“Wie machen wir die Landstraße in Zeiten von Mega-Einkaufstempeln am Stadtrand und explodierendem Online-Handel fit für die Zukunft?” – so lautete die Aufgabenstellung beim 3. Linzer Innovationspreis für Stadtentwicklung. Von einer grünen Meile bis hin zu einer straßenbahnfreien Landstraße schlummert in den Einreichungen jede Menge Potenzial. Diese beweisen vor allem eines: dass man nicht ständig an mehr Parkplätze oder noch mehr Shoppingmalls denken muss, um die Linzer Innenstadt zukunftsfit zu machen…
Der Linzer Innovationspreis für Stadtentwicklung ist eine Erfolgsgeschichte. 2017 wurde etwa eine zündende Idee zur Neuausrichtung des Jahrmarktgeländes gesucht. Mit der Donauinsel gewann ein aufsehenerregendes Vorhaben. 2016 gewann u.a. eine Idee zur Verkehrsberuhigung der Urfahraner Hauptstraße. Pro Jahr werden 12.500 Euro Preisgeld ausgeschüttet. Der Betrag kommt von NEOS Linz – die Gemeinderatsfraktion investiert einen Teil ihrer Fraktionsförderung in die Zukunft von Linz.
Diesmal im Fokus: die Landstraße. Obwohl die Kundenfrequenz dort nach wie vor hoch ist, gibt es viel Leerstand, geringe Aufenthaltsqualität und schwindende Umsätze. Sowohl Onlinehandel als auch Einkaufszentren am Stadtrand sind brutale Konkurrenten. Potocnik: „Der USP ist verloren gegangen. Es braucht mehr als nur alle Jahre wieder die üblichen Events. Wir müssen uns radikal fragen, was die Innenstädte, konkret die Landstraße in Zeiten der Digitalisierung zu bieten hat, gerade für die Jungen. Dazu könnte sich die Landstraße auch stärker mit der digitalen Welt vernetzen“, sagt Innovationspreis-Impulsgeber Lorenz Potocnik.
Acht Auszeichnungen
Die Jury zeichnete acht Projekte aus. Der Bogen spannt sich von Freiraumplanungen bis hin zu Konzepten. Leerstand erkennen einige als Chance, wieder viele, kleine und regionale Geschäfte zu ermöglichen. Alle Projekte suchen nach neuen Wegen der Begegnung und der Aufenthaltsqualität.
Linzer Landstraße 2025
„Das Schließen der Geschäfte eröffnet mehr Platz für öffentliches Leben“, glaubt etwa Preisträgerin Franziska Schink mit ihrem Projekt LINZER LANDSTRASSE 2025: „Schon seit längerem beobachte ich wie immer mehr Geschäfte in Linz ihre Türen schließen und nur mehr Shoppingcenter oder große Handelsketten zurückbleiben. Ich frage mich, was passiert in Zukunft in unseren Innenstädten wenn das Verlangen nach materiellem Bedarf gedeckt ist? Ich denke, dass mit dem Schließen der Geschäfte wieder Platz für öffentliches Leben in die Stadt zurückkehren kann.“
Schink schlägt vor, „scheinbar“ private Räume in die Öffentlichkeit zu holen und die Stadt wieder zu einer Begegnungszone zu machen, in der man nichts kaufen muss. Sie denkt an vertrauensbasierte Dienst-/Serviceleistungen wie z.B. die Aufbewahrung von Paketen, Vermietung von Fahrrädern oder Elektrorollern, Reparaturstationen, ein Hunde- oder Kindersitting. „Oder einfach nur sitzen und eine Pause machen und eine Zeitung lesen, ein Spielzimmer für Kinder, ein Handarbeitszimmer für ältere Menschen oder vielleicht ein Schlafraum für einen kurzen Mittagsschlaf.“ Schink: „Die Möglichkeiten sind vielfältig und sollten zum Teil auf ehemalige Familien-Strukturen zurückführen, wo die Großmutter oder die Nachbarin eine Ansprechperson als Hilfe oder sozialer Partner gewesen ist.“
Straßenbahnfreie Innenstadt
Es wird aber auch groß gedacht: Eine U-Bahn unter der Landstraße würde an der Oberfläche viel Lebensraum freisetzen, hofft Freiraumplaner David Dobetsberger auf einen „Befreiungsschlag. Die Stadt der Zukunft soll verzaubern, versorgen und lebenswert sein. Die Stadt der Zukunft soll nicht krank machen. Die Stadt der Zukunft soll einladen zu kommunizieren. Die erste Maßnahme für die prominenteste und frequentierteste Einkaufsstraße Oberösterreichs ist die Tieferlegung der Straßenbahn. Sie wird zu einer U-Bahn. Das Potential, das solch eine Maßnahme mit sich bringen würde, ist hoch. Die Stationen der neuen U-Bahn-Straßenbahn werden auf der Landstraße auf drei reduziert. Der erste Ausstieg wird am Volksgarten möglich sein, der Zweite am Martin-Luther-Platz, der Dritte am Taubenmarkt. Grüninseln mit Bäumen werden in die Mitte der Landstraße platziert. Die bereits viel diskutierten Vorteile der grünen Stadt wie CO2-Speicher, Feinstaubfilter, Klimaregulation, Lärmfilter und dadurch eine Erhöhung der Lebensqualität würden hierbei greifen. Begrünung alleine würde zuwenig sein. Das Potential liegt auch in verschiedensten Kommunikationsmöglichkeiten, Rückzugsmöglichkeiten müssen genauso gegeben sein wie Bühnen oder die Möglichkeit Feste zu feiern. Spielflächen für Kinder und auch Erwachsene, Wasserflächen zum Abkühlen sind weitere Highlights dieses Masterplans.“
„Aufgebeulte“ Landstraße
„Bunt Sta(d)tt Stahl“: Architekt Max Schwarzmüller will die Landstraße „aufbeulen“ und so neue Freiräume schaffen. „Bei Betrachtung der Landstraße fällt auf, dass durch die Geradlinigkeit und Durchtrennung der Straßenbahn nur sehr wenig Raum mit Aufenthaltspotential überbleibt. Nur der Volksgarten und der Schillerpark sind als optische Öffnung wahrzunehmen. Da der Volksgarten sehr viel Grün bietet und der Schillerpark in seiner jetzigen Funktion wenig als Naherholungsgebiet genutzt wird könnte mit dieser entschleunigenden Geste die Landstraße neu aktiviert werden“, glaubt Schwarzmüller.
Fakt ist: Die Linzer Innenstadt braucht endlich neue Ideen und Ansätze. Ewiggestrige Maßnahmen wie mehr Parkhäuser, billigeres Parken und vielleicht noch ein zusätzliches Einkaufszentrum im Schillerpark werden die Landstraße nicht retten…