Linz bezeichnet sich gerne als fortschrittliche, innovative Stadt. Ein Ideenwettbewerb jagt den nächsten, Politiker klopfen sich auf die Schulter, weil sie glauben, hier so viele Innovationen wie nirgendwo anders auf den Weg gebracht zu haben. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Im Falle der Neugestaltung des Brückenkopfs bei der Eisenbahnbrücke Urfahr etwa: Dort ist die Idee einer Wiese der weitestmögliche Wurf des Gemeinderats.
Gute, innovative Konzepte haben in Linz nach wie vor keine Chance. Schon gar nicht, wenn sie von einer Partei kommen – oder unterstützt werden. Denn dann schlägt die Gemeinderatskeule unbarmherzig zu. Irgendein Grund findet sich ganz bestimmt, um das Projekt des politischen Gegners auszudämpfen – noch ehe die Idee erst richtig zu lodern beginnt. Jüngstes Beispiel: der Vorschlag, bei der Eisenbahnbrücke im Rahmen der Renaturierung der dortigen Baustelle eine Badebucht zu errichten. Nahezu reflexartig zeigten Rot, Blau und Grün der von NEOS lancierten Idee den Allerwertesten. Traurig, aber nicht überraschend.
Man wollte nicht mal darüber nachdenken, ob es keine bessere Lösungen gäbe als eine schlichte Wiese. Etwa einen großen Stadtgarten oder eben eine Badebucht mit Bootsverleih und Liegewiese. Was für eine fabelhafte Idee, Linz noch näher an die Donau zu rücken. Nur die ÖVP zog bei diesem sensationellen Vorschlag mit und wollte das Vorhaben im Planungausschuss weiterdiskutieren. Der Rest vom Fest? Bemühte an den Haaren herbeigezogene, weitgehend sinnentleerte Argumente, warum dort unmöglich Innovatives entstehen darf.
Die FPÖ etwa meinte, das ginge nicht, weil den Anrainern bereits versprochen wurde, dass „dort wieder eine Wiese hinkommt.“ Klingt wie ein schlechter Scherz. Als ob eine der attraktivsten Grün- und Naherholungsflächen der Stadt exklusiv den dortigen paar dutzend Anrainern gehört. Ganz abgesehen davon wurde den Bewohnern ja gar nichts anderes angeboten als wieder nur ein Hunde-WC in Form einer öden Wiese, ohne Zugang zum Wasser.
Wirklich skurril die Position der Grünen: Auch dort klammert man sich an die versprochene Wiese. Schobesberger & Co. stimmten in dieser Frage – was aus grüner Sicht nahezu an Blasphemie grenzt – mit der FPÖ – im Wissen, dass ein etwaiger NEOS-Erfolg weit mehr weh tut als ein blauer. Was die grüne Chaos-Truppe da geritten hat, weiß sie wohl selber nicht. Am Ende war bei einer Rauchpause knapp vor der Abstimmung gar ein Joint (mit schlechtem Kraut?) zu viel im Spiel, wer weiß.
Nicht minder weltfremd die Position der SPÖ: Als „Nice to have-Projekt“ und damit unnötig bezeichnet Finanzstadtrat Forsterleitner das Projekt – wohl wissend, dass die teuer versiegelte Manipulationsfläche sowieso rückgebaut werden muss und es summa summarum wahrscheinlich zu gar keinen Extrakosten käme, würde man hier statt der Wiese eine kleine Badebucht graben. Folgte man Forsterleitners Argumentation ernstlich, wären auch ein Lentos, ein Musiktheater, ein Brucknerhaus oder eine Eishalle umgehendst einzusparen. Denn auch dabei handelt es sich um nicht lebensnotwendige Einrichtungen. Linz wäre ohne „Nice to have“-Pojekte eine funktionelle, graue, traurige Stadt. Das hatten wir eh bis in die 80er-Jahre des vorigen Jahrtausends. Will Forsterleitner (der eigentlich ein gscheiter Bursch‘ mit Weitblick ist) wirklich dorthin zurück?
Das Abstimmungsverhalten bei diesem Projekt führt uns einmal mehr vor Augen, wieviele Volksvertreter im Gemeinderat immer noch in einem längst überwunden geglaubten Modus ticken. Nicht mal über „fremde“ Ideen nachdenken oder diskutieren – nein, sofort mit dem Daumen nach unten. Motto: „Die Idee kann ja gar nicht gut sein, schließlich stammt sie nicht von uns!“
Es ist gelinde gesagt zum Speiben – oder besser gesagt zum Schämen. Aus Neid und Missgunst wird gebremst, verhindert, niedergestimmt. Möge sich bitte keiner der „Pro-Wiese-Fraktion“ jemals wieder mit der Fortschrittlichkeit unserer Stadt schmücken.