers wird eine 960 m lange und mit einem Durchmesser von 1,6 m große Umgehungsleitung in über 45 m Tiefe errichtet.
Quelle: Linz AG