Er trat 2009 mit der Nachfolge von „The Voice“ Heinz Prüller ein schweres Amt an – und hat die Herausforderung sensationell gemeistert: Ernst Hausleitner hat sich zum aktuell gefragtesten Formel 1- und Skiweltcup-Moderator des ORF emporgearbeitet: der gebürtige Linzer im Talk.
E nst Hausleitner – 2009 hast Du Heinz Prüller als „Mister Formel 1“ im ORF abgelöst. Das (Motoren)Geheul war damals enorm.
Die Anfeindungen haben sich in Grenzen gehalten. Einige Medien wollten mir Fallen stellen, indem sie mir Fragen aus der Formel 1-Geschichte stellten, aber diese Schikanen habe ich gemeistert.
Wie war Dein Verhältnis zu Heinz Prüller in dieser Zeit – und wie ist es heute?
An unserem Verhältnis hat sich nichts geändert. Es war ja nicht so, dass wir beide uns den Wechsel in der Kommentatorenkabine selbst ausgeschnapst hätten.
Du warst früher oft auf der Motocross-Maschine flott unterwegs. Wie viel Benzin hast Du heute noch im Blut?
Was heißt hier früher? Ich bin nach wie vor dann und wann auf der Motocross-Piste zu sehen. Ich bin in all den Jahren immer leidenschaftlicher, bedauerlicherweise aber auch langsamer geworden…. leider habe ich wenig Zeit zum Crossen, aber eine nagelneue KTM 250SXF steht in der Garage und wartet darauf, durch den Dreck gejagt zu werden.
Wäre denn aus Ernst Hausleitner ein guter Formel 1-Rennfahrer geworden?
Ich befürchte nicht. Es fehlt mir genau das, warum ich die Formel 1-Piloten so bewundere: Das ist die unglaubliche Präzession, mit der sie ihre Boliden aufs Hundertstel genau Runde für Runde um den Kurs bewegen.
In den TV-Übertragungen kommt die Atmosphäre innerhalb der Formel 1-Teams stets sehr friktionsfrei herüber. Wo sind der Neid, die Sesselsäger, die Zwistigkeiten – wie im richtigen Leben auch?
Dieser Eindruck ist völlig falsch: Die erste Aufgabe, die ein Pilot hat, ist seinen Teamkollegen zu schlagen. Das beinhaltet so viel Konfliktpotential, dass es enorm viel Disziplin und strenge Teamchefs benötigt, die Welt nach außen hin halbwegs heil erscheinen zu lassen.
Und wie wild sind die Partys im Formel 1-Zirkus: Kann man sich sowas heutzutage noch erlauben?
Die Burschen stehen mittlerweile unter einem dermaßen hohen Druck, dass diese Zeiten mehr oder weniger vorbei sind.
Globale Erwärmung, Energieknappheit, Armut… Kritiker halten die Formel 1 für nicht mehr zeitgemäß. Provokant gefragt: Muss das heutzutage wirklich sein?
Die Formel 1 und die globale Erwärmung ist eine absolute Themaverfehlung. 24 Autos, die 20-mal im Jahr im Kreis fahren, dafür (mit)verantwortlich zu machen, finde ich lächerlich. Viel bedenklicher empfinde ich den Aspekt Armut. Vor allem beim Grand Prix von Indien war der Gegensatz zwischen Glanz und Glamour- und der Armut der Bevölkerung allgegenwärtig. Wo über 200 Mio. Menschen an Hunger leiden, 35 Mio. Euro für ein Autorennen auszugeben, schreit nach der Sinnfrage. Allerdings kommt das Geld von einem privaten Promotor – und es wäre naiv, zu glauben, dass der das Geld für eine besseren Zweck verwendet hätte.
Viele neue Rundkurse wirken kühl und steril. Wo sind die Circuits mit echtem Charakter?
Ich bin kein Freund der neuen Retortenstrecken, obwohl die Streckenführung wie etwa in Korea oder Indien recht attraktiv ist. Das liegt eher an der Atmosphäre, die historische Strecken wie Silverstone, Monza oder Spa haben. Formel 1 hat für mich viel mit Geschichte zu tun. Vielleicht schwärmt man in 50, 60 Jahren ja vom Yas Marina Circuit in Abu Dhabi, was ich aber eher für unwahrscheinlich halte…
In der derzeitigen Situation, wo einzig und allein das Geld regiert, ist ein Großer Preis von Österreich wohl undenkbar.
Grundsätzlich würde ich die Chancen in naher Zukunft auch gegen null gehend beziffern. Wenn da nicht Didi Mateschitz den Ring in Spielberg wiederbelebt hätte. Ihm traue ich alles zu – sogar den Grand Prix wieder nach Österreich zu holen.
War die Formel 1 früher wegen vieler Crashes und Überholmanöver spannend, scheint sie es es heute hauptsächlich wegen der perfekten Verpackung zu sein.
Rund 900 Millionen Menschen haben in Summe die 19 Rennen der letzten Saison im TV gesehen. Ich glaube an das Gute und daher nicht daran, dass diese Menschen vor dem Kastl ausharren, um jemanden schwer verunfallen oder sogar sterben zu sehen. Die Formel 1 ist auch ohne Crashes unglaublich facettenreich und faszinierend. 2011 gab es dank DRS (verstellbarer Heckflügel) eine Rekordanzahl an Überholmanövern.
Neben der Formel 1 bestimmt der Ski-Weltcup Deinen Job. Wie schaut’s mit Deinem skifahrerischen Können aus?
Ich versuche so viele Tage wie möglich auf der Piste zu verbringen. Ich fahre sehr gerne zügig und bin auch gerne abseits im Gelände unterwegs.
Du bist in Linz aufgewachsen und hast auch beruflich hier Deine ersten Fußspuren hinterlassen. Wie oft kommst Du heute noch „nach Hause“?
Ich komme nach wie vor sehr gerne nach Linz, nicht nur wegen meiner Eltern und meiner Schwester. Wien ist zwar bereits seit zehn Jahren mein Lebensmittelpunkt, aber ich fühle mich nach wie vor als Linzer. Hier habe ich meine Wurzeln – übrigens auch meine fußballerischen. Ich habe fast 20 Jahre bei SV Urfahr gekickt. Der Verein feiert im Juni 2012 das 100- Jahr-Jubiläum und die Jungs, die jetzt den Verein führen, haben mich in die Planung der Jubiläumsfeier im Ende Juni eingebunden, was mich sehr freut hat.
Wie schaut’s mit dem Linzer Nachtleben im internationalen Vergleich aus?
Keine Ahnung, weil ich die aktuelle Szene nicht mehr kenne. Vor 15 bis 20 Jahren hätte ich darüber ein Buch schreiben können – und es wäre eines mit vielen, vielen Seiten geworden.
Irgendwann mal wieder nach Linz zurückkommen und bleiben: ein Thema?
Einmal Linzer, immer Linzer – vielleicht irgendwann einmal auch wieder mit dem passenden Meldezettel.