Vor genau einem Jahr eröffnete Roland Ludomirska seinen „Crazy Cheese“ Shop in der Lentia City. Der ganzkörpertätowierte Unternehmer will Käse zum exklusiven, hochpreisigen Lifestyle-Produkt machen, seine dekadenten Videos mit Privatjet, Rolls Royce und jeder Menge Champagner sorgen für Aufsehen, aber auch viel Kritik an ‚dem Mann mit dem Käs‘. Wir plauderten mit dem 52-Jährigen, der in den nächsten Jahren weltweit 200 Crazy-Cheese-Shops eröffnen will und sein Produkt „absolutely delicious Lifestyle-Käse“ nennt.
Zehn Dekagramm „Schwarzer Diamant“ – ein Käse mit Karamellgeschmack – kommen etwa auf 17,30 Euro, 100g Trüffel-Ziegenkäse „Geiler Bock“ gar auf 31 Euro… geschmalzene Preise, aber dennoch findet sich eine immer größere Fan-Community, die auf den Luxuskäse im edlen Design abfährt. Das Rundum-Paket und der Auftritt von Crazy Cheese beeindrucken, hat aber eben seinen Preis. Auch viele Hater mit entsprechend deftigen Kritiken begleiten den innovativen Käsehändler.
Roland Ludomirska, wer bitte kauft Käse um bis zu 31 Euro für zehn Dekagramm? Wer kann oder will sich das leisten?
Leisten kann es sich jeder, der es will. Und außerdem: Weniger ist oft mehr. Es ist doch viel genussvoller und wertvoller, nicht zu viel zu essen, das gilt auch beim Trinken. Wir haben auch Käsesorten wie unseren Crazy Gran, wo zehn Deka nur 1,90 Euro kosten. Und beim Champagner geht’s bei 20 Euro pro Flasche los. Wenn man sich das einmal in der Woche statt ein paar Flaschen billigen Wein oder Diskonterkäse aus dem Supermarkt gönnt, ist das auch gesünder und kaum teurer.
Mehr als ein Stück Käse wird sich bei den hohen Preisen wohl kaum jemand gönnen.
Das hat auch Vorteile. Wenn ein Lebensmittel etwas teurer ist, geht man auch viel bewusster um damit – und genießt es umso mehr. Natürlich muss auch die Qualität passen. Mein Ziel ist es, dass die Kunden sagen: ‚Das ist der beste Käse, den ich jemals gegessen habe, absolutely delicious.‘ Irgendeinen billigen Käse aus dem Supermarkt vergisst man dagegen sofort wieder. Wenn die Leute immer nur denken ‚Mir geht es schlecht‘ und ‚Ich kann mir das nicht leisten‘ zieht man noch mehr von dieser Stimmung an.
Du willst schnell wachsen und viele Shops eröffnen, was auch ein großes Risiko birgt.
Sieben Crazy Cheese Shops gibt es bereits in Österreich. 200 sollen es weltweit werden. Der Käse mit seiner Qualität ist legendär, da mache ich mir keine Sorgen. Das einzige Risiko ist das Personal: Ich brauche dringend gute Mitarbeiter, darum hier gleich mein Aufruf an alle positiven Linzerinnen und Linzer, die Freude am Leben haben und gerne genießen: Bewerbt euch unter office@crazy-cheese.com, wir zahlen sehr gut inklusive Umsatzbeteiligung!
Mitten in der Corona-Zeit mit Deiner Crazy Cheese-Idee zu starten: Das war eine Mischung aus halsbrecherisch und gewagt.
In so einer Zeit loszulegen, ist natürlich mutig. Gerade schwierige Zeiten sind aber die beste Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln. Krisen sind gleichzeitig die größten Chancen. Die Shops hatten zwar eine Zeit lang zu, dafür boomte das Online-Geschäft.
Deine bewusst zur Schau gestellte Dekadenz wird Dir oft auch vorgeworfen. Vielen Menschen geht‘s schlecht und Du postest Videos aus dem Privatflieger oder gurgelst vermeintlich den ganzen Tag Champagner. Letztens gab’s ein Video, in dem Du einen geräucherten Albino Stör samt Albino Kaviar (Kilopreis: 65.000 Euro) gegessen hast. Darf man das in Zeiten wie diesen?
Ja natürlich, warum denn bitte nicht. Der Albino Stör war übrigens sehr gut, er war aber aus einer Züchtung, niemand braucht sich also Sorgen zu machen. Meine Videos sehe ich auch nicht als Selbstdarstellung, sondern als ‚Genussporno‘. Ich zeige den Menschen vor, dass man es sich gut gehen lassen soll. Vielleicht schraubt der eine oder andere dann ebenfalls seine Bedürfnisse höher, ändert sein Leben oder sucht sich einen neuen Job, weil er diesen Genuss auch erleben will.
Wie gehst Du mit den teils wirklich heftigen Kritiken und Beschimpfungen in den sozialen Medien um: Gibt’s da auch Wirktreffer oder lässt Dich das völlig kalt?
Ja, das lässt mich kalt. Die Leute sollten die Dinge grundsätzlich positiver sehen. Keiner muss meine Produkte kaufen. Wenn ich in einem Geschäft eine 5.000 Euro teure Handtasche sehe, würde ich mir die auch nicht leisten. Ich würde mich aber mit jenen mitfreuen, die das tun und eine Freude daran haben. Ich käme aber nicht auf die Idee, deswegen den Geschäftsinhaber zu beschimpfen.
Aus welchen Verhältnissen stammst Du?
Ich bin im Wiener Gemeindebau aufgewachsen, meine erste Wohnung war eine 30m2-Substandard-Bleibe. Ich sehe mich selber als ‚Neureicher‘, der es zu etwas gebracht hat, weil ich ein Leben lang hart gearbeitet habe.
Wie fing es mit dem Käse an?
Ich habe damals im Fotohaus Hartlauer das Verkaufen gelernt, wollte mich aber schon bald selbstständig machen. Der erste Traum war ein eigenes Fotogeschäft und Hochzeiten fotografieren, das habe ich dann aber Gottseidank nicht gemacht. Ich habe stattdessen den Bauernbrotstand von meiner Tante am Viktor Adler Markt im 10. Wiener Bezirk übernommen. Dann haben aber immer mehr Bäcker aufgesperrt und ich wechselte auf Käse. Da bin ich draufgekommen, was das für ein geiles Produkt ist. Dann entstand das Label Crazy Cheese. Hätte ich gewusst, dass mein Konzept so gut ankommt, hätte ich es schon vor 20 Jahren realisiert.
Hat der Käse beim Essen und in der Gastronomie die Rolle, die ihm zusteht oder ist er unterbewertet?
Er ist komplett unterbewertet. Ich finde das sehr schade, denn ein Stück Käse ist genauso wertvoll wie ein Stück Brot. Das ist fast schon was Heiliges. Leider wollte auch bis heute keine einzige österreichische Käserei mein Konzept umsetzen. Die lachen nur und glauben, ich bin ein Spinner. Dabei muss man muss sich gerade jetzt was trauen und ein Pionier sein.
Was hat es mit Deinen vielen bunten Tattoos auf sich?
Das habe ich eigentlich nur gemacht, um meine Frau zu ärgern. Sie hasst Tattoos, aber auch meinen Bart (lacht). Vor fünf Jahren habe ich mein erstes Tattoo in Mailand machen lassen, ein Edelweiß, seitdem sind es immer mehr geworden. Ich wollte nicht nur mich, sondern auch die Welt bunter machen mit meinen Käse-Produkten. Ich finde sowohl meine Haut, als auch meine Käsesorten eben schöner, wenn sie bunt sind.
Hand aufs Herz: Rennst Du privat nicht auch mal im Ruderleiberl herum, trinkst Bier aus der Dose und isst Nudeln mit Fertig-Sugo – oder ist sowas für Dich absolutetly NOT delicious?
Na sicher! Eines meiner letzten Videos drehte sich sogar um Spaghetti Bolognese und Pizza. Ich steh auch auf Bratlfettnbrot und ein Glasl Wein. Es muss nicht immer Champagner sein. Das macht mich genauso glücklich. Ich bin im Gemeindebau aufgewachsen und seh‘ mich auch als ‚Prolet‘, ich bin sogar stolz drauf. Das Proletariat sind jene Leute, die am meisten arbeiten, Steuern zahlen und damit am meisten für die Allgemeinheit tun.
Du bist oft in unserer Stadt zu Gast. Kannst Du mit einer Linzer Torte was anfangen?
Und wie, das ist eines der geilsten Lebensmittel überhaupt. Immer wenn ich früher mit meinem Käse-Marktstand unterwegs war, habe ich mir am Voralpenkreuz eine Linzer Schnitte gegönnt, auch wenn man keinen Käs‘ drüberstreuen kann 🙂