Zeugnisverteilung für den Gemeinderat: Auch unsere Stadtregierung bekommt – obwohl erst drei Jahre alt – vom LINZA! ein paar Noten um die Ohren gehaut. Fazit: Es gibt ordentlich Luft nach oben…
Drei Jahre sind in der aktuellen Legislaturperiode vergangen – eine gute Gelegenheit für eine im Charakter durchwachsene Bilanz. Sehr positiv bei allen ideologischen Unterschieden: die Zusammenarbeit von Rot und Blau. In vielen Bereichen ist da etwas weitergegangen, das in Linz sonst so übliche Streiten und Anpatzen wurde – zumindest zwischen den beiden – in den Hintergrund gestellt – selbst wenn so ein Nichtangriffspakt auch mal den Blick auf notwendige Kritik am Partner verstellt. ÖVP und Grüne übten sich eher in Dauer-Opposition, was angesichts der Regierungsbeteiligung beider Parteien ein eigentlich unsinniger Spagat ist. Das NEOS-Trio wirkt sehr bemüht, Lorenz Potocnik ist viel und oft bei den Bürgerinitiativen unterwegs und setzt auch (als einziger echter Fachmann) Akzente in der Stadtplanung, während die KPÖ als Ein-Frau-Fraktion kaum spürbar war.
Was auffiel: Humor im Umgang miteinander fehlte komplett. Schade, denn wer gemeinsam lacht, streitet umso schwerer. Und krude, ideologisch-unverrückbare Weltbilder, die manche verkrampft hätscheln, gehören sowieso im vorigen Jahrtausend entsorgt.
Zusammenarbeit
Auch wenn die Zusammenarbeit zwischen den SPÖ und FPÖ formidabel klappt: Gute Ideen, die Linz weiterbringen, haben im Gemeinderat kaum eine Chance. Der Neid unter den Fraktionen um die mediale Aufmerksamkeit ist erschütternd. In den Abstimmungen geht es oft nicht darum, was der Stadt gut tut, sondern wie man der anderen Fraktion eines auswischt. Setzen, 5!
Verkehr
Über nix wird in Linz so geschimpft wie über den Verkehr. Die tatsächliche Situation ist aber eine andere: Kaum eine City hat dermaßen moderne (und flotte) Öffis wie Linz, auch die neu getaktete S-Bahn ist ein weiterer Schritt. Das angebliche „Stauchaos“ ist im Vergleich zu anderen Städten bestenfalls der vielzitierte Schaß im Wald. Natürlich ginge manches besser und effizienter – aber von einer Endzeit-Stimmung ist Linz weit entfernt. Und mit der Vision einer City-Seilbahn geht Linz österreichweit mutig voran. Daher: Gut.
Finanzen
Die eine Seite (SPÖ) jubelt im Wochenrhythmus, die andere (ÖVP) wittert ständig eine heraufdräuende Zahlungsunfähigkeit. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Dem eingeschlagenen Sparkurs fehlt es an Intensität. Vieles wird immer noch schöngeredet und noch viel mehr Geld wird für Sinnbefreites hinausgeworfen. Strategisch sparen geht anders. Und auch der eine oder ander Taschenspielertrick mit Auslagerungen diverser Schulden drück auf die Note. Genügend.
Sicherheit
Da ist speziell heuer einiges weitergegangen. Das jahrelange Nichtstun (seitens der SPÖ) wurde durch den ständigen Druck von FPÖ und ÖVP beendet, Parks und Problemzonen sind wieder auf einem guten Weg. Gut.
Eigenlob
Selbstkritik ist nicht die Stärke der Stadtpolitik. Erinnert an den Kindergarten – manche schießen fast täglich mit angriffigen Aussendungen auf alles und jeden, halten eigene Anträge aber für geniale Geistesblitze. Daher ein glattes Sehr Gut fürs Eigenlob mancher Parteien.
Sexappeal
Die modischen Höhenflüge mancher Stadtpolitiker (Bürgermeister Luger als regionale Kern-Slimfitanzug-Version, Lorenz Potocnik im Shabby-Chic-Style eines alternden Pariser Starmodels) haben zwar das Zeug für diverse schlaflose Girlie-Nächte. Aber wirklich coole „Ich-will-ein-Kind-von-dir“-Typen fehlen im Rathaus. Sehr extravagant und stylish gekleidet kommt auch Marie Edwige Hartig von den Grünen rüber. In Summe ein Befriedigend.
Visionen
Hochgradig unscharf: der Weitblick des Gemeinderats. 90 Prozent der Themen und Entscheidungen werden mit billigem Groscherlzählen vertändelt. Wo will Linz hin, was ist in 20 Jahren, wofür soll Linz zukünftig stehen? Sätze wie „Linz muss Berlin werden“ klingen zwar nett, sind aber wohl einmal mehr nur schnelle Headlines gut. Unbeantwortete Fragen. Gerade noch Ein Genügend.
Bürgernähe
Auch wenn Gemeinderatssitzungen öffentlich sind: Bürgernähe in Form von Diskussionsrunden oder Einbindung von Meinungen gibt‘s kaum. Außer ein paar löblichen Ausnahmen (z.B. öffentliche Gesprächsrunden in Sachen Sicherheit und Stadtplanung) bekommen Normalsterbliche Luger & Co. nur selten zu Gesicht. Auch wenn es unangenehm ist, sich Kritik zu stellen: Redet mit den Bürgern Auge in Auge! Genügend.