2020 geht nur 92 Kilometer von Linz entfernt der Flughafen Budweis ans Internationale Netz. Als Airport-Manager zieht dort der Bad Leonfeldner Dieter Pammer die Fäden. Pammer war in ähnlicher Position viele Jahre am Linzer Blue danube airport tätig. Jetzt will er in Tschechien mit dem Aufbau eines erfolgreichen Regionalflughafens auch frischen Wind in den oberösterreichischen Markt bringen. Im Talk mit dem LINZA spricht Pammer auch über die Konkurrenzsituation mit dem Flughafen Linz.
Ein neuer Flughafen nahe Linz – den Konsumenten kann’s nur recht sein, denn Konkurrenz belebt das Geschäft. Beim Start 2020 werden 80.000-100.000 Passagiere angepeilt – für Pammer ein mehr als realistisches Ziel, denn der Name Budweis habe eine „internationale Strahlkraft, zudem liegen wir an einer touristischen Hauptschlagader“. Besonders rege sei das Interesse aus dem oberösterreichischen Raum – und hier pikanterweise vom Tourismus und der Wirtschaft. Mit dem fixen Ausbau der S10 bis an die Grenze und der Autobahn auf böhmischer Seite bis 2024 wird der Budweis Airport in nur 45 Minuten von Linz aus erreichbar sein. Ein weiterer starker Vorteil: In Budweis wird man gratis parken können – in Linz legen Fluggäste für zwei Wochen dafür bis zu 120 Euro extra ab, in Wien sogar mindestens 140 Euro.
Dieter Pammer – Sie wollen in Budweis vor allem Lowcost-Airlines ansprechen. Mit welchem konkreten Angebot sollen Fluglinien auf den No-name-Airport Budweis gelockt werden?
No name-Airport stimmt nicht, denn es geht nicht um den Flughafen, sondern um die Region – und die ist alles andere als „No name“. Südböhmen ist ein absoluter Magnet mit den Anziehungsfaktoren Weltkulturerbe Krumau, Budweis, Moldaustausee, Böhmerwald und zusätzlich enormen wirtschaftlichen Möglichkeiten. Hier sitzen bereits große österreichische Unternehmen wie Engel oder Hauser. Wir merken bereits jetzt einen enormen Zuspruch, weil die Airlines und Unternehmer auf uns zukommen.
Wen wollen Sie ansprechen?
Wir ziehen einen Umkreis von 150 Kilometer, vom nördlichen Prager Raum bis zum oberösterreichischen Zentralraum, Niederösterreich und Bayern. In Summe sprechen wir da von zwei Millionen Menschen und einer enormen Wirtschaftskraft.
Warum soll jemand aus Linz künftig von Budweis abfliegen und nicht von Linz?
Weil wir mit Sicherheit interessante Ziele bieten werden, die es anderswo nicht gibt. Lassen Sie sich überraschen! Und wir werden auch Gratisparken ermöglichen. Noch kürzere Wege als auf unserem Airport gibt es nirgendwo sonst. Zudem liegen wir zwischen dem Salzkammergut, Krumau und Prag an einer touristischen Hauptschlagader. Wir werden fliegen, dass die Schrauben nur so krachen.
Ein Problem könnte aber die weite Anreise sein.
Überhaupt nicht. Dank der S10 ist man schon jetzt in einer guten Stunde hier am Flughafen. Bis 2024 wird die Schnellstraße dann auch von der Grenze bis zum Airport fertig sein und sich die Fahrzeit auf 45 Minuten verkürzen. Wenn ich an die Donaubrücken-Diskussion oder die vielen Staus im Zentralraum denke, sind wir sogar attraktiver. Nördlich von Linz braucht man dank der S10 kaum länger nach Budweis als durch die ganze Stadt in den Süden.
Und die Öffi-Anbindung?
Wir wollen die bestehenden Schnellbuslinien – etwa Flixbus – anbinden. Die Linie zwischen Linz und Prag wird dann direkt am Budweis Airport einen Zwischenstopp einlegen. Auch Shuttlebusse in andere Regionen sind angedacht. Und vom Bahnhof Budweis besteht eine direkte Schienenanbindung, in der man in 20 Minuten beim Terminal aussteigt. In Summe sind wir verkehrstechnisch um nichts schlechter als der oö. Zentralraum.
Ein großes Thema für Airlines sind die Gebühren. Wie weit werden Ihre Kosten unter jenen von zum Beispiel Linz liegen?
Wir haben keinen Rucksack zu tragen, haben „no frills“ wie teure Businesslounges. Wir sind bei den Kosten europaweit so ziemlich am niedrigsten und unschlagbar attraktiv.
Wie wichtig sind diese Flughafengebühren für Airlines in der Realität? Ein Sprecher des blue danube Airport Linz meinte kürzlich, diese würden für die Fluglinien ohnehin keine große Rolle spielen.
Natürlich ist das für die Airlines ein wichtiger Kostenfaktor. Heutzutage zählt jeder Euro. Diese Gebühren sind oft entscheidend, wo sich eine Fluglinie hineinsetzt.
Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit einem Hub (großen Airport), für den Budweis als Zubringer genutzt werden könnte: Gab oder gibt es diesbezüglich schon Gespräche?
Klar. Auch der südböhmische Raum hat viele Menschen, die hungrig sind, über einen großen Hub in die weite Welt zu fliegen. Speziell aus der Wirtschaft – vor allem aus der oberösterreichischen – gab es diesbezügliche Anfragen. Es gibt zahlreiche Airports, die mit Passagieren von kleineren Flughäfen „gefüttert“ werden müssen. Interessant sind große deutsche Hubs wie München, aber auch Prag oder Wien. Wir spielen derzeit mehrere Möglichkeiten durch.
Gibt es aus Ihrer Sicht auch mit dem Flughafen Linz Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit Budweis?
Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Der Blue danube airport linz ist ein Top-Unternehmen. Wir sind in einer ähnlichen Position, haben aber ganz andere Ideen, Visionen und Möglichkeiten. Wir sind in unseren Entscheidungen völlig frei und starten von Null weg. Eine Zusammenarbeit würde für beide Seiten wenig Sinn machen.
In Linz hat man die Angst, dass der Budweis Airport ein Stück vom Passagieraufkommen wegschnappen könnte. Ist das realistisch?
Nein. Wir werden ein zusätzliches Angebot bieten, von dem auch Oberösterreich und der Linzer Raum profitieren werden. Es wird eine Belebung des Marktes geben, der auch für den Linzer Flughafen ein Ansporn sein kann.
Apropos Ansporn: Wie steht der Tourismus in Oberösterreich dem neuen Flughafen gegenüber?
Enorm positiv. Weil erkannt wird, welche Incoming-Möglichkeiten sich hier eröffnen. Gerade die grünen Regionen wie das Mühlviertel oder das Waldviertel haben enormes Potenzial – Natur, Entspannung, Entschleunigung, Wellness, Sport – und natürlich Sicherheit. Denn Ferienziele wie Ägypten oder Tunesien erholen sich derzeit zwar, man kann die weitere Entwicklung dort aber nicht abschätzen.
Flugpläne werden über ein Jahr hinaus im Voraus geplant und erstellt. Können Sie für den offiziellen Start von Budweis 2020 bereits erste Erfolge vermelden?
Wir haben für die erste Softstart-Phase bereits einen Grundflugplan erstellt, der sich aus Ferien- und Städteflügen zusammensetzt. Wir wollen dabei bestehende Lücken füllen und nehmen natürlich ganz stark auf die Wünsche der Tour-Operator, der Kunden und der Wirtschaft Rücksicht.
Welchen Druck gibt es seitens der Besitzer, ordentliche Zahlen abzuliefern?
Die Inhaber sind ähnlich wie in Linz die Stadt Budweis und die Region Südböhmen. Druck gibt es gar keinen. Wir haben für die ersten vier Jahre mit 80.000 bis 100.000 Passagieren kalkuliert. Der Fokus liegt auf einer guten Performance, die Lust auf mehr machen soll.
Das entspricht in etwa zwei Ganzjahres-Rotationen – ein bescheidenes Ziel. Was, wenn das Ding „explodiert“ und der Flughafen richtig abhebt?
Auch darauf sind wir bestens vorbereitet. Wir haben 124 Hektar großteils ungenutzte Fläche und können sowohl Terminal als auch Frachtflächen modulartig erweitern. Entsprechende Pläne liegen in der Schublade und können jederzeit aktiviert werden. Wer die Entwicklung im Lowcost-Bereich kennt, weiß, dass es auch in kürzester Zeit zu einem enormen Wachstum kommen kann.
Das Image der Lowcost-Airlines ist ja nicht das beste – verspätete Flüge, Flugausfälle, keine Information im Falle von Stornos ganzer Flüge, immer wieder Streiks: Wird das bald zum Standard, wenn man sich auf eine Billig-Airline einlässt?
Das ist momentan eine Riesenthematik, weil die ganze Flugbranche im Umbruch ist. Die Schmerzdosis ist für die Passagiere aktuell manchmal extrem hoch. Aber der Markt wird sich in absehbarer Zeit einpendeln, die Fluglinien werden wieder eine gute Abwicklung garantieren können. Diese Abkühlphase braucht einfach noch ein bisschen Zeit.
Wann wird es ein Ende des völlig überhitzen Lowcost-Segments geben? Was derzeit etwa in Wien passiert, wo sich die Airlines mit ihren Angeboten und Zielen überschlagen, hat mit Vernunft nicht mehr viel zu tun.
Sie sagen es – Wien ist das klassische Beispiel. Da sind um die acht neue Airlines mit 100 Zielen, die sich teilweise überschneiden, dazugekommen. Es gibt einen immer noch ungebremsten Wachstumsschub. Fakt ist aber auch, dass dem einen oder anderen Anbieter sicher bald die Luft ausgehen wird. In ein bis zwei Jahren wird sich das Radar mit Sicherheit lichten.
Wie glücklich ist man am Airport Prag mit einem weiteren regionalen Konkurrenten nur 150km südlich entfernt – oder gibt es hier eine konkrete Zusammenarbeit?
Prag ist das tschechische Epizentrum und stößt durch das starke Wachstum immer wieder an seine Grenzen. Mans spricht mittlerweile davon, dass man zur Entlastung einen gewissen Teil des Flugaufkommens auf die Regionalflughäfen aufteilt. Unabhängig davon werden wir als selbstständiger Player aber auch den Prager Raum ansprechen.
Welche Rolle soll oder wird der Frachtbereich am Budweis Airport spielen?
Die Fracht haben wir auf jeden Fall im Fokus. Aufgrund der vielen Unternehmen in der Region – auch im Frachtbereich – gibt es hier großes Interesse. Auf unserer Landebahn können alle gängigen Frachtflugzeuge abgefertigt werden, es gab bereits einige Testdurchläufe. Auch Lagerkapazitäten und Warehousing sind angedacht, die entsprechenden Anschlüsse ans Strafen- und Bahnnetz sind ebenfalls schon oder bald vorhanden. Die Schlagzahl in Budweis ist in allen Bereichen hoch, die Motivation aller Beteiligter ebenfalls.
Im Vorfeld war auch mal die Rede davon, dass in Budweis ausländische Investoren – etwa aus China – an Bord geholt werden. Ist das noch ein Thema?
Ja. In der Branche sind viele chinesische, russische und arabische Investoren unterwegs, die sich aktiv bei Airports einkaufen und diese etwa zu Fracht-Hubs ausbauen wollen. Das sieht man ja an Deutschland an einigen Beispielen. Unser Standort bietet extreme Entwicklungsmöglichkeiten bei gleichzeitig extrem niedrigen Kosten – sowas macht sexy und interessant.
„South Bohemian Airport Budejovice“ klingt gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Wird das so bleiben?
Nein, wir werden zum Jahreswechsel ein neues, modernes Branding präsentieren, das bei der Internationalisierung helfen wird. Das beinhaltet auch einen griffigen Begleitnamen. Wir haben da eine große Auswahl – ich denke da nur an ein weltweit bekanntes Hopfengetränk aus der Region: Budweiser Airport – warum nicht?
Letzte Frage: Sie verfolgen sicher auch die Geschehnisse am Linzer Flughafen. Auch wenn Sie jetzt sicher keine Rezepte verraten wollen, aber: Was geht nach der jahrelangen Talfahrt auf nur mehr knapp 400.000 Passagiere dort noch?
Linz ist nach wie ein Top-Player, hochmodern und mit vielen Möglichkeiten, die man nutzen sollte. Die Chancen für Linz sind nach wie vor da, aber bitte um Verständnis, dass ich Ihnen kein Konzept für Linz auftische. In Summe könnte Linz von einem Boom in Budweis aber auch profitieren.