Es geht auf die Zielgeraden für Josef Pühringer, der am 27. September zum letzten Mal zur Wiederwahl als Landeshauptmann antritt. Im l)inzider-Talk präsentiert sich Pühringer, der heuer sein 20-jähriges Amtsjubiläum feierte, in Bestform – und fitter den je.
Herr Landeshauptmann, heuer gab‘s das 20-jährige Amtsjubiläum. 2015 war ziemlich herausfordernd.
Die Funktion eines Landeshauptmannes ist immer eine herausfordernde, die aktuelle Situation – Stichwort Asyl und Arbeitsmarkt – eine ganz besondere. Dennoch haben wir es geschafft, für Oberösterreich und seine Menschen erfolgreiche Projekte abzuschließen. Ich denke da etwa an die medizinische Fakultät.
Wie weit werden Bundesthemen auf die Wahl in OÖ Einfluss haben?
Am 27. September stimmt Oberösterreich über Oberösterreich ab – und nicht über Asyl, Griechenland, oder die Zufriedenheit mit der Faymann-Regierung.
Sie sprachen einmal von einer Flüchtlings-Obergrenze. Wie soll das funktionieren? Ein Alleingang ist für Oberösterreich doch gar nicht möglich.
Oberösterreich macht Druck. Wir tun unsere Pflicht und verlangen, dass das alle anderen auch tun. An der gerechten Verteilung der Flüchtlinge in ganz Europa führt kein Weg vorbei. Daneben muss man die EU-Außengrenzen wesentlich besser kontrollieren und Auffanglager außerhalb Europas errichten, damit viele gar nicht mehr auf die Idee kommen, sich auf einen Schlepper einzulassen und auch jene, die sich die lange Reise hierher gar nicht leisten können, eine Chance haben.
Den lebenslangen sicheren Arbeitsplatz gibt es genauso nicht mehr wie das zinsenreiche Sparbuch, die sichere Pension, die günstige Genossenschaftswohnung. Auch Werte wie Familie zerbröseln immer mehr. Dazu die vielen Krisenherde auf der Welt, die ausufernde Flüchtlingssituation. Wie empfinden Sie als Landeshauptmann diese Situation, die immer mehr Menschen Sorge bereitet?
Das ist eine sehr negative Darstellung, die ich so nicht teilen will. Auf der anderen Seite habe ich Verständnis, dass viele im aktuellen Szenario mit den Flüchtlingsströmen auch Ängste und Sorgen haben. Sichere Pensionen, Arbeitsplätze und Sicherheit dürfen und werden nicht in Frage gestellt werden. Man darf auch nicht vergessen: Wir sind nach wie vor eines der wohlhabendsten Länder Europas.
Die OÖ Arbeitslosenzahlen sind im Bundesvergleich zwar niedrig, aber immer noch zu hoch, der Wohnungsmarkt ist ebenfalls sehr angespannt. Jetzt drängen tausende Flüchtlinge in den knappen Arbeits- und Wohnungsmarkt. Verstehen Sie da die durchwegs nachvollziehbaren Ängste vieler Menschen?
Man muss faiererweise sagen, dass nur 30 bis 40 Prozent der Flüchtlinge Asyl erhalten und der Rest zurückgeschickt wird. Ich verstehe die Ängste der Menschen, die sich um ihren wohlerworbenen, bescheidenen Wohlstand sorgen. Eine Idee ist Asyl auf Zeit – eine Maßnahme, die sich auch im Bosnienkrieg bewährt hat.
Zuwanderung bedeutet auch einen kulturellen Zugewinn. Gleichzeitig gehen aber viele christlich gewachsene Werte verloren. Müssen wir den Tatsachen ins Auge sehen und uns von unseren alten Traditionen verabschieden?
Ein Verabschieden von unseren Werten kommt nicht in Frage. Wir leben in unserem Land mit unseren Werten und unserer Kultur. Wer zu uns kommt und bei uns bleiben will, muss unsere Hausordnung einhalten und unsere Werte akzeptieren. Auf der anderen Seite werden wir niemandem seine Werte nehmen oder etwas aufdrängen. Es soll – so weit möglich – ein Leben miteinander und nicht nebeneinander sein.
Apropos alte Werte: Auch die Polit-Landschaft wird immer unberechenbarer und vielfältiger. Echte Mehrheiten gibt es kaum noch. Ist das – Stichwort zu viele Kompromisse – gut oder schlecht?
Die politische Landschaft ist vielfältiger geworden, es gibt neue Parteien. In Oberösterreich sollten wir danach trachten, dass die Entscheidungsfähigkeit weiter gewährleistet ist. Wir haben dieses Land auch in schwierigen Zeiten gut geführt. Oberösterreich ist heute herzeigbar und braucht keinen Vergleich mit anderen Bundesländern oder europäischen Regionen scheuen. Daher bin ich zuversichtlich, dass unsere Regierungsfähigkeit in den nächsten Wahlen bestätigt wird.
Speziell Oberösterreichs wirtschaftliche Entwicklung war traditionell mit jener im angrenzenden Deutschland gekoppelt. Seit einiger Zeit gehen die Richtungen aber auseinander. Wie kommt man wieder in die Spur?
Natürlich ging die Wirtschaftskrise an einem Export- und Industrieland wie Oberösterreich nicht spurlos vorüber. Und natürlich ist unser Ziel, uns durch gezielte Konjunkturprogramme wieder den deutschen Ergebnissen anzunähern. So weit entfernt ist Oberösterreich davon übrigens gar nicht.
Der Arbeitsmarkt springt noch nicht richtig an. Wie kann man hier spontan für ein Ankurbeln sorgen?
Wir haben für 2015/2016 ein Konjunkturpaket und Wirtschaftsimpulsprogramm beschlossen. Wir erwarten uns davon bis zu 13.000 zusätzliche Arbeitsplätze und hoffen, dass auch viele private Unternehmer aufspringen und investieren.
Sie widmen sich in einer Plakatkampagne unter dem Kurzbegriff „WIR“ dem Zusammenhalt. Halten wir in Oberösterreich zu wenig zusammen?
Nein. Aber ich möchte daran nur erinnern, dass das „Wir“ sehr wichtig ist. Denn alles was wir erreichten, haben wir durch Zusammenarbeit geschafft. Ich bekenne mich daher auch für die Zukunft für eine Politik, die das Gemeinsame vor das Trennende stellt.
Möglicherweise geht sich trotz gutem ÖVP-Ergebnis Schwarz-Blau nicht mehr aus. Viele Wähler würden daher vor der Wahl gerne wissen, wen Sie mit der ÖVP „mitwählen“.
Mit der ÖVP wählt man die ÖVP und sonst niemanden. Mit der ÖVP wählt man die Zusammenarbeit mit allen – trotz der derzeitigen Koalition mit den Grünen. Koalitionsansagen habe ich noch nie gemacht. Außerdem: In einer Konzentrationsregierung wie in Oberösterreich sind alle Parteien ab einer gewissen Stärke in der Regierung.
Sie sind das wohl bekannteste Gesicht Oberösterreichs. Jeder kennt Sie, jeder will ein Foto mit dem Landeshauptmann, jeder kommt mit seinen Problemen zu Ihnen. Wenn man in die Politik geht, bedeutet das gleichzeitig die fast komplette Aufgabe des Privatlebens. Hat Ihnen dieser private Freiraum nie gefehlt?
So sehe ich das nicht. Man muss es natürlich mögen und akzeptieren, dass man fast immer „öffentlich“ ist. Mir ist es auf jeden Fall lieber, die Leute grüßen mich, als sie grüßen mich nicht. Für einen Politiker ist diese Situation die wesentlich günstigere, als wenn es umgekehrt wäre.
Von der Tageszeitung ÖSTERREICH wurden Sie sogar als möglicher Kandidat für die Bundespräsidentenwahl genannt. Können Sie das ausschließen?
Ich wurde auch von vielen anderen Medien, insbesondere der Kronenzeitung, als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl genannt. Aber ich kandidiere als Landeshauptmann von Oberösterreich und für sonst gar nichts.
Wer Sie kennt, weiß: Ein Josef Pühringer in Pension ist eigentlich undenkbar. Für Sie auch?
Das ist für mich nicht undenkbar. Aber der Zeitpunkt ist noch fern, daher beschäftige ich mich nicht mit Details. Aber glauben Sie mir: Es fehlt mir keineswegs an Freunden, guten Ideen und Beschäftigungsmöglichkeiten abseits der Politik.