213 ukrainische Erntehelfer sind bereits da, 500 weitere fehlen noch. Dem gegenüber stehen fast 600.000 Arbeitslose in Österreich: Ist es populistisch, diese beiden Zahlen gegenüberzustellen und zusätzlich die Gefahr eines Corona-Imports zu thematisieren? Die Entwicklung der letzten Tage sagt: Nein. Denn jetzt haben wir den Salat.
Österreich ist mit seiner „Gurkenpflücker-Luftbrücke“ kein Einzelfall: Die deutsche Regierung lässt heuer sogar 40.000 (!) Erntehelfer einfliegen. Es brauche erprobte Schlüsselarbeitskräfte und ein eingespieltes Team, heißt es von Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger, der ausgerückt ist, um jene Landwirte zu verteidigen, die die Flüge und alle anderen Kosten dieses temporären Arbeitskräfte-Imports bezahlen. Eine andere Möglichkeit, diese „fordernde Pflückarbeit“ in einem relativ kurzen Zeitfenster zu bewerkstelligen, sei nicht realisierbar gewesen, heißt es seitens der Bauernschaft.
Keine Frage, mit dem klassischen Erdbeerenbrocken, wie es manche gerne vergleichen, ist die Geschichte nicht getan. Auch nicht mit dem Pflücken von paar Gurkerln im Schrebergarten. Der Job geht richtig ans Eingemachte – und ist absolut nichts für Weicheier. Von einer Wissenschaft, für die es unbedingt „erprobte Schlüsselarbeitskräfte“ aus dem 1.533km entfernten Kiew inklusive eigens gecharterten Flieger braucht, ist das Berufsbild eines Erntehelfers aber genauso weit weg wie die ukrainische Hauptstadt von den Feldern Eferdings.
Die für Oberösterreich nötigen, etwa 700 Helfer auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu finden, wäre gewiss eine ebenso harte Tschoch‘ wie zehn Stunden am Gurkerlflieger liegen – und bei dem zu erwartenden Dumping-Lohn auch eine echte Herausforderung für unsere Arbeitslosen.
Was hält aber unsere Regierung davon ab, für heimische Bewerber eine Sonderprämie in Aussicht zu stellen? Und was die Gemüsebauern, die 500 Euro für das Hin- und Rückflugticket plus die Kosten für den 180 Euro teuren Corona-Test als Prämie auf das Monatsgehalt der heimischen Erntehelfer draufzuschlagen? Das würde in Summe ein sehr passables Gehalt von 2.000 Euro netto für den knochenharten Job ergeben – und den Import von Billigarbeitern vulgo „Schlüsselarbeitskräften“ möglicherweise unnötig machen.
Der Corona-Ernteeinsatz könnte auch ein möglicher Auftrag für unsere (beim Krisenhandling ohnehin nicht mehr benötigten) Grundwehrdiener sein – inklusive 1.000 Euro-Sonderprämie, die sich aus den wegfallenden Flug- und Testkosten der Import-Arbeiter finanzieren könnte. Das wäre nicht nur lukrativ für die schlechtbezahlten Soldaten, sondern vor allem sinnstiftender als Exerzieren, Panzer putzen oder auf Menschenattrappen im Wald zu ballern. Ich kann mich noch gut an meinen Grundwehrdienst erinnern: Wir haben Ende der 1980er-Jahre drei Wochen lang – bei brütender Hitze und ohne einen Schilling extra – einen Wanderweg in Bad Goisern instandgesetzt – mit Hämmern, Schaufeln, Äxten und extrem fordernder körperlicher Arbeit. Es war ein starkes gemeinschaftliches Erlebnis und uns hundertmal lieber, als in der Au herumzurobben.
Ganz nebenbei importiert man mit den Arbeitskräften aus der Ukraine möglicherweise auch Corona-Infizierte – einen ersten Fall gibt es ja bereits. Eigentlich müsste man jetzt alle 212, die im selben engen Flugzeug gesessen sind, in Quarantäne stecken, kann die Inkubationszeit doch bekanntlich zwei Wochen dauern. Damit zeigt sich: Dieser ganze Arbeitskräfte-Import in Corona-Zeiten ist vor allem eines: purer Wahnsinn. Nur zu sagen, „Unsere Leute können/wollen/schaffen das nicht“, ohne eine ernstliche Alternative samt Anreizen anzudenken: Geht gar nicht, liebe Bauern.
Ein schaler Nachgeschmack bleibt bei allem Verständnis für die Gefahr eines Ernteausfalls: Dass den Bauern möglicherweise billige, nicht murrende und anspruchslose ukrainische Feld-Hackler lieber sind als heimische Mitarbeiter, die auf Augenhöhe kommunizieren und auch das eine oder andere Recht einfordern, muss auf politischer Ebene diskutiert und neu angedacht werden.