Engagieren sich in Zeiten wie diesen junge Menschen noch für die Politik? Lassen sich die Jungen noch in „Links“ und „Rechts“ einteilen? Welche Probleme sehen Jugendliche in Linz? Und fühlt er sich als „Letzte Generation“? Mario Hofer (25), Ortsgruppenobmann der Jungen VP in Linz, im Gespräch.
Der ausgebildete Jurist Mario Hofer ist nicht nur bei der Jungen VP engagiert, sondern sitzt auch im Linzer Gemeinderat, wo er junge Themen anstößt und zur Umsetzung bringen will – etwa die „Stehende Welle“ zum Wellenreiten oder einen Motorikpark unter der neuen Eisenbahnbrücke. Der jugendliche Elan wird aber oft von den langsam mahlenden Mühlen des Gemeinderats gebremst.
Mario Hofer, wie „jung“ ist die Politik in Linz – eine von vielen Städten, in denen sehr viele alte Menschen leben – konkret sind etwa 80.000 Personen in der Altersgruppe 50+ zu finden, Tendenz steigend.
Vorweg: Unsere Gemeinderatsfraktion ist die jüngste im Rathaus – selbst unsere Nummer 1, Martin Hajart, gehört mit 40 ja auch noch zur jüngeren Generation. Generell sehen wir aber schon, dass es in Linz sehr viele junge Menschen nach Wien oder in andere Metropolen zum Studium oder zur Ausbildung zieht. Linz hat hier in Sachen Attraktivität für junge Menschen sicher noch einiges aufzuholen. Man sieht es ja auch in der Politik, wo sehr oft Themen auf der Tagesordnung stehen, die eher die älteren Generationen betreffen.
Die Bürgermeisterpartei SPÖ sieht Linz als smarte, coole, „Digital City“. Wie ist Ihr Eindruck als 25-Jähriger ?
In Teilen stimmt das – siehe Mural Harbor, Tabakfabrik oder die Weiterentwicklung unserer Universitäten. Das müssen wir den Jungen aber auch vermitteln.
Klima, Migration, Umwelt, Jobs… was sind denn aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für Linz in den kommenden Jahren?
Mein Eindruck ist, dass die Themen Integration und Sicherheit auch für junge Menschen sehr bedeutend sind. Hier müssen wir mehr Lebensqualität schaffen, indem wir auch ein Maß an Sicherheit, speziell in den Parks und Problem-Hotspots, garantieren.
„Digital City, Klimahauptstadt, Kulturstadt, Industriestadt, Ausbildungsstadt: Das ist ja alles gut und schön, gibt Linz aber kein Profil.“
Wie beschreibt ein junger Mensch wie Sie unsere Stadt?
Wenn ich mit Nicht-Linzern in meinem Alter spreche, wird schnell klar: Der markante USP für Linz fehlt. Hier gilt es, eine passende urbane Nische zu besetzen. Der Linzer Bürgermeister will hingegen irgendwie von allem ein bisschen sein – Digital City, Klimahauptstadt, Kulturstadt, Industriestadt, Ausbildungsstadt: Das ist ja alles gut und schön, gibt Linz aber kein Profil.
Die Volkspartei tut sich speziell in Städten und auch bei jungen Menschen relativ schwer. Der Wähleranteil bei der Generation 60+ war bei der Landtagswahl doppelt so hoch wie bei den Unter-29jährigen. Warum ist das so?
Einer der Gründe ist die Polarisierung. Grüne und FPÖ sprechen mit ihren scharfen Zuspitzungen junge Menschen oft stärker an. Zudem haben wir bei den Jüngeren immer noch den Ruf als eher konservative (Land)Wirtschaftspartei. Da müssen wir in der Kommunikation besser werden und klar sagen, wofür wir stehen: Arbeit, Leistungsgerechtigkeit, Eigenverantwortung – ich glaube, das sind sehr wohl Themen, die auch die Generation U30 anspricht.
„Heute gibt es viele junge Leute, die zum Beispiel für einen starken Sozialstaat mit einem Grundeinkommen sind, gleichzeitig aber weniger Migration fordern.“
Ebenfalls Tatsache: Sobald die Wähler älter werden, wenden sie sich stärker den großen Parteien wie der ÖVP zu.
Wenn die Menschen älter werden, rücken Werte wie Arbeit, Leistung, Kinder und Familie stärker in den Fokus. Das klingt vielleicht verstaubt, ist aber so. Wir werden sehen, ob diese Entwicklung zukünftig auch eintritt – am wichtigsten ist aber immer, Menschen zu überzeugen und nicht einfach darauf zu warten, dass sie älter werden.
Wie weit lassen sich die jungen Menschen heute noch in „Rechts“ und „Links“ einordnen?
Diese Schubladen funktionieren heute nicht mehr so wie noch vor zehn oder 20 Jahren. Heute gibt es viele junge Leute, die zum Beispiel für einen starken Sozialstaat mit einem Grundeinkommen sind, gleichzeitig aber weniger Migration fordern. Oder für Klimaschutz und für eine strenge Einwanderungspolitik. Das macht es auch für die Parteien schwerer, weil das eine oder andere Weltbild ins Wackeln kommt.
Im Gespräch nicht fehlen dürfen die „Klimakleber“. Wie weit beeindruckt sie diese medienwirksame Gruppe?
Ich halte es für sehr bedenklich, wenn eine relativ kleine, aber sehr radikale Gruppierung versucht, einseitig den Diskurs im Sinne einer Erpressung zu bestimmen. Was wäre wenn sich jede Gruppe mit ihrem Anliegen dieses Recht herausnimmt? Unter dem Strich wird durch die Radikalität zudem genau das Gegenteil erreicht.
Fühlen Sie sich mit 25 als „Letzte Generation“?
Dazu gibt es ein passendes Zitat des deutschen Publizisten Johannes Gross, das übrigens schon mehrere Jahrzehnte am Buckel hat: „Früher glaubte jede neue Generation, mit ihr fange die Welt an. Heute glaubt die neue Generation, mit ihr gehe sie zu Ende.“ Ich empfinde das Gerede von „Letzter Generation“ bedrohlich, weil dann keiner mehr Perspektiven hat oder Ziele verfolgt.
„Durch Martin Hajart erfolgte eine echte Aufbruchstimmung fernab des klassischen Links-Rechts-Schemas.“
Und wie viel Widerstand oder „Rebellion“ steckt in der Jungen VP? So richtig markige Sprüche hört man eher weniger.
Ja, wir haben keine Klimakleber, wir sind keine Berufsdemonstranten, wir machen keine schrägen rechten Videos, wir fallen durch keine radikalen Aktionen auf. Als JVP sind wir stärker in der Partei verankert als andere Jugendorganisationen. Was wir sagen, wird auch gehört und umgesetzt. Bei uns gibt es mehr Miteinander als Konfrontation. Aber wir zeigen sehr wohl auch unangenehme Dinge auf.
Mit Martin Hajart gibt es einen neue Nummer 1 bei der Stadt-ÖVP. Was hat sich geändert?
Durch Martin Hajart erfolgte eine echte Aufbruchstimmung fernab des klassischen Links-Rechts-Schemas. Er versucht auch, die Partei für andere Positionen und Zielgruppen zu öffnen, steht für Aufbruch und hat es glaubhaft geschafft, auch die Jungen einzubinden.
„Wir wollen Linz als Uni-Standort stärken – und zwar in der Form, die verschiedenen Universitäten zu bündeln und besser zu vermarkten, damit die jungen Menschen sich für Linz entscheiden.“
Wie weit kann eine Jugendorganisation wie die JVP überhaupt aktiv in die Gemeinderatspolitik und in Entscheidungen eingreifen?
Sehr gut, weil Martin Hajart hier sehr offen ist. Wir sehen uns als Antreiber bei gewissen Themen, wir bohren nach, wenn Projekte in Ausschüsse verschleppt und aus der Öffentlichkeit abgezogen werden. In Summe wollen wir der Stachel im Fleisch der roten Stadtpolitik sein.
Ebenfalls wichtig: mehr Jugendbeteiligung. Wie schafft man es in einer Stadt wie Linz, fernab des Gemeinderats in Entscheidungsprozesse einzubinden?
Viele Jugendliche können mit den Gremien wie Gemeinderat und Ausschüssen wenig anfangen. Das müssen wir möglichst lebensnahe vermitteln und aufzeigen, was man auf kommunaler Ebene bewegen kann.
Welche Themenfelder nehmen Sie sich sonst noch vor?
Das gesamte Thema der Freizeitgestaltung, wo kann Linz etwa entlang der Donau attraktiver werden? Wir wollen zudem Linz als Uni-Standort stärken – und zwar in der Form, die verschiedenen Universitäten zu bündeln und besser zu vermarkten, damit die jungen Menschen sich für Linz entscheiden. Unter dem Strich steht Linz da in starker Konkurrenz mit anderen Städten. Ein Ansatz wäre, die Linzer Unis unter einer Dachmarke zu bündeln und so den Auftritt prägnanter zu machen.
Ebenfalls wichtig: mehr Jugendbeteiligung. Wie schafft man es in einer Stadt wie Linz, fernab des Gemeinderats in Entscheidungsprozesse einzubinden? Ich habe da auch noch kein Patentrezept, aber hier muss mehr passieren, denn mit Gremien wie dem Gemeinderat können viele Jugendliche wenig anfangen.