Christian Dörfel folgte Ende Oktober 2024 auf Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer in die oö. Landesregierung. Im LINZA Talk des Monats spricht er über Ziele, Privates und was das Thema Sparen für seine Ressorts Soziales und Integration bedeutet.
Der ersten zwei Monate in Ihrem neuen Tätigkeitsfeld als Landesrat sind vorbei. Wie war diese Zeit?
Sehr intensiv, aber bestens begleitet von einem hochprofessionellen Team. Im Sozialressort stellen wir die Weichen dafür, wie wir in den nächsten Jahrzehnten zusammenleben wollen – das ist eine große Aufgabe, und ich glaube wir haben den Wechsel sehr gut gemeistert. Wir wollen die Reformagenda im Sozialressort fortführen, aber auch neue Schwerpunkte in den Bereichen Pflege und Integration setzen.
Vom Bürgermeister der Gemeinde Steinbach an der Steyr mit 1.966 Einwohnern zum Landesrat eines ganzen Bundeslandes: Da kommt auch im persönlichen Umfeld einiges in Bewegung. Wie sind Sie – auch familiär/privat – damit umgegangen?
Ich hatte ja schon zuvor mit der Rolle des Klubobmanns eine tagesfüllende Aufgabe neben der Funktion des Bürgermeisters. Die Funktion des Landesrats sehe ich als Bestätigung meiner bisherigen Arbeit. Die Vereinbarkeit ist eine Frage von Zeit- und Terminmanagement, ich habe da ein top aufgestelltes Team und auch die familiäre Unterstützung, auf die ich mich verlassen kann.
„Mit der Sachleistungskarte verhindern wir Missbrauch unserer Leistungen und vereinfachen das System.“
Mit 63 denken manche schon an den Ruhestand, andere werden mit 78 sogar noch Präsident der USA. Wie gehen Sie mit dem Thema Alter und Ruhestand um?
63 ist ja fast kein Alter, unser Nationaltrainer Ralf Rangnick ist 66 und führt unsere Mannschaft zum Erfolg. Aber ernsthaft: Ich glaube, dass wir in der Politik beides brauchen, junge Kräfte und erfahrene Köpfe. Als Klubobmann und Bürgermeister kenne ich die Prozesse im Land sehr gut – gerade den Sozialbereich – und bin top motiviert für die neue Aufgabe.
Was verbindet Sie als Nicht-Linzer mit der Landeshauptstadt Linz?
Linz ist Landeshauptstadt, Kulturstadt und auch Wirkungsort vieler Einrichtungen, die ich im Sozialbereich verantworte. Ich glaube aber, dass es auch gut tut, wenn man seiner Heimat – in meinem Fall Steinbach an der Steyr – verbunden bleibt. Das erdet auch für einen Job, in dem man viele Entscheidungen treffen muss.
Zu Ihren Hobbys gehört auch der LASK. Sie erfüllen damit das alte Vorurteil, dass fast alle ÖVPler Fans des LASK sind und die SPÖ beim FC Blau-Weiß Linz zuhause ist. Wie intensiv ist Ihre Liebe zum Fußball?
Der Fußball ist ein großartiger Ausgleich zur politischen Tätigkeit, daher lasse ich mir kein Spiel der Schwarz-Weißen entgehen. Das mache ich übrigens seit 52 Jahren aus Überzeugung und nicht, weil ich ÖVP-Politiker bin.
Zu tun gibt’s in Ihren herausfordernden Ressorts mehr als genug – etwa bei der Pflege. Mit der Fachkräftestrategie Pflege hat Ihr Vorgänger Wolfgang Hattmannsdorfer bereits einiges in die Wege geleitet. Welche zusätzlichen Akzente wollen Sie hier setzen?
Wir haben mit der Fachkräftestrategie Pflege vieles umgesetzt, im neuen Jahr startet die neue GmbH für das Pflegemanagement, damit entlasten wir die Sozialhilfeverbände und stellen die Personalgewinnung auf ganz neue Beine. 2025 werden wir einen Prozess starten, um neue Betreuungsmodelle und -formen zu entwickeln. Denn die Situation in der Pflege wird nicht einfacher, mit einer alternden Bevölkerung und weniger Ressourcen. Wir müssen hier schon weit in die Zukunft denken, um auch künftig eine qualitative Pflege sicherzustellen.
Das Mega-Thema Asyl und Integration gehört auch zu Ihren Kernthemen. Hier gilt es vor allem, die kürzlich angelaufene Sachleistungskarte weiter auszurollen. Kann diese Karte auch helfen, die Zahl der Asylsuchenden zurückzudrängen?
Natürlich, weil wir damit das Signal senden, dass Oberösterreich für ungeregelte Migration unattraktiv ist. Wir werden immer Platz haben für jene, die Schutz und Hilfe suchen. Wir müssen aber den ungeregelten Zuzug beenden, weil er unsere Systeme überfordert. Mit der Sachleistungskarte verhindern wir Missbrauch unserer Leistungen und vereinfachen das System.
„Wir werden 2025 einen Schwerpunkt auf die Sozialhilfe legen. Die wirtschaftlichen Herausforderungen werden nicht weniger, daher müssen wir schauen, wie wir Menschen von der Sozialhilfe wieder in Arbeit bringen.“
Die Sachleistungskarte alleine wird den Zulauf an Wirtschaftsflüchtlingen nicht beenden. Braucht es nicht noch weitere, härtere Maßnahmen?
Ja, es braucht ein Umdenken in ganz Europa. Die Europäische Union hat mit dem neuen Asylpakt endlich die Trendwende in der Asylpolitik eingeleitet, das muss jetzt rasch umgesetzt werden. Langfristig werden wir Asylverfahren in Drittstaaten benötigen und auch noch mehr Konsequenz bei der Abschiebung von illegalen Migranten, sprich Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern. Priorität muss außerdem der Schutz der Außengrenzen haben.
Welche weiteren Schwerpunkte will der neue Sozial-Landesrat neben den bestehenden Projekte noch umsetzen?
Wir werden 2025 einen Schwerpunkt auf die Sozialhilfe legen. Die wirtschaftlichen Herausforderungen werden nicht weniger, daher müssen wir schauen, wie wir Menschen von der Sozialhilfe wieder in Arbeit bringen. Da geht es vor allem um arbeitsfähige Langzeitbezieher. Wir wollen hier neue Anreize schaffen, um diese wieder in Arbeit zu bringen. Und wir werden auch die Deutschpflicht weiterentwickeln.
Es ist kein Geheimnis, dass OÖ sparen muss. Auch wenn man oft reflexartig hört, dass es bei den eigenen Ressorts nicht geht: Was könnten Sie dennoch beitragen?Wir werden unsere Angebote gut weiterführen können, trotz Spardruck. Das Zauberwort heißt hier: Schwerpunkte setzen – mit wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Verantwortung. Wir müssen auch im
Sozialbereich anerkennen, dass das Budget immer auch darauf basiert, dass wir einen starken Wirtschaftsstandort haben und dass wir Steuergeld effizient einsetzen müssen. Wir wollen Qualität sicherstellen, aber immer im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten.
Im Rahmen Ihrer Bestellung war medial immer wieder die Zuschreibung zu hören, Sie seien „Der Mann fürs Grobe“, was in gewissen Themenfeldern auch sicher keine Fehler ist. Das bedeutet aber auch Härte. Freut es Sie oder ärgern Sie sich über solche Zuschreibungen?
Ich würde einmal sagen „Hart, aber herzlich“. Als Klubobmann war ich im „Maschinenraum“ der Politik tätig, da muss man auch einmal zuspitzen. Und auch als Sozial-Landesrat behalte ich es mir bei, Herausforderungen offen anzusprechen und eine klare Sprache zu haben. Inhaltlich ist die Sache klar: Jenen zu helfen, die sich selbst nicht helfen können. Eine gute Pflege sicherstellen und Integration aktiv einfordern.
Und wo wird der „harte“ Dörfel auch mal weich?
Im Sozialressort haben wir es mit ganz unterschiedlichen Schicksalen und Lebenssituationen zu tun, das darf einen nicht kalt lassen. Wir werden beispielsweise auch unsere Programme für Menschen mit Beeinträchtigungen weiter ausbauen, damit diese so selbstständig wie möglich und mit so viel Betreuung wie nötig leben können. Hier haben wir eine doppelte soziale Verantwortung.
Auch wenn wir gerade erst Halbzeit der Legislaturperiode haben: Gibt’s nach der Wahl 2027 ein Dörfel Da capo?
Jetzt geht es einmal darum, unsere künftigen Projekte bis 2027 umzusetzen: Die Umsetzung der Service-GmbH für die Pflege, eine Reform der Sozialhilfe, die weitere Umsetzung der Sachleistungskarte. Bis 2027 gibt es also genug zu tun, und dann werden die Karten neu gemischt.
Interview: W. Holzleitner