Zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion will die voestalpine bis 2027 zwei ihrer Hochöfen durch Elektrolichtbogenöfen ersetzen. 1,5 Milliarden Euro werden investiert. „Green“ ist der Stahl jedoch nur, wenn der eingesetzte Strom auch aus alternativen Energiequellen stammt. Bis 2027 ist es jedenfalls schlichtweg unmöglich, die erforderliche „grüne“ Strommenge zu erzeugen, dazu bräuchte es 3.000 zusätzliche Windräder – aktuell gibt es im gesamten Bundesgebiet erst knapp 1.400 Stück…
Beim herkömmlichen LD-Verfahren wird das im Hochofen gewonnene flüssige Roheisen im Stahlwerk zu Rohstahl verarbeitet. Im Elektrolichtbogenofen entfällt dieser Prozessschritt u.a. unter Einsatz von „grünem“ Strom, der CO2-Ausstoß würde sich ab 2027 jährlich um 4 Millionen Tonnen – das entspricht fünf Prozent der heimischen CO2-Emission – reduzieren. Das Problem: Dafür benötigt man Unmengen an Strom, dessen Produktion wiederum jede Menge CO2-Ausstoß verursacht.
Die beiden voestalpine-Stahlwerke in Donawitz und Linz benötigen aktuell bereits 33 Terawattstunden Strom pro Jahr für ihre Stahlproduktion (der jährliche Gesamt-Stromverbrauch lag zuletzt bei 72,3 Terrawattstunden). „Der große Energiebedarf der voestalpine wird zum größten Teil durch das eigene Kraftwerk sowie durch Fremdbezug gedeckt“, heißt es seitens des Konzerns. Konkret wird der benötigte Strom im eigenen Gaskraftwerk produziert.
3.000 Windräder für die „grüne“ Stahlproduktion
Für einen Umstieg auf nachhaltigen Strom bräuchte man 3.000 zusätzliche Windräder … nur um jenen Strom zu produzieren, die die voestalpine für die Stahlherstellung benötigt. Auch für die E-Autos ist die benötigte Strommenge enorm. Würde man aktuell alle in Österreich zugelassenen Fahrzeuge mit auf E-Betrieb umstellen fahren, bräuchte man dafür pro Jahr weitere zwölf Terrawattstunden Energie – oder ca. 1.000 Windräder.
Weiterer „schmutziger“ Strom aus Gaskraftwerken wird nötig sein
Aktuell gibt es in ganz Österreich laut IG Windkraft 1.374 Windräder, man müsste diese Zahl also mehr als verdreifachen, nur um den Strom für E-Autos und die Stahlproduktion zu erzeugen – von Wärmepumpen, elektrischen LKWs oder dem Ausbau der Bahn ist da noch gar nicht die Rede. Aktuell werden in Österreich pro Jahr im Schnitt ca. 250 neue Windräder gebaut – das Ausbautempo müsste also bis 2027 deutlich gesteigert werden, sonst wird aus dem „Green Steel“ eine Mogelpackung, weil weiter jede Menge Strom aus den werkseigenen kalorischen Kraftwerken – oder aus dem Ausland – zugeschossen werden müsste…
Titelfoto: voestalpine