Mit den Themen Stadtplanung und Infrastruktur hatte Vizebürgermeister Markus Hein in den letzten Jahren mehr als genug zu tun. Im LINZA-Talk gibt Hein sowohl einen Rückblick über die letzten fünf Jahre als auch einen Ausblick auf die Wahl im Herbst 2021.
Die Neue Donaubrücke Linz ist so gut wie fertig. An diesem Projekt haben sich viele andere Politiker die Zähne ausgebissen. Was war der Schlüssel für den Durchbruch?
Der Schlüssel zum Durchbruch war sicher die Volksbefragung. Wenn diese auch Zeit gekostet hat, war damit die endgültige Entscheidung gefallen. Wir haben sofort nach der Wahl 2015 mit den Planungen beginnen können. Leider ließen sich die beiden involvierten Landeshauptleute Pühringer und Stelzer mit der Finanzierungsvereinbarung sehr viel Zeit. Diese wurde erst Mitte 2017 unterzeichnet. Vorher konnten wir nicht ausschreiben. Auch das hat einiges an Zeit gekostet. Das Wichtige war aber, immer konsequent am Ball zu bleiben und sich nicht ablenken zu lassen. Trotz aller Probleme – auch der statischen – ist es uns gelungen, ein Projekt dieser Größenordnung in fünf Jahren zu realisieren. Das muss Linz erst mal jemand nachmachen.
Der Erfolg hat viele Väter. Es gibt kaum einen Politiker, der sich nicht bereits medienwirksam vor der neuen „Eisenbahnbrücke“ ablichten ließ. Wem gebührt die Ehre tatsächlich?
Das war immer schon so, dass der Erfolg viele Väter hat. Wenn es Probleme gibt, muss man diese Väter allerdings lange suchen. Die Ehre gebührt vor allem unseren tollen Mitarbeitern, die auch die größten Probleme hervorragend gelöst haben. Bürgermeister Luger und ich haben ihnen auf dem politischen Tanzparkett den Rücken freigehalten, damit sie konzentriert weiterarbeiten konnten. Interessant ist aber, dass sich gerade jene, die am wenigsten zum Gelingen beigetragen und wichtige Beschlüsse im Gemeinderat nicht mitgetragen haben, die ersten waren, die sich über den Namen der Brücke Gedanken machten.
Interessant ist, dass sich gerade jene, die am wenigsten zum Gelingen beigetragen und wichtige Beschlüsse im Gemeinderat nicht mitgetragen haben, die ersten waren, die sich über den Namen der Brücke Gedanken machten.
Vizebürgermeister Markus Hein
Es gibt auch Kritiker, die sagen, Linz baut mit dem Westring, der Neuen Donaubrücke, der Voestbrücke und der Ostumfahrung zu viele Straßen und zu wenige öffentliche Verkehrsmittel.
Linz baut nicht zu viele Straßen. Linz ist eine der wenigen größeren Städte, die keinen Ring rundherum haben. Daher haben wir auch einen relativ hohen Durchzugsverkehr. Wenn das höherrangige Straßennetz fertig ist, dann können wir den Platz, der dadurch in der Stadt frei wird, wieder den Menschen zurückgeben und attraktive Lebensräume schaffen.
Die geplante Trasse der Ostumfahrung durch Ebelsberg, die Traunauen und den Schiltenberger Wald betrifft wichtige Naherholungsgebiete, aber auch viele Bewohner Ebelsbergs. Warum keine Trasse weiter östlich, die auch die Transitlawine von Linz fernhalten würde?
Was die Ostumfahrung betrifft, bin ich davon überzeugt, dass die Linzer in Form einer Volksbefragung – mit klarer Faktenlage – mitentscheiden müssen.
Ein Meilenstein werden auch die beiden neuen O-Buslinien in Nord-Süd-Richtung sein. Welche Lücke können diese schließen?
Die beiden O-Buslinien werden die städtischen Bedürfnisse (kurze Distanzen zwischen Haltestellen), die die Stadtbahn nicht hat, ergänzen. Beide Systeme zusammen werden sehr leistungsstark sein. Die S-Bahnen werden viele Pendler schnell vom Wohnort in die Arbeit und zurück bringen. So wird es uns auch gelingen, den Verkehr in Linz zu beruhigen.
„Wenn diese Regierung wieder nicht hält, wird es für den ÖV-Ausbau problematisch. Das kennen wir bereits aus der Nahverkehrsmilliarde, aus der wurde nach dem Ende der Koalition auch nichts mehr.“
Vizebürgermeister Markus Hein
Könnte das Projekt der beiden S-Bahn-Linien noch zu Fall gebracht werden – etwa wenn die Bundesregierung platzt und das gesamte Paket wieder aufgeschnürt wird?
Solange die notwendigen Beschlüsse nicht getroffen und die entsprechenden Vereinbarungen mit dem Bund nicht unterschrieben sind, ist natürlich noch ein Risiko gegeben. Wenn diese Regierung wieder nicht hält, wird es für den ÖV-Ausbau problematisch. Das kennen wir bereits aus der Nahverkehrsmilliarde, aus der wurde nach dem Ende der Koalition auch nichts mehr.
Ruhig ist es um das Thema Seilbahn vom Linzer Süden in das Industriegebiet geworden. Die grüne Ministerin in Wien bremst die Idee. Geht es auch ohne Unterstützung aus Wien?
Der Bund und die Ministerin sind bezüglich urbaner Seilbahnen sehr ablehnend, obwohl diese im Koalitionsvertrag aufgenommen wurden. Zurzeit scheint daher eine finanzielle Beteiligung des Bundes ausgeschlossen zu sein. Ohne dieser geht es aber nicht.
Immer wieder wird auch die Donau als mögliche Verkehrsachse ins Spiel gebracht. Können Schiffe, Katamarane oder Schnellboote eine Alternative für Pendler darstellen?
Die Donau wäre natürlich auch als Verkehrsweg – zumindest zwischen den Kraftwerken Ottenheim und Abwinden-Asten – interessant. Das kann aber kein städtisches Projekt sein, denn der Großteil der Strecke liegt außerhalb von Linz und dort müssten entsprechende Anlegestellen mit Pendlerparkplätzen errichtet werden. In Linz hätten wir ja bereits genug Infrastruktur dazu. Wir wären bei so einer Lösung sofort dabei.
Im gerne mit Linz verglichenen Graz träumt man von einer U-Bahn. Kostenpunkt: 3,3 Milliarden Euro. Ein illusorisches Projekt oder Vorbild für Linz?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Finanzierung in dieser Höhe aufgestellt werden wird. Zum Vergleich: Unsere beiden S-Bahnen mit den beiden O-Bussen kosten zwischen 500 und 700 Mio. Euro. Dieser vergleichsweise geringe Betrag war schon nicht einfach aufzustellen.
Das 1-2-3-Ticket scheint nun auch für Linz auf Schiene. Was bedeutet das für Bus & Bim in Linz?
Das 1-2-3-Ticket wird für viele Menschen, die sich auch außerhalb von Linz mit Öffis bewegen, sicher interessant und vor allem günstig sein.
Es gibt Befürchtungen, das Megaticket (Jahreskarte) könnte für LinzerInnen aufgrund des 1-2-3-Tickets von 287 auf 365 Euro erhöht – oder besser gesagt „angepasst“ werden. Können Sie das ausschließen?
Innerstädtisch fahren die Linzer bereits jetzt wesentlich günstiger als das geplante 1-2-3-Ticket. Wie die unterschiedlichen Tarifsysteme harmonisiert werden sollen, ist noch nicht bekannt.
Die FPÖ hat die unruhigsten Zeiten hinter sich. Ganz konnte sie aus der Krise aber nicht Kapital schlagen. Österreichweit liegt ihre Partei mit 17-18% bei gerade mal der Hälfte der ÖVP und abgeschlagen auf Platz 3.
Wir haben in den letzten Monaten immerhin bereits um die 6 Prozent wieder gut machen können – und das, obwohl unsere Partei von den Medien anders zum Handkuss kam (und noch kommt) als Kurz & Co. Mehr mediale Objektivität würde ich mir gerade jetzt wünschen, denn es scheint gerade so, als ob gegenwärtig der größte politische Skandal von Tag zu Tag immer mehr ans Tageslicht kommt. Doch auf den Titelseiten merkt man noch sehr wenig davon.
„Wir werden mit allen konstruktiven Kräften in Linz zusammenarbeiten.“
Vizebürgermeister Markus Hein
Im Herbst wird in Linz gewählt. Politisch ist in unserer Stadt einiges in Bewegung. Wagen Sie schon eine Prognose, wohin die Reise gehen könnte?
Wir haben in Linz eine Verhältnisregierung. Das heißt, jede Partei, die eine gewisse Stärke hat, ist auch in der Regierung vertreten. Das schafft Stabilität, das schafft oft interessante Konstellationen, das bringt Lösungen für Linz. Wir werden mit allen konstruktiven Kräften in Linz zusammenarbeiten.
Auch wenn es viel Kritik gab: Rot-Blau hat in Linz zweifelsohne viel weitergebracht. Soll dieser Kurs weitergehen?
Mit der Linzer SPÖ haben wir in den vergangenen Jahren am engsten zusammengearbeitet. Da war auch die gegenseitige Vertrauensbasis am größten – trotz großer ideologischer Unterschiede. Es geht in einer Stadt vorwiegend ums Umsetzen. Wir wollen Linz vorwärts bringen. Die politischen Showbühnen sind auf anderer Ebene aufgebaut.
Können Sie sich vorstellen, nach 76 Jahren SPÖ-Bürgermeisterschaft bei einer allfälligen Stichwahl einen Gegenkandidaten von Klaus Luger zu unterstützen?
Zuerst haben wir die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl. Wenn es eine Stichwahl gibt, wird man sehen, wer sich schlussendlich gegenübersteht. Im Fall des Falles werden wir aber keine Empfehlung abgeben. Die Menschen sind reif genug, das brauchen sie nicht.
Stichwort Coronakrise und deren Bewältigung: Was steht Linz denn in den nächsten sechs Jahren bevor?
Es wird Generationen brauchen, um sich von dieser Krise zu erholen. Österreich steht im internationalen Vergleich sehr schlecht da. Das liegt an dem chaotischen Corona-Management der Bundesregierung, das liegt an ihrer Phantasielosigkeit, außer Lockdowns hat sie kein Rezept gefunden – und auch dieses wirkt nicht. Dieser Stillstand kostet nicht nur Geld, sondern auch viele Arbeitsplätze. Jeder Politiker, der nach Lockdowns schreit, sollte ähnliche Einbuße nund Lohnkürzungen erfahren wie Menschen, die in Kurzarbeiter Arbeitslosigkeit geraten sind. Dann bin ich mir sicher, dass dann schnell auch andere Wege möglich sein würden. Was uns genau erwartet, lässt sich noch gar nicht abschätzen.
Die Kommunen dürfen am Ende nicht die Zeche der Regierung – die diese ausschließlich zu verantworten hat – begleichen müssen.
Vizebürgermeister Markus Hein
Keiner wagt sich vor der Wahl das Thema anzusprechen, aber: Wird es ganz ohne schmerzhafte Einsparungen gehen?
Die Kommunen dürfen am Ende nicht die Zeche der Regierung – die diese ausschließlich zu verantworten hat – begleichen müssen. Es ist ja nicht nur Linz von dieser Krise betroffen.
Wie sehen Ihre persönlichen Pläne aus? Sie sind mit 48 Jahren noch jung genug für sogar zwei weitere Perioden. Als Mann aus der Privatwirtschaft könnten Sie vermutlich auch ganz gut ohne Politik leben.
Die politische Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Solange das so ist, werde ich weiter mit vollem Einsatz für Linz arbeiten. Dabei sind mir mein privatwirtschaftlicher Background und mein technisches Studium auch sehr hilfreich.
Was macht Markus Hein heute in zehn Jahren?
Das wichtigste für die Zukunft ist Gesundheit. Langzeitplanungen habe ich für meinen Lebenslauf nie gemacht. Ich mache beruflich das, was mir Freude und Spaß bereitet, was mich interessiert. Das werde ich auch in zehn Jahren so halten.