Bringen wir’s hinter uns: Am 24. April wird der neue Bundespräsident gewählt. Sechs Kandidaten stellen sich der Wahl, wenn man denn Richard Lugner als vollwertige Alternative zählen will. Die Dame(n) und Herren AnwärterInnen sind alle mit ihren ersten Plakaten und Sujets draußen. Wir haben uns die Dinger (in alphabetischer Reihenfolge) mal angesehen…
Irmgard Griss
Nicht nur das Format – nämlich Hoch statt Quer – ist bei der einzigen wählbaren Dame anders. Der Slogan „Unabhängig für Österreich“ bringt ihren USP auf den Punkt. Der Sager „Jetzt oder nie“ gefällt – und spielt auf ihre Rolle als einzige Frau am Stimmzettel an. Irmgard Griss wirkt vertrauensvoll und seriös, schrammt dabei aber sehr, sehr knapp an der Grenze zur Fadesse vorbei.
Macher-Eigenschaften attestiert ihr bei so einem Sujet keiner, aber das soll wohl auch gar nicht der Zweck sein – und würde ihr auch keiner abkaufen. In Summe ganz gefällig, auch wenn die Kandidatin nicht stark und entschlossen, sondern eher etwas zerbrechlich und wie eine angegraute Griss-Omi wirkt. So eine liebe alte Dame würde man sogar glatt vom Leberkässemmerl abbeißen lassen. Na hoffentlich derpacken es ihre Zähne noch…
7 von 10 Wahlkreuzerl
Norbert Hofer
Als einziges Wahlplakat ziert jenes von Norbert Hofer auch ein Partei-Logo. Nur: Was soll das bringen? FPÖ-Wähler wissen, wo Hofer politisch zuhause ist. Und Menschen, die partout nicht FPÖ wählen, schreckt man damit eher ab.
Norbert Hofers Plakate lehnen sich von der Optik an die bekannten FPÖ-Sujets an: klare Bildsprache, griffig-auffordernder Slogan. Durchaus gelungen der Sager „Deine Heimat braucht dich jetzt“, weil er die Wähler direkt anspricht. Hofer selbst – vor rot-weiß-roter Flagge posierend und entschlossen in die Ferne blickend – kommt sehr staatsmännisch rüber – ein Eindruck, den er in manchen TV-Interviews (noch) nicht ganz vermittelt. Fazit: Ein klares, solides, gut gemachtes Plakat, das Hofers Zielgruppe punktgenau adressiert. Auch kein Fehler: Als einziger Kandidat (außer Lugner) vergisst Hofer nicht auf den (wichtigen) Call-to-Action Hinweis auf seinen Facebook-Account.
8 von 10 Wahlkreuzerl
Rudolf Hundstorfer
Die Photoshop-Regler bis auf Anschlag gedreht hat Rudolf Hundstorfers Wahlkampfbüro bei der Erstellung seines aktuellen Sujets, das nahtlos an die SPÖ-Wahlplakate der vergangenen Jahre – etwa Michael Häupl bei der letzten Wien-Wahl – anschließt: großes (extrem gephotoshopptes) Gesicht, fast schon übernatürliche Kontraste, die unvermeidliche rote Krawatte und eine gestellte Gesprächssituation mit gesoftetem Gegenüber. So ein Sujet ist nicht mutig, man ging lieber auf Nummer sicher.
Der Sager „Einer von uns. Immer für uns“: inhaltsleer und platt. Junge Menschen fühlen sich nicht wirklich angesprochen, wenn ein bald 65-Jähriger mit „Einer von uns“ daherkommt. Das gesamte Plakat wirkt trotz klarer Typo ideenlos und flach. Die unvermeidliche Unterschrift (wozu eigentlich? Weil man das immer schon so hatte?) fehlt ebenfalls nicht. Ob das reichen wird, außer den Pensionisten auch andere Wählergruppen anzusprechen (die er dringend braucht), sei dahingestellt.
5 von 10 Wahlkreuzerl
Andreas Khol
Mit dem Wörtchen „Erfahrung“ will Andreas Khol den prognostizierten Absturz noch abwenden. „Erfahrener. Staatsmännischer. Mutiger“, „Erfahrung macht stark“ und „Österreich stärken“ – abgedroschene Floskeln, die eigentlich jeder Politiker über 55 auf seine Plakate pinseln könnte. No have USP.
Auch hier: die Unterschrift als eine Art amtlicher „Beglaubigung“ des Slogans. Ganz, ganz alte Schule. Und die grüne Krawatte könnte als ein leises Flehen an den einen oder anderen wankelmütigen Grün-Wähler verstanden werden. In Summe ist auch dieses Sujet zwar ganz ordentlich gemacht, Highlights und echte Winner-Sujets sehen aber anders aus. Nicht wirklich mutig, eben eher was mit viel „Erfahrung“. Womit sich der Kreis zum Slogan schließt. Gähn.
5 von 10 Wahlkreuzerl
Richard Lugner
Rawuzi kapuzi! Bunt und laut geht es auf Lugners aktuellem Wahlsujet zu. Das Auge weiß hier gar nicht, von welchem Farbklecks es sich zuerst beleidigen lassen soll. Zu viele Elemente sind hier der Botschaft Tod.
Fast dasselbe Bild und einen nahezu identen Slogan verwendete übrigens Arnold Schwarzenegger anno 2003 bei seinem Gouverneurs-Wahlkampf in Kalifornien. Und auch die Optik versuchte man – leider sehr stümperhaft – zu kopieren und an das Layout der FPÖ anzupassen. Dazu noch ein doppelter Facebook-Hinweis und – weil da halt noch ein Fleckerl frei war – ein Youtube-Aufruf. Und natürlich reicht bei Lugners auch ein rot-weiß-roter Hintergrund alleine nicht: Da muss noch ein fetter Österreich-Balken und ein rot-weiß-roter Rahmen her. Sicher ist sicher. In Summe ist das alles natürlich viel zu viel. Aber drauf geschissen: Weil auch Mut zur Peinlichkeit belohnt werden soll, ist Lugners Sujet unser Sieger der Herzen. Bewerten lässt sich so ein werblicher Super-GAU freilich mit herkömmlichen Standards nicht. Daher:
Ganz viele von 10 Wahlkreuzerl
Alexander Van der Bellen
Reduziert und optisch sehr gelungen ist das Plakat des grünen „unabhängigen“ Kandidaten Alexander Van der Bellen. Fein das Foto fernab der klassischen staatstragenden „Grinsender-Mann-im-dunklen-Anzug“-Fraktionen. Auch der Slogan „An Österreich glauben“ würde sehr gut zu einem Bundespräsidentschaftsanwärter passen – Betonung auf „würde“: Gerade Van der Bellen fremdelt mit Begriffen wie „Heimat“ (auf seinem zweiten Sujet) oder „Österreich“ hochgradig. Am Ende bleibt der Versuch, auch Wählergruppen fernab der Grünen anzusprechen. Ob diesen Schmonzes jemand abkauft? Es scheint zu funktionieren – wenn man zumindest der Mehrheit der Umfragen glaubt…
8 von 10 Wahlkreuzerl