Der Linzer Aktivpass boomt: Mittlerweile verfügen fast 43.000 in Linz gemeldete Menschen über diesen Ausweis, der zahlreiche Vergünstigungen – etwa bei den Linz Linien – bietet. So wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr bereits 340.000 Aktivpass-Monatskarten um nur zehn Euro (statt 43,70) verkauft – das entspricht fast 1.000 pro Tag. Kritiker werfen ein, dass auch Betuchte – etwa Frauen oder Studenten aus wohlhabenden Familien – diese Vorteile ohne echtes Hinterfragen der Bedürftigkeit nutzen können. Jetzt wurde dem LINZA! ein ganz besonderer Fall von (legalem) Missbrauch herangetragen.
Seit 26 Jahren ermöglicht Linz einkommensschwachen Bewohnern (Monatsverdienst von max. 1.195 Euro netto) mit dem Aktivpass eine besondere Unterstützung für den Alltag. Damit erhält man Zugang zu Leistungen und Angeboten, die viele sonst nur schwer finanzieren könnten. Die Monatskarte der Linz Linien kostet für Aktivpass-Besitzer etwa 10 statt 43,70 Euro, also nur ein knappes Viertel. Die Linzer Bäder können um 50 Prozent günstiger genutzt werden, dazu gibt es eine Menge weiterer Vorteile. Als LIWEST-Kunden erhalten Aktivpass-Besitzer einen 120 Euro-Bonus bei den Anschlussgebühren, zudem ist der Großteil des Linzer Kulturangebots um bis zu 50 Prozent ermäßigt.
2,6 Millionen verkaufte Zehn-Euro-Monatstickets
Mittlerweile besitzt fast ein Viertel aller Linzer Bewohner einen solchen Aktivpass. Rechnet man die (nicht bezugsberechtigten) Unter-18-Jährigen weg, haben bereits über 40 Prozent aller Einwohner einen Aktivpass. „Das sind mehr als dreimal so viele wie noch 2007. Vor allem die Möglichkeit, das öffentliche Verkehrsnetz der Linz Linien um nur zehn Euro pro Monat zu nutzen, ist einmalig“, so Sozialstadträtin Karin Hörzing (SPÖ). Diese Zehn-Euro-Monatskarte wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr 340.000mal verkauft – das sind fast 1.000 Stück pro Tag (!). Die entgangenen Einnahmen in Höhe von 11,46 Millionen Euro werden über Umwegen von der öffentlichen Hand gedeckt. Richtig ins Geld geht’s , wenn man die letzten acht Jahre betrachtet: Da wurde das Fast-Gratis-Monatskarte über 2,6 Millionen-mal verkauft.
Aktivpass: „keine soziale Treffsicherheit“
Bei fast 43.000 Besitzern drängt sich jedoch die Frage auf, ob nicht auch manche, eigentlich gar nicht so einkommensschwache Mitbürger dieses Angebot nutzen: „Wertvolles Steuergeld mit der Gießkanne zu verteilen kann sich Linz nicht mehr leisten“, sagt etwa der Linzer FPÖ-Boss Detlef Wimmer (FPÖ).
Und tatsächlich: Unsere Anfrage bei der Stadt Linz ergab, dass tatsächlich jeder in Linz Gemeldete einen Aktivpass beantragen kann. Einzige Voraussetzung: ein Monats-Nettogehalt von maximal 1.195 Euro. Jedes Familienmitglied kann – unabhängig vom Verdienst von des Gatten oder des Haushaltseinkommes – diese eigentlich für Geringverdiener gedachte Einrichtung nutzen.
Aktivpass mit 4.385 Euro netto
Bezeichnend der Fall von Sabine K. (45/Name geändert), die am Linzer Auberg wohnt. Gemeinsam mit ihrem gutverdienenden Mann verfügt sie über ein Haushaltseinkommen von 4.385 Euro netto. Den Aktivpass hat sie trotzdem, weil sie mit ihrem 20h-Job nur auf 987 Euro kommt. „Blöd wäre ich, diesen Vorteil nicht zu nutzen, viele Bekannte von mir machen das ja auch“, so K. Die Rechnung bezahlen am Ende des Tages all jene Linzer, die mit Vollpreisticket unterwegs sind. Höchste Zeit, diesen (legalen) Missbrauch endlich abzustellen.