Linz hat ein Problem – oder besser gesagt mehrere: etwa schwindende Attraktivität und zunehmende Vermüllung. Im LINZA-Talk spricht Vizebürgermeister Martin Hajart diese Umstände an und präsentiert auch Lösungsvorschläge. So sollen “Waste Watcher” und eine Sauberkeitskampagne für mehr Bewusstsein sorgen. Hart geht Hajart dabei mit der vor eineinhalb Jahren gegründeten City Management GmbH, die die Stadt eigentlich besser vermarkten sollte, ins Gericht: “Von dort kommt absolut nichts.”
Die Sauberkeit hat in Linz in den letzten Jahren enorm nachgelassen. Mit einer Sauberkeitskampagne soll nun das Bewusstsein gehoben werden. Was erwarten Sie sich davon?
Wir haben die Sauberkeitskampagne im Gemeinderat mit dem Ziel beantragt, dass die Stadt aktiv wird und sich dieses Problems annimmt. Die breite Zustimmung hat gezeigt, dass nicht nur wir in puncto Sauberkeit Nachholbedarf sehen. Wir erwarten uns nun von der Kampagne, dass sie modern, witzig und doch eindringlich die Menschen zu mehr Achtsamkeit und Sauberkeit animiert, das Bewusstsein schärft. Und so dazu beiträgt, dass Linz wieder sauberer wird.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass lustige Sprüche und ein paar witzige Sujets das Problem nicht lösen. Ist das Geld nicht beim Fenster hinausgeworfen?
Nein, unserer Meinung nach nicht. Wenn man Bewusstsein dafür schafft, den Müll nicht einfach irgendwo hinzuwerfen und liegenzulassen, dann ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Fachgerechte Müllentsorgung ist nicht nur aktiver Umweltschutz, sondern trägt auch zur Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls bei – das bestätigt auch die „Broken-Windows“-Theorie. Zudem zeigen die Beschwerdezahlen, die bei der Stadt eingehen, dass Müll ein Hauptaufreger-Thema ist, und zwar nicht nur in der Innenstadt, sondern im gesamten Stadtgebiet. Deshalb ist es wichtig, auch in der ganzen Stadt aktiv zu werden.
„“Der Ordnungsdienst dürfte ja bereits auch Müllsünder strafen, macht das allerdings nicht. Vor allem, weil die Personaldecke dafür zu dünn ist.“
Mit „Waste Watchern“ (Müllkontrolloren) soll den Müllsündern auf die Schliche gekommen werden. Wie sieht Ihr Wunschmodell dazu aus?
Da kann man sich Anleihen aus Wien nehmen, wo die Waste Watcher gut funktionieren. Wichtig ist, dass diese „Ordnungshüter“ auch mit genug Kompetenzen ausgestattet sind, sprich, dass sie Leute anhalten und auch Strafen aussprechen dürfen.
Und wer soll „Wastewatchen“? Wäre es nicht sinnvoll, dass das ein personell aufgestockter Ordnungsdienst übernimmt?
Natürlich wäre da der Ordnungsdienst geeignet, allerdings müsste man zumindest zehn zusätzliche Posten schaffen. Der Ordnungsdienst dürfte ja bereits auch Müllsünder strafen, macht das allerdings nicht. Vor allem, weil die Personaldecke dafür zu dünn ist. Allerdings braucht der Ordnungsdienst auch idealerweise zwei Stützpunkte, von denen aus die Mitarbeiter ihre Streifengänge im ganzen Stadtgebiet starten können. Wenn man jedoch den Ordnungsdienst dafür nicht verwenden will, sollte man zehn eigene Waste Watcher anstellen.
„Bei Verstößen soll es auch Strafen geben, die gesetzlichen Grundlagen dafür gibt es bereits, Organstrafverfügungen bis zu 90 Euro sind möglich.“
In vielen anderen Städten wie Wien hat sich gezeigt: Ohne Strafen und Anzeigen geht es nicht. Nettes Ermahnen bringt absolut nichts. Wird es Strafen geben – und welche Höhe stellen Sie sich dabei vor?
Ja, es sollte bei Verstößen auch Strafen geben, die gesetzlichen Grundlagen dafür gibt es bereits, Organstrafverfügungen bis zu 90 Euro sind möglich.
Was besonders viele Menschen aufregt: das völlig achtlose „Wegschnippen“ von Tschickstummeln. Bei Parkbänken und an Haltestellen findet man tausende Kippen. Soll auch hier vermehrt kontrolliert und gestraft werden?
Auf alle Fälle, die Tschickstummel sind nicht nur ein großes Ärgernis, sie sind auch extrem umweltschädlich. Auch hier sollte man mit der Sauberkeitskampagne Bewusstsein dafür schaffen, die Tschick ordentlich zu entsorgen. Und wer das nicht macht, sollte von Waste Watchern ermahnt und im Wiederholungsfall gestraft werden.
Wobei man auch sagen muss: Die bestehenden orangen Müllbehälter taugen absolut nicht für Tschickstummel, viele Raucher sind eher verwirrt, weil sie keine glühenden Stummel in einen Plastikeimer werfen wollen. Dabei müsste man nur in Wien Anleihe nehmen – die dortigen Müllbehälter haben eigene Tschickstummel-„Aufsätze“.
Es gibt ja auch in Linz bereits solche Mistkübel, aber natürlich sollten auch davon noch mehr im Stadtgebiet an neuralgischen Positionen (z. B. Straßenbahn- oder Bushaltestellen) aufgestellt werden.
„Straßenkehrer wären durchaus denkbar. Allerdings stellt sich die Frage, ob man hierfür das notwendige Personal findet.“
Zuletzt kam auch die Forderung auf, einfach wieder auf die altbewährten Straßenkehrer zu setzen, die schauen, dass ihr Grätzel sauber ist. Die großen Kehrmaschinen übersehen den meisten Müll – oder erreichen ihn gar nicht. Können Sie der Idee etwas abgewinnen?
Grundsätzlich ja, das wäre durchaus denkbar. Allerdings stellt sich die Frage, ob man hierfür das notwendige Personal findet, denn die Personalsuche ist ja in allen Sparten bzw. Branchen derzeit alles andere als leicht. Aber natürlich wäre es wünschenswert, wenn man auch so die Stadtviertel wieder sauberer halten könnte.
Sie fordern zusätzlich, die Landstraße wöchentlich grundzureinigen, also das Reinigungsintervall zu erhöhen. In den Wohnbezirken abseits der Landstraße werden Straßen, Parkplätze und Gehsteige nur einmal pro Jahr grundgereinigt. Provokant gefragt: Sind die Linzerinnen und Linzer weniger wert als die Innenstadt-Touristen?
Nein, natürlich nicht. Geschäftsleute in der Landstraße sind auf uns mit dem Wunsch zugekommen, dass die Landstraße öfter, sprich künftig einmal pro Woche ordentlich gewaschen wird. Das finden wir als ÖVP gut, das unterstützen wir voll und ganz. Aber natürlich sind eine verstärkte Reinigung und mehr Sauberkeit – wie vorhin erwähnt – im gesamten Stadtgebiet wünschenswert. Das ist nicht auf die Innenstadt beschränkt. Deshalb muss man auch Aktionen in allen Stadtteilen starten.
Manche bekritteln, dass in Sachen Attraktivierung und Sauberkeit immer nur von der Innenstadt zwischen Hauptplatz und Musiktheater gesprochen wird. Die nördliche und südliche Verlängerung der Landstraße hat diesbezüglich noch größere Probleme. Braucht es hier nicht auch vermehrt Initiativen?
Ja, definitiv. Man sollte die Innenstadt durchaus großräumiger sehen. Das betrifft die Sauberkeit, aber natürlich auch die städtebauliche und verkehrsmäßige Entwicklung. Etwa haben wir im Hinblick auf die Erstellung des Innenstadtkonzeptes das eingebracht, konkret etwa auch Südbahnhofmarkt als zentraler und attraktiver Versorger mitzudenken. Eine Frage wird sicher auch sein, wie wir in nächster Zeit mit der Entwicklung der Hauptstraße in Urfahr weiter vorgehen.
Ebenfalls ein Kritikpunkt: Alle Aktivitäten und Events der Stadt Linz finden rund um die Landstraße statt. Jetzt wurde auch noch das Stream Festival von Urfahr auf den Pfarrplatz verlegt. Warum keine anderen Event- und Spielorte wie der Bindermichl, der Linzer Süden, die Hauptstraße oder die Wienerstraße – um nur einige zu nennen?
Die Kritik ist absolut berechtigt, wir sind absolut dafür, in verschiedenen Stadtteilen Veranstaltungen anzubieten. Es gäbe eigentlich eine eigene City Management GmbH, die für das Marketing der ganzen Stadt zuständig wäre. Nur leider kommt von dort absolut nichts. Zudem hat der politische Mitbewerber offenbar wenig Interesse an Veranstaltungen, so wurde die Förderung für das Ufern auf nur mehr 5.000 Euro reduziert (im vergangenen Jahr waren das noch 15.000 Euro). Das Urfahranermarkt-Areal würde sich als Veranstaltungsgelände übrigens auch anbieten.
Apropos Hauptstraße: Hier liegt seit Jahren ein fixfertiges Konzept zur Umgestaltung am Tisch, Ihr Vorgänger Bernhard Baier hat noch im Februar 2022 gesagt, für die Hauptstraße wären bereits im aktuellen Budget 500.000 Euro für erste Verbesserungen reserviert. Passiert ist aber nichts. Wann geht’s hier endlich los?
Ein fixfertiges Konzept gibt es nicht. Was es gibt, sind Studien mit Visualisierungen diverser Varianten. Aus meiner Sicht kann man die Hauptstraße nur dann nachhaltig positiv weiterentwickeln, wenn der Hinsenkampplatz verkehrlich gelöst wird und so die Grundlage für eine verkehrsberuhigte Hauptstraße darstellt. Die Verkehrsplanung erarbeitet auf meinen Auftrag hin die fachlichen Erfordernisse.
Es gibt Gerüchte, dass es nicht erst 2024, sondern bereits heuer zur Umgestaltung einer Richtungsfahrbahn der Nibelungenbrücke zum Radweg kommen soll – was ist da dran?
Nein, da ist absolut nichts dran. Die Veränderungen auf der Nibelungenbrücke und am Hauptplatz werden kommen, sobald die Westringbrücke für den Verkehr freigegeben ist. Also im Herbst 2024. Ab dann wird es allerdings große Veränderungen geben, die die aktive Mobilität wirklich nachhaltig attraktiver machen.
Und wie sehen Sie die Entwicklung der Wienerstraße südlich des Musiktheaters? Mit der Verlegung der Bim unter die Erde wurde die Straße wieder zur Rennbahn und Strecke für Autoposer, zudem dominieren Parkplätze die Szenerie. Hier bräuchte es auch endlich eine Neugestaltung. Ideen?
Für die Neugestaltung in diesem Bereich braucht es unbedingt auch die ÖBB an Bord, nur ist dort leider gar keine Bewegung zu erkennen. Der Bereich Straße braucht dringend mehr Aufmerksamkeit, wobei wir den Kampf gegen die Autoposer bereits aufgenommen haben. Am Hessenplatz und in der Bismarckstraße werden schon bald die ersten baulichen Maßnahmen umgesetzt. Es geht dort darum, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, etwa durch eine Verbreiterung des Gehweges für Einkäufer und Passanten. Aber auch in der Wiener Straße sind wir aktiv, haben auch bereits Radwege verordnet. Übrigens wäre auch hier die vorhin erwähnte City Management GmbH gefragt, Innovationen zu setzen. Eigentlich…
Interview: Wilhelm Holzleitner