Es hört nicht auf: Wieder fällt ein Linzer Gründerzeithaus der Abrissbirne zum Opfer. Das 1898 erbaute Haus in der Goethestraße 55 soll einem sechsgeschoßigen Neubau weichen. Das Haus ist besonders wertvoll, weil es inmitten eines der letzten erhaltenen Ensembles steht. Ein gültiger Abbruchbescheid liegt vor. Dafür hagelt es Kritik: Die Stadt Linz habe die Entwicklung wieder einmal verschlafen – viel früher schon hätte man sich einmischen und klare Kante zeigen müssen, so der Vorwurf.
Zuletzt am Graben, jetzt in der Goethestraße 55: Gemeinsam mit dem Nebenhaus stehen hier zwei identische dreigeschossige Doppelhäuser mit Fassadendekor in den Formen des Neorokoko. Erbaut wurden die Häuser 1898, Während Nr. 53 vor einigen Jahren restauriert wurde und bestehen bliebt, wird das Nebenhaus abgerissen und durch einen höheren Neubau ersetzt – inklusive Tiefgarage.
„Wenn die Stadt sagen würde „Wir wollen die alte Bausubstanz erhalten, bitte lasst sie stehen“, dann hat das Gewicht. Denn am Ende des Tages sitzt die Stadt am längeren Ast, das wissen auch die Investoren.“
Dass die Stadt keine rechtliche Handhabe hat, wie seitens Vizebürgermeister Prammer behauptet wird, stimmt nur formell: „Wenn die Stadt sagen würde „Wir wollen die alte Bausubstanz erhalten, bitte lasst sie stehen“, dann hat das Gewicht. Denn am Ende des Tages sitzt die Stadt am längeren Ast, das wissen auch die Investoren, keiner lässt sich auf einen Streit oder Gegenwind, der den Neubau vielleicht verzögert, ein. Das Problem ist: Es wird gekuscht und die Stadt will diese Karte nicht ausspielen“, schießt Stadtentwickler und Bürgermeisterkandidat Lorenz Potocnik eine Breitseite gegen das „leider wieder mal untätigen zuständige Stadtsenatsmitglied Dietmar Prammer.
Auch FP-Fraktionsobmann Wolfgang Grabmayr fordert den Erhalt solcher Häuser: „Wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, ist die historische Linzer Bausubstanz im Schwinden begriffen. Das sollten wir als zukunftsorientierte, aber auch als geschichtsbewusste Stadt nicht einfach so zur Kenntnis nehmen, sondern den Lokalkolorit der Stadt auch für nachfolgende Generationen erhalten“, so Grabmayr. Parteikollege Raml schlägt vor, zumindest die Fassade des Gebäudes stehen zu lassen. Bauträger ist die Kladensky Holding, die am Linzer Graben firmiert.
Ein wesentlicher Grund für die Abrisswut ist auch das veraltete Förderwesen im Wohnbau. Dort werden Neubauten klar besser gestellt, während Sanierungen und Aufstockungen benachteiligt werden. Lorenz Potocnik: „Dabei steckt gerade in der Sanierung von Wohnbauten ein enormer Hebel, um Ressourcen zu schonen, leistbaren Wohnraum zu erhalten und die Klimaneutralität zu erreichen.“